Der Schwarze Graben I
Ein Entwässerungsgraben macht Geschichte
Der Schwarze Graben und wo er langfloss
Viele alteingesessene Charlottenburger haben vielleicht schon einmal von ihm gehört, dem Schwarzen Graben, der im Nassen Dreieck, früher dem Karpfenteich von Friedrich I., zusammenfloss. Und das Nasse Dreieck wurde bekannt durch die einsturzgefährdeten Häuser, die auf dem sumpfigen Untergrund gebaut waren. Die letzten Häuser wurden Anfang der 1970ziger Jahre abgerissen und an der Stelle Sport- und Kinderspielplätze eingerichtet. Dieser Entwässerungsgraben hat die Entwicklung und Nutzung der Orte in Charlottenburg, Wilmersdorf und Schöneberg und das Leben der Menschen über drei Jahrhunderte bestimmt. Auch heute gibt es noch viele Orte, die an ihn erinnern.
Vor etwa 350 Jahren gab es um Berlin herum nur Sumpf, Wald und Niederungen, und die Siedlungen Wilmersdorf und Schöneberg. Eine Karte von La Vigne aus dem Jahre 1685 zeigt dies sehr schön:
Im Süden kann man sehr gut das Dorf Wilmersdorf erkennen und im Nordosten Schöneberg. Ebenfalls gut erkennbar sind der Wilmersdorfer Fennsee, die sumpfige Seenkette, die bis Schöneberg reicht.
Der Schwarze Graben begann am Wilmersdorfer Fennsee, verlief zunächst östlich durch den heutigen Wilmersdorfer Volkspark und dann in einem Bogen in nördlicher Richtung westlich entlang des Dorfes Schöneberg im Verlauf der heutigen Gleditschstraße etwa bis zum heutigen Winterfeldtplatz. Etwas südlich des Winterfeldtplatzes an der Stelle des heutigen Heinrich-von-Kleist-Parkes befand sich früher der der Botanische Garten. Etwa am heutigen Viktoria-Luise-Platz traf dort das Fließgewässer auf den Hauptgraben, der in einem großen Bogen in west-östlicher Richtung durch ein großes Sumpfgebiet zwischen Charlottenburg und Wilmersdorf, das Hopfenbruch, etwa entlang der heutigen Pariser Straße und der Nachodstraße nach Charlottenburg floß. Der Hauptgraben nahm das Wasser zahlreicher Stichkanäle des Hopfenbruches auf. Auf Charlottenburger Gebiet folgte er in nördlicher Richtung etwa der heutigen Giesebrechstraße und der Kaiser-Friedrich-Straße. Am Königlichen Karpfenteich und späteren Nassen Dreieck vereinigte er sich mit dem Charlottenburger Gewässer und floß auf der Höhe der Lohmeyerstraße in die Spree.
hrsg. v. T. Fr. Schneider Königl. Preuß. Artil. Lieutenant, Maßstab von einer viertel Meile"
Der Verlauf des Baches, der später zu einem Graben ausgeweitet wurde,
folgte einer eiszeitlichen Schmelzwasser-Nebenrinne eines Gletschers aus
Skandinavien in der letzten Weichseleiszeit vor etwa 18 000 Jahren. Es handelte sich hier
wahrscheinlich um den Rest eines
abgestorbenen Spreearmes. Der Untergrund dieser Rinne war
teilweise mehr als 30 Meter tief, schlammig und instabil und für irgendeine
Nutzung unbrauchbar. So gab es schon gegen Ende des 18. Jahrhunderts das Bestreben, dieses
Gelände trockenzulegen um es für die Jagd, zur Ansiedlung von Menschen
und Bebauung, zur Anlage von Wegen oder landwirtschaftlich nutzen zu
können. Im ausgehenden 18. Jahrhundert wurde deshalb ein
Entwässerungsgraben, der das ganze Gebiet vom heutigen Wilmersdorf,
Schöneberg und Charlottenburg umfasste, angelegt.
Maßnahmen gegen den Sumpf
Die ersten Bemühungen, das Sumpfgebiet trockenzulegen unternahm im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts der Kurfürst Friedrich III. der später zum König Friedrich I. gekrönt wurde. Um das große Gebiet des Hopfenbruches für die Jagd und landwirtschaftliche Zwecke nutzbar zu machen, installierte Friedrich I. auf Charlottenburger Gebiet und im Tiergarten Stichkanäle, die das Wasser in den Landwehrkanal, auch Schafgraben genannt, abführten, um ein Gebiet zwischen Zoo und Ernst-Reuter-Platz für seine Fasanerie trockenzulegen. Der Straßenname Fasanenstraße deutet heute noch darauf hin. Sein Sohn Friedrich Wilhelm I. führte die Arbeiten weiter.
