Blumen zur Erinnerung an einen unbekannten 17jährigen, der vor 75 Jahren an der Kreuzung von Berliner und Uhlandstraße kurz vor der Kapitulation ermordet wurde, weil er nicht Krieg führen, sondern überleben wollte.
MichaelR - Gastautoren, Geschichte -
Und die für Charlottenburg ist nach fünf Jahren noch nicht einmal angegangen
Fünf lange Jahre – seit dem ersten Bericht vom 20.1.2015 über das Zwangsarbeiterlager des Bezirksamtes Wilmersdorf in der Wilhelmsaue 40 – hatten quer durch die Gremien Bezirksbürgermeister, Kulturausschuß und Gedenktafelkommission sich damit befaßt, Bedenken zu haben: Das Lager stehe doch gar nicht im Adreßbuch; war denn das Bezirksamt Eigentümer des Grundstücks?; durfte das Bezirksamt überhaupt ein eigenes Lager betreiben?; und manches mehr. Am schlagendsten und langlebigsten aber war das Bedenken, es gebe überhaupt keine Hausnummer 40 (Kulturwisssenschaftler K.); noch fein getopt von BzStRin S.-S. mit der von ihr als scherzhaft gemeinten Vermutung, vielleicht sei das ein Tipfehler und es sollte „4c“ heißen.
Im Februar setzte nun die SPD-Fraktion dem ganzen die Krone auf mit einem Antrag (DS 1438/5), der in seiner Ursprungsform die Wilmersdorfer Gedenktafel für die Zwangsarbeiter ganz woanders angebracht sehen wollte, ohne den bereits im Juli 2017 beschlossenen Standort am Bezirksamtslager Wilhelmsaue auch nur zu erwähnen.
[weiterlesen]
MichaelR - Gastautoren, Geschichte -
In den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges schrieb Rechtsanwalt Dr. Gerhard Frentzel in seinem Tagebuch auf, wie er und seine Familie das Kriegsende er- und überlebten. Sie wohnten damals im Haus Berliner Straße 65 im Wilmersdorfer Landhausquartier, bis sie durch den immer näher kommenden Straßenkampf gezwungen waren, in den nahe gelegenen Bunker der Reichsstelle für Getreide am Fehrbelliner Platz 3, jetzt Bundesnetzagentur Dienststelle Berlin, auszuweichen.
Berliner Straße 66 und 65
[weiterlesen]
MichaelR - Gastautoren, Geschichte -
Im Januar konnte ich drei weitere Dokumente im Landesarchiv Berlin einsehen, die die obige Aussage bestätigen. Es handelt sich um die Akten zu zwei Polen, die im Jahr 1943 im "Ausländerlager:Bln.-Wilm. Wilhelmsaue 39/40" untergebracht waren. Die Dokumente befinden sich in ihren Gefangenenakten und einer Akte der Generalstaatanwaltschaft. Weiterhin folgt aus der Gesamtheit der jetzt sechs bekannten Dokumenten, daß das Bezirksamt Wilmersdorf Betreiber des Lagers war. Dieses Lager bestand mindestens von November 1942 bis April 1944. Unter seinen Bewohnern waren Menschen aus Polen und Jugoslawien. Zu ihren Aufgaben gehörte es, den Schutt von zerbombten Häusern abzufahren.
Der vollständige Text des Artikels kann hier (Berliner Woche vom 25. Januar 2020) nachgelesen werden.
Jetzt kann also endlich der Beschluß der BVV vom Juli 2017 umgesetzt werden, indem das Bezirksamt dort eine offizielle Gedenktafel errichtet.
MichaelR
MichaelR - Gastautoren, Geschichte -
Nun hat die SPD eine neue Parteispitze. Offenbar erhofft eine Mehrheit der Mitglieder mehr sozialdemokratisches Denken und Handeln. Wird sich das auch bis hinunter auf die Bezirksebene von Charlottenburg-Wilmersdorf auswirken?
Zum sozialdemokratischen Denken und Handeln zähle ich nämlich auch: sich der Geschichte stellen und historische Verantwortung übernehmen. Und natürlich: Mitgefühl mit den Opfern der Geschichte zeigen, besonders denen der eigenen.
Konkret geht es darum, daß nach fünf Jahren immer noch keine offizielle* Erinnerung an die Zwangsarbeiter des Bezirksamtes Wilmersdorf (und auch in Charlottenburg sowie im ganzen Bezirk) besteht. Die Hauptverantwortlichen dafür sind tonangebende Mitglieder der SPD Charlottenburg-Wilmersdorf.
