VVN unterstützt Gedenktafel für einen 17jährigen Deserteur
Wir danken dem Vorsitzenden der Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten e.V. (VVN-BdA) für die Überlassung seines Briefes an den Bezirksbürgermeister.
Die VVN wurde 1946/47 gegründet als Zusammenschluß der seit Kriegsende in den vier Besatzungszonen entstandenen regionalen Organisationen von ehemals Verfolgten und Widerstandskämpfern. In den 1970er Jahren erweiterte sie sich zum Bund der Antifaschisten.
Die VVN-BdA ist Mitglied der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer (FIR).
Herrn
Bürgermeister
Reinhard Naumann
Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf
Otto-Suhr-Allee 100
10585 Berlin Berlin, 11. März 2014
Sehr geehrter Herr Naumann,
die Berliner VVN-BdA unterstützt die Bestrebungen, in der Uhlandstrasse eine Gedenktafel für einen dort in den letzten Kriegstagen erhängten unbekannten jugendlichen Deserteur anzubringen.
Die Opfergruppe der Deserteure wurde in der Bundesrepublik über Jahrzehnte ignoriert und diffamiert, erst in den letzten Jahren hat langsam ein Umdenken eingesetzt. Der bisher erreichte gesellschaftliche Meinungswandel, alle Formen persönlicher Verweigerung gegenüber einem Angriffs- und Vernichtungskrieg anzuerkennen, sollte mit Gedenkzeichen im öffentlichen Raum seine Würdigung finden. Deshalb ist es so wichtig, die noch vorhandenen Spuren aufzunehmen. Die zu dem Mord in der Uhlandstrasse, auch Dank Ihres Aufrufs, gefundenen Hinweise reichen unseres Erachtens aus, das Ereignis an dieser Stelle angemessen zu würdigen. Gerade Charlottenburg hat eine lange antifaschistische Tradition. Wir erinnern nur an die jährliche Ehrung von Otto Grüneberg, der Sie in den letzten Jahren auch beiwohnten und wo wir uns im Februar 2011 begegneten. In Charlottenburg befand sich auch das Reichskriegsgericht, von dem hunderte Todesurteile gegen Deserteure und andere Nazigegner, darunter auch meine Eltern, gefällt wurden. Auch vor diesem Hintergund sollte sich der Bezirk für einen weiteren Gedenkort einsetzen, an dem einst vor vieler Augen ein junger Mann sterben musste, weil er den Krieg nicht fortsetzen wollte. Dies wäre eine gute Ergänzung zu der Gedenktafel am Bahnhof Friedrichstraße und der Stele auf dem Hermann-Ehlers-Platz am Rathaus Steglitz, die bisher in Berlin an ermordete Deserteure erinnern.
Wir möchten uns für Ihr bisheriges gedenkpolitisches Engagement bedanken und Sie bitten, Ihre Verwaltung und die Gedenktafelkommission zu ermutigen, die Umsetzung der von Herrn Michael Röder vorgeschlagenen Gedenktafel zügig einzuleiten. Der Antikriegstag am 1. September 2014, der 75 Jahrestags des Überfalls Nazi-Deutschlands auf Polen, wäre doch ein angemessenes Datum für die Einweihung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hans Coppi
Vorsitzender der Berliner VVN-BdA
Update:
Am 17. März schrieb ihm Bezirksbürgermeister Naumann zurück (Abdruck des Briefes mit freundlicher Genehmigung des Verfassers):
Sehr geehrter Herr Dr. Coppi,
Ihr o.a. Schreiben habe ich dankend erhalten und es zuständigkeitshalber der Frau Vorsteherin der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf (BVV) zugeleitet, da sich eine Kommission mit Fragen von Gedenktafeln beschäftigt.
Auch den in der BVV vertretenen Fraktionen wurden Kopien Ihres Schreibens zur Verfügung gestellt.
Wie Sie der beigefügten Pressemitteilung vom 26.06.2013 entnehmen können, unterstütze ich die von Herrn Dr. M. Roeder seinerzeit angeschobene Initiative, mit der Anbringung einer Gedenktafel in der Uhlandstraße Ecke Berliner Straße an einen in den letzten Kriegstagen dort erhängten unbekannten jugendlichen Deserteur zu erinnern.
Ich halte es persönlich für wichtig und überfällig, das Lebensschicksal von Deserteuren aufzuarbeiten und dies im historischen Zusammenhang zu dokumentieren.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Naumann
Fast zwei Monate sind seitdem vergangen, ohne daß die Vorsitzende der Gedenktafelkommission, Frau Stückler (CDU), bisher auf das Schreiben der VVN geantwortet hat - genauso wie sie es auch schon im Januar mit dem Schreiben der Bundesvereinigung der Opfer der NS-Miligtärjustiz gehalten hatte.
MichaelR - Gastautoren, Geschichte - 26. März 2014 - 00:02
Tags: gedenken/kriegsende/nationalsozialismus
drei Kommentare
Nr. 3, maho, 12.05.2014 - 23:11 Update: Antwort von Herrn Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann vom 17.3.2014 jetzt hinzugefügt. |
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Bereits am 17. März antwortete der Bürgermeister auf den Brief, wobei er betonte, daß es seiner Meinung nach schon längst geboten sei, dem Schicksal von Deserteuren nachzugehen und es am historischen Ort zu dokumentieren.