Beitrag zur Bezirksfauna
Vorfall im Schloßgarten aufgeklärt
Es konnten jetzt zweifelsfrei alle Einzelheiten des Vorfalls vom letzten Sonntag geklärt werden, in dessen Gefolge es zu mehreren leicht Verletzten und erheblichen Schäden an der Botanik des Schloßgartens kam, was dann am Montag zu einer aktuellen Stunde im Abgeordnetenhaus mit einer Dringlichkeitsanfrage der Grünen führte und nach erhitzter Debatte in einzelnen Forderungen nach Rücktritt von Innensenator Körting gipfelte.
Vor Ort im Schloßgarten war es bekanntlich zu einer erheblichen
Massierung von Einsatzkräften gekommen: 7 Mannschaftswagen der Polizei,
die teils unter Einsatz "von unmittelbarer Gewalt" die widerstrebenden
Besucher aus dem Garten zu evakuieren versuchten (einige unserer Zeugen
legten uns ärztliche Atteste über Prellungen, verursacht durch "stumpfe
Gegenstäde " - sprich Gummiknüppel – vor); 3 Löschfahrzeuge der
Feuerwehr, deren brandneue Hochdruckspritzen erstmals zum Einsatz
kamen.Vorsorglich mehrere Notarztwagen. Außerdem waren die umliegenden
Krankenhäuser in Alarmbereitschaft versetzt worden; dazu Fachleute von
Zoo und Tiergarten mit Erfahrungen im Einfangen von Großwild, darunter
auch je ein Scharfschütze mit Betäubungswaffe
(Es konnte allerdings nicht geklärt werden, ob die Anwesenheit von
Mitarbeitern beider Einrichtungen – angesichts der stadtbekannten
Spannungen zwischen ihnen – bloße Gedankenlosigkeit oder böse Absicht
war, denn immerhin war von glaubwürdigen Zeugen beobachtet worden, daß
die beiden Scharfschützen sich gegenseitig mit ihren Waffen bedrohten;
weiterhin waren anwesend Kamerateams von TV Berlin und RBB und
schließlich eine Vielzahl von Reportern, einige sogar in Hubschraubern,
die sich nicht die Sensation entgehen lassen wollten: einen Saurier im
Charlottenburger Schloßgarten.
Alles hatte damit angefangen, daß ein Maulwurf seine Nase aus dem Rasen
des Parterres hinter dem Schloß in die Frühlingsluft gesteckt und
zugleich eine ziemlich unerfahrene Jungamsel – offenbar in dem Glauben,
es handele sich um einen besonders dicken Wurm – danach gepickt hatte,
wobei sie die Maulwurfnase langzog. Dies war von Gernot M. (5)
beobachtet worden, der zu seinen Eltern Monika (27) und Herbert
N. (31) rannte und ihnen erzählte, ein frisch geschlüpfter Saurier sei
dabei einen Vogel zu fressen. Seine Eltern wollten ihm erst nicht
glauben, als aber Gernot auf seine einschlägigen Kenntnisse über
Saurier aus Super RTL hinwies, witterten sie eine Sensation und
informierten umgehend per Handy die Presse. So kam sozusagen der Stein
ins Rollen.
Die Eltern von Gernot kann der Vorfall teuer zu stehen kommen: Bisher
ist eine Anzeige der Polizei wegen groben Unfugs (§ 360 Zi. 11 StGB) bei
der Staatsanwaltschaft eingegangen; außerdem drohen ihnen erhebliche
Schadensersatzforderungen seitens der Feuerwehr und betroffener
Schloßgartenbesucher. Hämische Berichte in der Boulevardpresse mußten
sie schon über sich ergehen lassen, so z. B. auf der Titelseite der BZ
vom Dienstag:" Ganz Berlin lacht über Sauriereltern!"
Gernot darf eine Woche nicht fernsehen. Er findet das gemein.
MichaelR
- Kiezreportagen, Satire - 17. Juni 2008 - 20:34
ein Kommentar
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Sehr schöne Geschichte.
Es gibt sicher besseres als Glotze gucken und als “Super Dingsbums” sowieso….
Gernot M. (5) hat aber Recht: Es ist und bleibt gemein