Straßenfeste im Bezirk: quo vadis? - diskutiert am Beispiel des Leonhardtstraßen-Festes
Kritische Anmerkungen zu einem Strassenfest im Bezirk
Am Samstag, den 24. August, ist es wieder so weit (s. Ankündigung im Blog), das allseits beliebte, bisher noch sehr familienfreundliche und nicht überbordende Fest (wie einst der Reichsstraßenrummel) in der Leonhardtstr. - zwischen Amtsgericht und Stutti - findet erneut statt.
Feiern ist gut und tut wohl... nur, bloß sich amüsieren kann auch seine Grenzen finden, wenn nämlich Kommerz und Rummel, wenn Gastronomie und Verkauf über Hand nehmen.
So weigern sich die Gewerbetreibenden des Festes in der Leonhardtstraße politische und soziale Stände zuzulassen, werden Initiativen vor Ort nicht eingeladen, sind Diskussionen nicht zugelassen.
Wollen wir Bürger das wirklich ? Auch bürgerschaftliches Engagement findet seinen Widerstand in borniertem "nicht über den Rand schauen" vieler BürgerInnen selber.
Es war von der GEW-Charlottenburg geplant mit der Schul- und Jugendstadträtin, Frau Jantzen, über den Start des neuen Schuljahres, über die Merkwürdigkeit - in Form und Art - der Umbenennung der Reformschule in der benachbarten Sysbelstr., auf einer Bühne zu debattieren. Nur Musik und Kleinkunst - kann, muß das reichen?
Kein Interesse, ja sogar Ängste vor Politisierung der Feierlichkeiten kommen da schnell zum Vorschein. So wird getrickst: Es mogeln sich beispielsweise die GRÜNEN auf den Stutti mit einer eigenen polizeilichen Anmeldung. Wahlen haben eine wichtige Funktion - mögen diese oft auch inhaltsleer betrieben werden.
Warum da nicht auch bezirkliche Themen mit aufnehmen und es dem Bürger überlassen, ob und wie er sich vor Ort mit wem einläßt? Kritisch wird es jedoch wenn der Stadtteiladen aus der Umgebung, die Kita um die Ecke, die Initiativen im Kiez keine Berücksichtigung, keine Selbstdarstellungsgelegenheit erhalten. Immerhin darf die ev. Kirchengemeinde vom Lietzensee kommen.
In den letzten Jahren haben Kinder eigenmächtig vor dem eigenen Haus ihr Spielzeug verkauft oder getauscht. Es gab Sammlungen zum Einwohnerantrag in der BVV zum Erhalt des Gaslichtes, ebenso Unterschriftenlisten zur Rettung der Kudammbühnen. Auch die BI-Stuttgarter Platz, die Initiative Ehrung Siegfried Kracauer waren bereits Gäste vor dem Haus - aber von Anwohnern eingeladen, jedoch nicht offiziell auf dem Fest vertreten.
Auf dem Mierendorffest wird sich der langjährige Förderer und Sponsor, der Landkreis Osnabrück, zurückziehen, hat bereits dieses Jahr seine Teilnahme abgesagt und sich mit einer Restspende verabschiedet - obwohl eine Partnerschaft zwischen den beiden Städten besteht und die Osnabrücker Str. am Platz jahrelang allein Motivation genug war. Die Gründe der Trennung sind diffus. Sicherlich wird auch die kritische Haushaltssituation der Kommunen eine Rolle gespielt haben, aber auch der Personalwechsel im Rathaus der Stadt.
Joachim Neu - Gastautoren, Gesellschaft - 23. August 2013 - 00:02
Tags: bezirkspolitik/bürgerbeteiligung/straßenfest
sieben Kommentare
Nr. 2, ulli, 23.08.2013 - 08:59 Anscheinend gibt es eine grundsätzliche Veränderung des bürgerlichen Sozialcharakters: Sozusagen vom "Staatsbürger" zum "Kunden". Es ist der große Triumph Margaret Thatchers, die ja seinerzeit schon gesagt hat: Ich sehe keine Gesellschaft, ich sehe nur Individuen. Es müsste heißen: Kunden. Für was braucht man zivilgesellschaftliches Engagement, also solche Stände auf einem Straßenfest, wenn man stattdessen feiern und Geld-ausgeben kann? Und wenn die Leute, die die Verkaufsstände betreiben, jede Menge Geld verdienen können? |
Nr. 4, ulli, 25.08.2013 - 13:46 Gestern Abend war ich auf dem Straßenfest und es war ein schlimmes Beispiel, zu welchem Verlust an Urbanität und Kultur Gentrifizierung führen kann. Nicht nur gab es keine zivilgesellschafrtlichen Stände, es gab auch keine Bühne und keine Rock-Bands mehr. Stattdessen Hunderte ältere Besserverdienende, die vor den diversen Restaurants, Weinläden und Spezialitätengeschäften an langen Tischen auf der Straße saßen und gut und teuer aßen und tranken. Totlangweilig! |
Nr. 5, maho, 25.08.2013 - 20:30 Hier ein ähnliches Thema Märkte/Markthallen: http://www.99prozenturban.de/investorent.. http://www.99prozenturban.de/99-urban-de.. |
Nr. 6, neu, 31.08.2013 - 09:07 geht frau/mann nach den festivitäten durch die straße, fällt die Veränderung im laufe der zeit auf: seit 1975 in der Leo wohnend, hat sich- wie in vielen anderen strassen feststellbar – im laufe der zeit die gentrifizierug durchgesetzt. ich erinnere mich an ein fischgeschäft, an gemüseladen, fleischereien, apotheke, drogerie,trödelläden, eckkneipen, Kohlehändler,tierhandlung, handwerks-geschäft. Wahrscheinlich habe ich weitere basisläden vergessen. Heute: Klamotten, mehrere feinkostläden, wein-und getränke Geschäfte, zig Italiener, Schmuckläden, bioladen. Nur der nahkauf von Rewe, der fahrradhändler, das zeitungsgeschäft, der buchladen, die bäckerei ( heute aber nur noch als Filialist) sind für elementare Versorgung geblieben oder gekommen. Kaum ist etwas geblieben: Second-hand klamotten läden, zig Italiener, Wein- und ein Bioladen, exquisite imbiße,etc. und vor allem Gastronomen. Allein 7 in der Leo und weitere 7 am westlichen stutti stehen massenhaft stühle auf den breiten Trottoir. Einst erkämpfte eine nachbarschaftsinitiative für den erhalt des breiten bürgersteiges- als aufenthaltsqualität für kinder und Bewohner. Heute ist der Bürgersteig oft auf einen meter durchlaß zusammengeschrumpft und zum “sitzort” mutiert. Positiv ,dass bürger, gastronomen und Geschäft – nach dem Motto des urban gardening – verstärkt grün in den öffentlichen raum bringen – auch wenn es sich all zu oft nur als städtische möblierung erweist. Noch ganz frisch aus dem Netz: der stutti auf dem weg von der bordellmeile zu gastrozeile: http://www.inforadio.de/programm/schema/.. |
Nr. 7, neu, 06.09.2013 - 10:53 ...wer immer noch nicht genug hat von strassenfesten-hier die jährlichen angebote http://www.berlin.de/baevents/index.php?..=2 |
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Die “Bürger für den Lietzensee” sind aber beim Stutti-Fest auch dabei.
“Der Verein hat hier einen Stand” – so teilen sie auf ihrer Webseite mit
http://lietzenseepark.de/termine.html