Die BVV-Parteien verlangen von den Bürgern dringend mehr politische Einmischung!
Zum Thema des Monats Oktober 2013: „Belebung der BVV durch mehr Bürgerbeteiligung“
Die Parteien möchten also die BVV durch mehr Beteiligung von Bürgern beleben? Wenn man die Texte der fünf Parteien durchliest, wird deutlich, daß dieser Wunsch sogar weit über die BVV hinausgeht und zum Ziel hat, die Einwohnerschaft als Souverän unmittelbar in kommunalpolitische Entscheidungen einzubeziehen (1). Dabei geht es den fünf Parteien nicht nur um die höchsten Ebenen wie BVV, Bürgerbegehren, -entscheide, -haushalte und -anträge, sondern um ganz alltägliche Bereiche, wo man außerhalb der BVV ins Gespräch zu kommen versucht, auch wenn sich das (Bürger)Engagement manchmal gegen die eigenen Standpunkte (der Parteien) richtet, denn gerade dies ist ein Ausdruck einer lebendigen Demokratie. Es wird ausdrücklich bedauert, daß das öffentliche Interesse oft noch gering ist, obwohl Bürgerbeteiligung doch heißt, sich einzumischen und seine Interessen aktiv zu vertreten.
Liebe fünf Parteien, das klingt ja sehr schön. Übrigens ließe sich eine allererste und ganz unproblematische Belebung der BVV schon auf der nächsten Sitzung am 24. Oktober dadurch schaffen, daß die Verordneten einfach mal selbst über die Bürgerfragen diskutieren, statt die halbe Stunde möglichst rasch verstreichen zu lassen. Zumindest war von einem solchen Verlauf der Bürgerfragestunde noch nie zu hören.
Das öffentliche Interesse ist oft gering
Wie kommt das? Und stimmt es? Vielleicht hilft folgende nur beispielhafte Liste mit Erfahrungen quer durch Gremien, Ämter und Parteien bei der Beantwortung:
- Bürgerfragen werden vom Bezirksamt wochenlang nicht beantwortet (CDU) bzw. unvollständig (CDU, SPD, Grüne Partei)
- Bürgerfragen an die Parteien erst viele Wochen später und auch nur nach mehrfachem Nachhaken (CDU, Piraten-, Links- und Grüne Partei)
- Dienstaufsichtbeschwerden gegen diese Verstöße werden nichtssagend abgewiesen (2) (SPD)
- Bürgerfragen „nerven“ (Grüne Partei)
- Im Kulturausschuß wird ein Gastredebeitrag dreimal unterbrochen (SPD, Piratenpartei), anschließend ein Antrag auf Schluß der Debatte (SPD) von der Mehrheit (SPD, Grüne Partei) angenommen
- Die Bitte an einen Verordneten, sich mal genauer mit dem Ökokiez zu beschäftigen, wird aufgegriffen, aber es kommt nie zu einer Umsetzung (Piratenpartei)
- Im Rahmen des „Diskussionsforums“ Thema des Monats bleiben die Parteien zu den Themen Ökokiez und Gentrifizierung (Mai 2012) bzw. Zentralbibliothek (September 2013) trotz Nachfrage ihre Antworten auf Kommentare schuldig, verweigern also eine wirkliche Diskussion vor aller Augen (CDU, SPD, Piraten-, Links- und Grüne Partei)
- Emails an Verordnete zu den Themen Gaslaternen, Ökokiez, Bibliotheken bleiben unbeantwortet (CDU, Grüne Partei)
- Offene Briefe bleiben unbeantwortet (SPD).
Und da wundert sich noch jemand, daß das öffentliche Interesse oft gering ist? Aber vielleicht liegt es ja daran, daß sich das (Bürger)Engagement manchmal gegen die eigenen Standpunkte (der Parteien) richtet? Wahrscheinlich ist Bürgerbeteiligung einfach erfolgversprechender und wird dann mit „pilothaften“ „Beschlusslagen“ in der BVV und dem Versuch des Bezirksamtes, „Fördermittel zu akquirieren“, belohnt, wenn man zur richtigen Klientel gehört, wie es die Antwort des zuständigen Stadtrats zu 3. und 4. der Einwohnerfrage 7 nahelegt.
