Ev. Luisenfriedhof I
Der älteste und unbekannteste der Charlottenburger Friedhöfe.
Der Luisenfriedhof I in der Guerickestraße 6-8 ist der älteste und unbekannteste der drei Charlottenburger Luisenfriedhöfe. Er wurde am 16. Juli 1815 eröffnet und ersetzte damit die Kirchhöfe zwischen Cauerstraße und Loschmidtstraße und um die Kirche Alt-Lietzow. Es gab übrigens wegen des modrigen Untergrundes - dem schwarzen Graben - nie einen Kirchhof an der Luisenkirche! Die Auslagerung aus hygienischen Gründen der Begräbnisstätten außerhalb der Stadt wurde um 1800 gebräuchlich, denn man befürchtete Ansteckung durch "mephitische Ausdünstungen, die nachts aus den Gräbern aufsteigen und die Luft verpesten". Außerdem hatte schon Martin Luther (1483-1546) gefordert, dass der Gottesacker ein Ort der Ruhe und Besinnung sein solle, was außerhalb der Stadt eher gewährleistet war.
Mit dem Entwurf einer Begräbnisanlage wurde der Königliche Hofgärtner Georg
Steiner beauftragt, ein unehelicher Sohn Friedrch Wilhelms II und der
Gastwirtstochter Mieke Puhlmann. Steiner hatte beim Königlichen Hofgärtner Sello
in Potsdam gelernt. Seine Pelargonienzüchtungen sind heute noch berühmt. Er entwarf einen Totengarten im Stil der damals modernen Englischen Gärten mit Hügeln und
Rondellen in einem freundlichen und natürlichen Stil, die sich gut in die natürliche Umgebung einfügten.
Aber schon
einige Jahrzente später wurden neue Grundstücke hinzugekauft und und
gerade Wege eingerichtet. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts war die Begräbnisanlage völlig verwildert. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde der
Friedhof vorübergehend geschlossen und im Mai 1945 wieder geoffnet. In den 1960er Jahren wurde ein Teil des Geländes an die
Evangelische Schule abgetreten. Während des Krieges waren viele Erbbegräbnisse und Denkmale zerstört worden. So ist von Steiners ursprünglichen
Plänen kaum etwas übriggeblieben.
Aus dem 19. Jahrhundert sind noch folgende Grabstellen und Kapellen bemerkenswerter Personen vorhanden:
Die schlichte
Grabstätte des Charlottenburger Bürgermeister Otto Ferdinand Sydow
(1754-1818) wurde als Ehrengrab des Landes Berlins anerkannt.
Die
Grabwand des Tonwarenfabrikanten und Stadtverordneten Ernst March und
seiner Familie. Nach seinem Tod 1847 wurde die Fabrik von seiner Frau weitergeführt und später von seinen Söhnen übernommen. Die Baukeramiken Marchs waren bestimmend für das Stadtbild
und über die Landesgrenzen hinaus bekannt.
Die Grabkapelle
der Stiftsfrau Ida von
Blücher (gest. 1900) aus schwedischem Granit und Goldmosaikkuppel und schräg gegenüber die Grabkapelle des Barons, Offiziers, Gutsbesitzers und
Ingenieurs Kill Mar (1801-1887).
Das Grabmal für die Familien des Kattun-Textilfabrikanten aus der Berliner Straße, Francois Collignon (1810-1879).
Auch der englische Kaufmann John Horsfall (1818-1869) und seine Ehefrau Beate, geb. Mendelssohn (1833-1900) und der Bankier Robert Wahrschauer fanden hier ihre letzte Ruhe.
Nicht mehr vorhanden sind die Gräber des Charlottenburger Stadtpfarrers Johann Gottlieb Dressel (gest. 1824), des Reformädagogen Ludwig Cauer (gest. 1834), des Lyrikers Wilhelm Meinhold (gest. 1851), des Physikers Hermann von Helmholtz (gest. 1894). Die Grabstätte des Großindustriellen Werner von Siemens wurde 1922 nach Stahnsdorf verlegt.
Der Friedhof auch bekannt, als die Gebrüder Sass , "die Berliner Meisterdiebe von Berlin" 1929 in die Diskonto Bank einbrachen und den Tresor leerräumten. Fast 1 Jahr später entdeckte man ihre Beute, die sie auf dem wischenzeitlich stillgelegten Friedhof in einem Schacht versteckt hatten. Die Diebe konnte man erst einige Jahre später in Kopenhagen dingfest machen.
Quelle: Birgit Jochens/Herbert May. Die Friedhöfe in Berlin-Charlottenburg. Berlin 1994
Text und Fotos - soweit nicht anders angegeben - Heidi zu Klampen
- Grabowskis Katze - 21. November 2015 - 16:28
Tags: friedhof/stadtgeschichte
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