Im Jahr 1656 ließ der große Kurfürst einen Küchengarten für seinen Hof nördlich der Siedlung Schöneberg auf der Höhe des heutigen Heinrich-von-Kleist-Parkes anlegen. Leiter war der Botaniker und Königliche Hofarzt des großen Kurfüsten Johannes Sigismund Elsholz. 1679 übernahm der Gärtner Michelmann die Leitung über die Installierung und Pflege des Hopfen- und Küchengartens des großen Kurfürsten, pflanzte Hopfen, da dieser auf dem Boden gut wachsen konnte und setzte Fische in den Bächen aus. Später pflanzte er Obstbäume und seltene Hölzer an, richtete eine Orangerie und einen Lustgarten ein. Friedrich Wilhelm der I., der Sohn Friedrich I. hatte mehr einen Sinn für praktische Dinge. Er kürzte die Gelder für die Unterhaltung der Anlage, entließ Gärtner, und verwandelte die Fläche wieder in einen Nutzgarten. Nach dem Tod Michelmanns führten seine Söhne seine Arbeiten fort. Später wurde an dieser Stelle der Botanische Garten angelegt.
Um 1695 ließ Sophie Charlotte sich an der Spree im heutigen Charlottenburg eine Sommerresidenz errichten, ein kleines Lustschloß. Es war so
klein, dass die Gäste in einer Gastsstätte in der späteren
Schloßstraße übernachten mussten, und die Bediensteten lebten in Häusern in der Schloßstraße.
Und auch diese endete vor dem Sumpf, dem Lietzenseegraben. Dies war ein Überlauf des
Lietzensees, der in Regenzeiten über seine Ufer trat. Das Wasser staute
sich dann in der Senke des heutigen Sophie-Charlotte-Platzes
und des Nassen Dreiecks und bildete einen Sumpf. Friedrich I. ließ hier einen Karpfenteich anlegen, indem er das Wasser des Lietzenseegrabens aufstaute. Für die Karpfenzucht, und vielleicht auch, um die hässliche Aussicht auf den Lietzenseegraben zu beseitigen. Auch Friedrich Wilhelm schätzte die Karpfenzucht. Friedrich II ließ das Grabenystem im Hopfenbruch verbessern und den großen Hauptgraben und Schwarzen Graben installieren. Auch das Wasser des Karpenteiches wurde durch den Schwarzen Graben in die Spree abgeleitet, mit dem Erfolg, dass der Teich innerhalb weniger Jahrzehnte verlandete und zur Karpfenteichwiese wurde.
Eosander von Göte von Conrath Henning aus dem Jahre 1719.
Da die Siedlung Schöneberg auf einem Hügel lag, waren seine Bewohner von den
Problemen, die der Morast mit sich brachte, zunächst nur wenig
betroffen. Die wohlhabenden Bauern hatten ihre Äcker auf dem Hochland . Die einfachen Bauern im Niederland hatten aber ein schweres Auskommen. Es
gab Versuche, das Niederland zur Viehhütung oder zum Anbau
von Hopfen und Klee zu nutzen. Um 1751 wurden auf dem Berg böhmische Handwerker,
meist Schmiede oder Weber, nördlich der alten Siedlung Schöneberg und
südlich des Botanischen Gartens angesiedelt und die Kolonie
Neu-Schöneberg gegründet. Die vermehrt anfallenden Abwässer wurden
zunehmend
in den Hauptgraben geleitet.
Author I. F. Schneider
Wilmersdorf hatte weiterhin große Probleme mit der Situation, da das
große morastige Gebiet in Regenzeiten immer noch ständig überschwemmt
war. Das Tal des Hopfenbruches südwestlich Berlins
blieb bis ins 19. Jahrhundert unbebaubar und für landwirtschaftliche
Nutzung unbrauchbar. Es war allenfalls Viehhaltung in den sumpfigen
Bereichen möglich. Von den Bewohnern der Dörfer
Wilmersdorf und Schöneberg wurde das Gewässer zudem immer öfter als
Müllabladeplatz benutzt und nicht regelmäßig gereinigt. Das Wasser
des Grabens floss aufgrund seiner mäßigen Fließgeschwindigkeit nur
schlecht ab. Urpsprünglich zur Entsorgung von Regenwasser gedacht,
wurde der Kanal zunehmend zur Ableitung von Abwasser genutzt. Das
nahezu stehende und numehr stinkende Gewässer wurde außerdem für die Ausbreitung einer
Choleraepidemie verantwortlich gemacht und war eine Gefährdung für die Gesundheit.
Und der Schwarze Graben, der ehemals zur Lösung eines Problems
angelegt worden war, wurde selbst zu einem Problem. Daraufhin gab es zu Beginn des
19. Jahrhunderts zunehmend Bemühungen, ihn wieder
abzuschaffen und durch eine Kanalisation zu ersetzen.
Quellen:
Wilhelm Gundlach:Geschichte der Stadt Charlottenburg. Springer Verlag, Berlin 1905 Bd. I und II
Horst Saß: 700 Jahre Schöneberg. Haupt & Puttkammer, Berlin 1964
Wolfgang Ribbe (Hrsg.), Volker Viergutz (Autor): Geschichte der Berliner Verwaltungsbezirke. Verlag Spiess-Volker GmbH. Berlin 1995 Schöneberg Bd. V
Bildquellen Wikipedia:
1. Bild
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3. Bild
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H. zu Klampen
- Gesellschaft, Grabowskis Katze - 11. Dezember 2014 - 21:32
Tags: charlottenburg/graben/kanalisation/stadtgeschichte/sumpf
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