Warum sich kein Mensch mehr für Politik interessiert - Gerd Schröder bei Sabine Christiansen
Ein Fernsehkommentar vom Klausenerplatz.
Es gibt eine Menge Leute, die glauben, dass sie immer recht hätten. Aber bei manchen Menschen steigern sich Ego und Selbstgerechtigkeit zu Ausmaßen, die irgendwie an die des pazifischen Ozeans erinnern. Dies konnte man beispielsweise Sonntagabend bewundern, als sich Gerhard Schröder bei Frau Christiansen "seinen Kritikern" stellte. Ich frage mich wirklich, wie der Ex-Kanzler das macht: Verfügt er über ein Magnetfeld, das jeden kritischen Einwand von ihm abwehrt und in sein bekanntes Haifischgrinsen verwandelt? Oder besitzt er gar ein atomares Schutzschild im Weltraum, wie es dereinst der selige Ronald Reagan über den USA etablieren wollte, das jede Kritik bereits hoch über unserer Atmosphäre pulverisiert?
Als Kritiker waren Heiner Geißler und Ottmar Schreiner geladen. Zwei intelligente, honorige, um das Wohl Deutschlands und seiner Bürger besorgte Herren. Aber beide besitzen auch nicht das kleinste Zipfelchen Macht und werden wohl auch niemals wieder Macht bekommen. Was sie auch vorbrachten - dass die Armut in Deutschland dramatisch anwächst, dass die Gesellschaft sich zusehens in Arm und Reich polarisiert, dass 70% der Bürger düster in die Zukunft blicken und fast 50% von der Demokratie nicht mehr viel wissen wollen - all das quittierte der Ex-Kanzler mit gelassenem Grinsen. Übrigens hatte er seine Leute gut arbeiten lassen, und als Heiner Geißler sich gegen Hartz IV wandte, zückte er ein altes Zitat, in dem Geißler sich für die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe aussprach. Da konnte er beim Publikum natürlich punkten. (Nebenbei gesagt, habe ich diese Zusammenlegung im Prinzip auch immer für richtig gehalten, aber Hartz IV trotzdem für eine Katastrophe; so simpel liegen die Dinge eben nicht.)
Zum Schluss kam die Rede auf Freund Putin. Ottmar Schreiner erklärte, wie sehr ihn Putins Kommentar zum jüngsten Mord an einer kritischen Journalistin erschüttert hatte: Putin hatte im deutschen Fernsehen erklärt, diese Frau habe ja nur für eine ganz unbedeutende russische Zeitschrift gearbeitet. Übrigens wurden in den letzten Jahren an die Hundert kritische Journalisten in Russland ermordet. Aber auch das focht Schröder nicht weiter an. Naja, Putin hat ihm einen Job besorgt, der ihn zum Millionär machen wird. Aber es ist halt auch kein Wunder, dass die Menschen sich zu Hunderttausenden von dieser Art von politischer Elite abwenden.
ulli - Charlottenburger Kiez-Kanonen - 06. November 2006 - 10:48
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Hallo Ulli,
wie hätte denn die Zusammenlegung von statten gehen sollen um sozial gerecht zu sein?
Gruss,
Marcel