Es sind dies: Bezirksbürgermeister N., Bezirksstadträtin für Kultur S.-S., Vorsteherin der BVV und Vorsitzende der Gedenktafelkommission H. sowie Bezirksverordnete und kulturpolitische Sprecherin der Fraktion Dr. T. (nicht zu vergessen: Kulturwissenschaftler K. von der Linkspartei als hilfreicher Zuarbeiter im Archiveinsatz). Im folgenden werden nur ihre wesentlichsten Beiträge erwähnt, soweit sie nach außen bekannt wurden.
[weiterlesen]
MichaelR - Gastautoren, Geschichte -
Viereinhalb Jahre nach Enthüllung der Gedenktafel für einen ermordeten 17jährigen Deserteur an der Kreuzung von Uhland- und Berliner Straße in Wilmersdorf im April 2015 ist ein dritter* Augenzeugenbericht bekanntgeworden. Er stammt von den Geschwistern B.B. (geb. November 1937), und W.W. (geb. September 1936), die im April 1945 somit sieben bzw. acht Jahre alt waren. Sie wohnten damals im Vorderhaus von Uhlandstraße 97, also gegenüber von Haus 103, vor dem der 17jährige erhängt wurde. Damals war die Uhlandstraße (ebenso wie die Berliner Straße) nur halb so breit wie heute, so daß der Gehweg vor Nr. 103 auf dem heutigen Mittelstreifen lag.**
Das Interview fand am 1.2.2016 in Hamburg statt. Der folgende Text ist ein Auszug aus dem Transkript der Tonaufnahme. (Aus den Antworten der Interviewten wurden für die Buchausgabe*** Zusammenfassungen gebildet.)
[weiterlesen]
MichaelR - Gastautoren, Geschichte -
74 Jahre seit dem Zweiten Weltkrieg und 4 ½ Jahre seit Einleitung einer Initiative
Am Dienstag, den 2. Juli findet um 19 Uhr im Auditorium der Topographie des Terrors (1) eine Veranstaltung statt zum Thema Debatten um historische Orte der NS-Zwangsarbeit in Berlin. Der folgende Beitrag faßt zu diesem Anlaß die bisherige Debatte über einen solchen Ort der NS-Zwangsarbeit zusammen (eine detailliertere Darstellung finden Sie in den Texten dieser Liste).
Zwangsarbeiterlager des Bezirksamtes Wilmersdorf in der Wilhelmsaue 40?
Seit Januar 2015 sind den zuständigen bezirklichen Gremien – Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf, Gedenktafelkommission und Kulturausschuß – die Ergebnisse einer Recherche bekannt, die belegen, daß sich in der ersten Hälfte der 1940er Jahre in der Wilhelmsaue 40 das Zwangsarbeitslager des Bezirksamtes Wilmersdorf befand (2). Grundlage für diese Einschätzung sind zwei Dokumente (1. Kapitel ). Ein Jahr später (3) hatte sich die Mehrheit der bezirklichen Gremien im großen und ganzen auf bestimmte Bedenken gegen die Rechercheergebnisse festgelegt (2. Kapitel). Mit Bezug auf die zwei Dokumente und diese Bedenken gaben darauf im Frühjahr 2017 drei Historiker Stellungnahmen ab, die in Auszügen wiedergegeben sind (3. Kapitel). Im 4. Kapitel wird der heutige Stand dargestellt.
1. Zwei Dokumente
Es sind dies die
vom Gesundheitsamt Wilmersdorf aufgestellte Liste der
Zwangsarbeiterlager im Bezirk (30.11.1942) (4), in deren drittletzter
Zeile sich das Bezirksamt selbst („Bez.Verw. Wilmsdf.“) als Betreiber
eines Lagers in der Wilhelmsaue 40 bezeichnet, und die Anweisung des
stellvertretenden Bezirksbürgermeisters vom 30.4.1944 (5), in der er
festlegt: „Ich behalte mir den Arbeitseinsatz der Ausländer selbst vor.“
Liste des Gesundheitsamtes (1942) und
Anweisung des stellvertretenden Bürgermeisters (1944)
[weiterlesen]
MichaelR - Gastautoren, Geschichte -
Im Zusammenhang mit der Ermordung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg vor 100 Jahren kam die Frage auf: Wer war eigentlich diese Wilmersdorfer Bürgerwehr, die die beiden am Abend des 15. Januar 1919 in der Mannheimer Straße 43 (jetzt 27) festnahm und ihren Mördern auslieferte?
In Publikationen und Internetveröffentlichungen sind nur wenige bruchstückhafte Informationen zu finden; die örtlichen Archive verzeichnen zum Stichwort „Wilmersdorfer Bürgerwehr‟ keine Suchergebnisse; für die Januarausgaben der Lokalzeitung „Berlin-Wilmersdorfer Zeitung‟ weisen die Archive eine Bestandslücke aus.* So muß sich die folgende Darstellung darauf beschränken, diese Informationsbruchstücke zusammenzufügen und in die Entwicklung von Anfang November 1918 bis Mitte Januar 1919 einzuordnen.
