Neue Ausstellung im KMB: Keramik in Deutschland von 1933-1945
Das Keramik-Museum Berlin lädt herzlich zu einer neuen Ausstellung ein:
"Form – Funktion – Ideologie. Keramik in Deutschland 1933 bis 1945"
Ausstellungseröffnung im Rahmen der Langen Nacht der Museen
(Eintritt nur mit Lange-Nacht-Ticket):
Samstag, 25. August 2012 um 19:00 Uhr
Ausstellung vom 26. August 2012 bis 28. Januar 2013
Keramik-Museum Berlin (KMB)
Schustehrusstraße 13 in 10585 Berlin-Charlottenburg
Öffnungszeiten: Fr, Sa, So, Mo von 13:00 – 17:00 Uhr
Mit der dritten großen Sonderausstellung dieses Jahres beschäftigt sich das Keramik-Museum Berlin unter der engagierten Leitung von Herrn Heinz-J. Theis mit der Keramik, die während der Zeit der NS-Regierung in Deutschland gefertigt wurde – ein bislang noch nicht ausreichend aufgearbeitetes Thema.
Als einer der Bausteine auf dem Weg zur national-sozialistischen
"Heimkultur" spielte Keramik eine wichtige Rolle in der NS-Ideologie.
Programmatisch wurden einerseits Bauern- und Volkskunst sowie Handwerk
besonders gefördert, andererseits war unter ökonomischem Gesichtspunkt
die Industrieproduktion unverzichtbar. Zum einen wurden traditionelle
Formen und Dekore als "genetisches Erbe" der "arischen Rasse"
propagiert, zum anderen wurde die Entwicklung zeitloser, schmuckloser
Formen gefordert. Die Feindbilder wurden dabei klar benannt: „muffige
Gründerzeit“, „liberalistische Weimarer Republik“ und
„jüdisch-bolschewistisches Bauhaus“. Den Nationalsozialisten war
allerdings klar, dass eine nationalsozialistische Alltagskultur, ein
eigener Stil, also auch eine entsprechende Keramikproduktion, nicht wie
die avantgardistische Kunst durch Verbote, sondern nur durch
ideologische Erziehungsmaßnahmen und Wirtschaftslenkung erreicht werden
konnte. Zudem musste für die Devisenerwirtschaftung auch der Bedarf der
Auslandsmärkte berücksichtigt werden. Dementsprechend breit und auch
widersprüchlich war das Spektrum der keramischen Produktion zwischen
1933 und 1945. In der Ausstellung sind Beispiele dessen zu sehen, was
gefördert, was geduldet oder ignoriert und was abgelehnt wurde.
Am
Beispiel der Staatlichen Majolika-Manufaktur Karlsruhe lassen sich
verschiedene Tendenzen und die Breite der keramischen Produktion während
der NS-Zeit aufzeigen. Dabei werden Brüche und Kontinuitäten
mit
der Periode der Weimarer Republik deutlich. Die vom Kunst-Dienst seit
1938 erarbeitete "Deutsche Warenkunde" und die Formen des "Amtes
'Schönheit der Arbeit'" bilden die Höhepunkte der
nationalsozialistischen Geschmackserziehung und illustrieren die
Bemühungen um "zeitlose" Formen. In diesem Zusammenhang lässt sich eine
formale Beständigkeit
vom Ende der 20er bis in die 50er Jahre, in Ausnahmefällen sogar bis heute feststellen.
Systembedingte Aufgabenstellungen an die keramische Produktion werden ebenso vorgeführt wie die Förderung und Verbreitung regionaler Traditionen. Die ideologisch motivierte Lenkung der Keramikproduktion führt kaum zu ganz neuen Ergebnissen, besteht vielmehr in der Forcierung ausgewählter Aspekte. So wird beispielsweise der Rückgriff auf altgermanisches Formengut und symbolträchtige Dekorelemente wie Runen oder Erntemotive ebenso gefördert wie die Verwendung floraler Motive als Ausdruck der deutschen Naturverbundenheit. Auf der anderen Seite stehen Umwidmungen wie die der Suppenterrine zum „Eintopf“ oder des christlichen Weihnachtsfestes zum germanischen Julfest.
Von großer Bedeutung war für das NS-System die Außendarstellung. Diese kann anhand von Auftrags- und Souvenirstücken für die Olympischen Spiele von 1936 in Berlin ebenso illustriert werden wie durch Arbeiten, wie sie auf internationalen Ausstellungen der Zeit (z. B. Weltausstellung Paris 1937) präsentiert wurden.
Schließlich werden exemplarisch Wege und Schicksale von Töpfern und keramisch arbeitenden Künstlern nachgezeichnet, die sich unter dem faschistischen Regime behaupten konnten oder Karriere machten, von anderen, denen es den Umständen entsprechend möglich war, unbehelligt ihre Arbeit fortzuführen, und wiederum anderen, denen Ausstellungs- oder Berufsverbot auferlegt wurde, die ins Exil gezwungen oder gar verschleppt und ermordet wurden.
Die Ausstellung des Keramik-Museums enstand in Zusammenarbeit mit dem Leipziger Kunsthistoriker Dr. Michael Lingohr.
Zum Thema wird im Laufe der Sonderausstellung eine Publikation des Keramik-Museums Berlin erscheinen.
- Kunst und Kultur - 19. August 2012 - 00:02
Tags: charlottenburg/keramik/keramikmuseum/kmb
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