Ich bitte alle fünf in der BVV vertretenen Parteien um eine öffentliche Äußerung zu dem hier gezeigten Verhalten ihrer Parteien - sei es auf der Oktober-Seite des Themas des Monats, sei es hier im Blog -, um die Ernsthaftigkeit ihrer Worte und ihr Interesse am öffentlichen Dialog mit den Bürgern unter Beweis zu stellen. Vielleicht sind wir ja gerade Zeugen eines politischen Paradigmenwechsels?
MichaelR
P.S.
Die fünf Verfasser sind via Email über diesen Artikel informiert worden.
(1) Alle kursiv gesetzten Satzteile sind Zitate aus dem Thema des Monats.
(2) entsprechend den sprichwörtlichen 3 F: Dienstaufsichtsbeschwerden sind „frist-, form- und folgenlos“
MichaelR - Gastautoren, Politik - 08. Oktober 2013 - 00:02
Tags: bezirksamt/bvv/bürgerbeteiligung/mitbestimmung
sechs Kommentare
Nr. 3, [marcel], 29.10.2013 - 17:29 Ich möchte nicht böse klingen, aber schon wieder kommt dieses “Wir machen das Ehrenamtlich”. Wieso macht man das überhaupt, wenn man das doch eh nur “ehrenamtlich” macht und doch auch noch ein Leben hat? Man ist doch an Politik etc. interessiert,oder? Da kann man das doch eh noch alles selber machen. Entweder man macht etwas ernsthaft oder man lässt es sein. So einfach kann es sein. :) Gruß, [marcel] |
Nr. 4, neu, 29.10.2013 - 21:40 In einem anderen kommentar habe ich bereits darauf hingewiesen, wie großzügig das sog. “ehrenamt” der partei-bvvler versüßt wird: Demnächst mit ca.600 eur (incl. sitzungsgelder) steuerfrei plus bvg monatsmarke. Nicht schlechtes zubrot für manch gering engagierte kommunalpolitiker. Manch schöne einladung und ehrenkarte und weitere nicht pekuniäre privilegien mögen einem bei weiterem nachdenken darüberhinaus einfallen. das zu dem mantramäßigem gejammer, wobei zu dem oft weitaus größerem engagement der bürger (zeitlich und auch finanziell) kein wort fallen gelassen wird. zum bsp. die aktivitäten, die mit dem energie volksentscheid am nächsten sonntag in verbindung zu bringen sind. Auch die oeynhausen und gaslicht aktivisten wären in diesem zusammenhang zu nennen. Vergessen werden sollen auch nicht die tausenden wirklich ehrenamtlichen in vereinen, heimen usw. Hier ersetzt das “ehrenamt” bereits die regulär bezahlten arbeitsplätze. Aufschlußreich hierzu folgender aufsatz: http://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge.. |
Nr. 5, Siegfried Schlosser, 05.11.2013 - 12:35 @neu: also eine BVG-Monatskarte hab ich in den gut 2 Jahren, die ich jetzt in der BVV tätig bin, noch nie bekommen. Weißt Du mehr als ich? |
Nr. 6, neu, 06.11.2013 - 00:45 sigi, warte. warte ein weilchen: gibt es demnächst nach der sogenannten reform gute fahrt mit bvg und db http://www.tagesspiegel.de/berlin/landes.. http://www.tagesspiegel.de/berlin/parlam.. http://www.berliner-zeitung.de/berlin/st.. |
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Keine einzige Partei hat geantwortet, trotz 2maliger persönlicher Erinnerung an jeden der 5 Verfasser. Also das übliche "Diskussionsforum" ohne Diskussion. Aber bitte trotzdem nicht einstellen, auch wenn es nicht ernst gemeint ist – es gibt dort so schöne zitierbare Willensbekundungen unserer Volksvertreter!