Vera Icon - das wahre Abbild
Alle paar Jahre geschieht etwas sehr Schönes und bis heute noch nicht gänzlich Erforschtes. Über Nacht tauchen Bilder im öffentlichen Raum auf: Porträts von Männern und Frauen an Laternenmasten, auf Stelltafeln, liebevoll gehängt von Kuratoren und ehrenamtlich tätigen Kunstfreunden.
Wer den Weg in die Gemäldegalerie scheut (ACHTUNG! Donnerstags von 18 bis 22 Uhr freier Eintritt!), wem es zu mühselig ist, Tizian, Dürer und Franz Hals mit eigenen Augen zu schauen, dem wird ein buntes Spektrum abendländischer Porträtkunst mit den Mitteln der Lichtbildnerei geboten - gratis und auf höchstem Niveau.
Die Bilder zu Hause anschauen? Im Bett? Am Frühstückstisch? Kein Problem. Es gibt Flyer, Postkarten, Broschüren und Zeitungen, die an Kunstinfoständen überall im Kiez, zumeist am Wochende, verteilt werden.
In der Wohnung folgt dann das Intensivstudium der Gesichter. Im Radio läuft ein schöner Song von Schubert, "Der Tod und das Mädchen" oder ein lustiges Lied aus dem "Zigeunerbaron", der Stroh-Rum funkelt im Glase, und dann blättern wir. Und freuen uns ganz übermäßig.
Etwa über Herrn Andreas Koska. Was beim ersten Hinsehen an einen Radio-Fußballreporter des Mitteldeutschen Rundsfunks gemahnt, entpuppt sich bei der Lektüre des Flyers als ein Taxiunternehmer, der auch (ich wußte es!) als Journalist arbeitet. Schön das holbeinartige Blau, vor dem Herr Koska sein florfliegengrünes Hemd präsentiert, krawattenlos, wie es Taxiunternehmern eigen ist. Dicht und kraus das dunkelblonde Haar, fest, aber dezent das Lächeln des 1956 geborenen verheirateten Unternehmers. Von Herrn Koska würde ich mich glatt vom Klausenerplatz bis zum Lietzensee fahren lassen, wenn es nichts kostet, so vertrauenswürdig sieht er aus.
Das gilt natürlich auch für Herrn Klaus-Dieter Gröhler. Der sieht irgendwie noch vertrauenswürdiger aus, "den Hauch einer Nuance", um mit unserem Altbundeskanzler Dr.Helmut Kohl zu reden. Aber wirklich nur eine Spur, eine winzige, kaum messbare Spur. Wie das Licht auf dem Haupthaar und den Schultern des 40jährigen Kartoffelgroßhändlers - stop! Juristen spielt, lässt sofort an die Utrechter Caravaggisten denken, an die Kunst eines Pieter van Aalst, Toni Zakkeblom oder Willem Wippestert. Mannhaft Gröhlers rote, dezent gemusterte Krawatte, geschmackvoll das dunkelblaue, ins Schwarze hineinspielende Sakko, alles prima, alles gut. Klaus-Dieter Gröhler - gebenedeit sei dieser Name und auch der, der ihn trägt! Der heißt nämlich genauso: Klaus-Dieter Gröhler. Die perfekte Kongruenz von Individuum und Name, deckungsgleich bis auf den letzten Nanomillimeter. Das muß man sich mal vorstellen: Jemand sieht aus wie Klaus-Dieter Gröhler und heißt dann auch noch so! Wir wollen den Namen hier noch einmal erwähnen, damit er auch fest in den Hirnen der geschätzten Leser verankert ist: Wolf-Dieter Gröhler. Bzw. Klaus-Dieter. Herr Gröhler heißt Klaus-Dieter. Mitnichten Wolf-Dieter. Siegfried schon gar nicht.
"Wer es fassen, kann, der fasse es." (Die Bibel, Neues Testament, bei Matthäus, kann auch sein im Lukas-Evangelium oder wo)
Gänzlich anders und doch wesensverwandt:
Der Casus Ülker Ratziwill.
Ich erinnere mich an eine Zahnpastawerbeaktion, die mir bei einem Besuch in der Schweiz vor gut zwei Jahren auffiel.
"Dentofit - die gute Zahnpasta" war überall an Autobahnen, auf Almhütten, vor zahlreichen Kuckucksuhrfabriken zu lesen, und häufig sah man sogar Bernhardinerhunde, jene treuen Freunde des Menschen, die Stelltafeln mit der Zahnpastareklame hinter sich herzogen. Die Zahnpastafrontfrau, die einem millionenfach in der Schweiz entgegenlächelte, war das nicht Frau Ülker Ratziwill?
Nein, es war nicht Ülker Raziwill!
Ülker Ratziwill lächelt in Charlottenburg. Und zwar nur noch bis Mitte September. Dann ist die Kunstaktion beendet. Dann zieht wieder der graue Alltag ein in die Straßen südlich des Charlottenburger Schlosses: Tristesse pur, wohin man blickt.
Wir werden ihr Lächeln vermissen. Die Dame mit der Topausstrahlung im Dentalbereich wird uns fehlen,
meint
Alfred Rietschel, der Kunstflaneur.
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Raymond Sinister - Alfred Rietschel - 19. August 2006 - 14:25
vier Kommentare
Nr. 3, Marcel, 31.08.2006 - 17:25 Aber es geht auch anders.. http://www.kandidatenwatch.de/index.php?.. nunja.. komische Antwort irgendwie.. |
Nr. 4, maho, 16.09.2006 - 16:49 Bei “Spiegel Online” ist zum Thema Wahlplakte ein Artikel erschienen, der unserem obigen Autor alle Ehre machen würde: Im Schilderwald des Grauens “....Aber müssen die so hässlich sein? Rückblick auf eine Knalltütenparade. .....” |
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Dann möchte ich mich doch mal zu dem hier so wonnig wohlgepriesen Klaus-Dieter Gröhler äußern.
Insider nennen ihn auch: “Napoleon” Gröhler
Sein Traum: “GROSSES” so z.B. Innensenator von Berlin
Er aber, klein und clever wie er ist, wohlwissend, daß es seine CDU diesmal nicht packen wird, kandidiert noch nicht für den Landtag.
Lieber ein Bezirksfürst, eine kleine Größe als ein Nobody im Landtag.
“Parken auf Bezirksebene” nennt man das in solchen Kreisen.
Aber besser wir behalten ihn bei uns (unter Kontrolle), hier hat er als “Napoleon” mit dem Ordnungsamt nur relativ kleine “Truppen” zur Verfügung.
Nicht auszudenken, was rausbrechen würde, mit dem Kontingent eines Innensenators.
So wie jetzt, ist es viel besser, wie sagte doch schon Obi-Wan:
“Hüte dich vor der dunklen Seite der Macht”.
So wie jetzt, ist es aber auch aus einem anderen Grund viel besser.
Er ist unserem Kiez durchaus zugetan und unterstützt einiges.
Er allein (Bezirksamt) hat sich hier in der Frage zum Eintritt für den Schloßpark vorbildlich und konsequent verhalten (im Senat hat es noch Kultursenator Flierl genau so gemacht):
Er hat immer klar Stellung bezogen, hat seine Meinung immer klar öffentlich geäußert – und konsequent durchgehalten – eine Seltenheit bei heutigen Politikern!
Fazit:
muß jeder selbst entscheiden
sicher haben andere noch mehr dazu zu sagen.