Vom Aufstand der Kieler Matrosen bis zur Entlassung des Berliner Polizeipräsidenten
Der Aufstand der Matrosen in Kiel am 3.11.1918 und die nachfolgende Revolution hatten zwei entschiedene Gegner, die schon eine Woche später zueinander fanden. Es war dies zum einen die SPD-Führung, die gleich am folgenden Tag Gustav Noske nach Kiel schickte, um die revolutionäre Bewegung unter Kontrolle zu bringen. An jenem Tag gelang es ihm jedoch noch nicht, sie wirkungsvoll einzudämmen; sie griff stattdessen erst einmal auf das weitere Reichsgebiet über.
Der andere entschiedene Gegner war die Obersten Heeresleitung (OHL) unter Generalleutnant Wilhelm Groener. Schon einen Tag vor der endgültigen Kriegsniederlage durch Anerkennung der Waffenstillstandsbedingungen am 11.11.1918 rief er den gerade ins Amt gekommenen Vorsitzenden des Rats der Volksbeauftragten, Friedrich Ebert (SPD), an. Er sicherte Ebert die Loyalität der OHL zu; als Gegenleistung beließ Ebert die Befehlsgewalt über die Resttruppen bei den kaiserlichen Offizieren; und man war sich einig, gemeinsam den „Bolschewismus‟ – also die Kräfte links von der SPD – zu bekämpfen. Mit dem „Ebert-Groener-Pakt‟ hatte sich die OHL vom verlorenen Kampf gegen den äußeren Feind hingewandt zum inneren, der Revolution: „Wir hofften durch unsere Tätigkeit einen Teil der Macht im neuen Staat an Heer und Offizierskorps zu bringen. Gelang das, so war der Revolution zum Trotz das beste und stärkste Element des alten Preußentums in das neue Deutschland hinübergerettet. ... Von da ab besprachen wir uns täglich abends auf einer geheimen Leitung über die notwendigen Maßnahmen. Das Bündnis hat sich bewährt." (W. Groener, Lebenserinnerungen, S. 467ff.).
[weiterlesen]
MichaelR - Gastautoren, Geschichte -
Trübe Aussichten beim Blick in die Zukunft
Am 12. Januar fand in Moabit die 24. Rosa-Luxemburg-Konferenz statt. Diese Konferenz ist die größte regelmäßig stattfindende Konferenz der Linken im deutschsprachigen Raum. Unter den Ehrengästen befand sich der Botschafter Kubas, der mit den etwa 3100 Teilnehmern den 60. Jahrestag der kubanischen Revolution feierte, der Botschafter Venezuelas und auch der letzte Staatsratsvorsitzende der DDR, Egon Krenz, wurde dort gesehen. Die Konferenz wird im wesentlichen von der Tageszeitung „Junge Welt“ getragen.
Die Zukunft dieser Zeitung und mithin der Rosa-Luxemburg-Konferenz steht unter keinem guten Stern. Die Deutsche Post hat den Zeitungsvertrieb so umorganisiert, daß auf die „Junge Welt“ allein neben den üblichen Preiserhöhungen bei Papier, Druck und Nebenkosten im Vertrieb eine Preissteigerung von 28 Prozent zukommt. Um die auffangen zu können, müssen in diesem Jahr 1100 neue Onlineabos und 2350 Abonnenten der Druckausgabe gewonnen werden. Angesichts des weltweiten Zeitungssterbens und Rückganges der Abonnentenzahlen scheint das ein utopisches Vorhaben zu sein, wenngleich die „Junge Welt“ gegen diesen Trend stets Leser gewinnen konnte. Das mag wohl an ihrer kritischen Distanz zu den regierungsamtlichen und unternehmerischen Pressemeldungen liegen. Gelingt das Wunder der Abosteigerungen nicht, dann ist es wahrscheinlich auch um diese Konferenz geschehen.
Mit dem Auftritt der Band “Proyecto Son Batey“ wird die Konferenz eröffnet.
Foto: Wecker
[weiterlesen]
FW - Gastautoren, Geschichte, Politik -
Am östlichen Ende des Mittelstreifens steht ein gewaltiger Menhir, der eine Bronzetafel mit folgender Inschrift trägt:
Du befindest Dich hier auf der ehemaligen Dorfaue im ältesten Teil unseres Bezirkes. Um 1750 gaben Bauerngehöfte, umschlossen von Feldern, Wiesen und Seen, Alt-Wilmersdorf das Gepräge.
Die Dorfaue-Gedenktafel
Hat sich wirklich jemand 1956 – elf Jahre nach Kriegsende inmitten der zerstörten Stadt – die Mühe gemacht, diesen 3,80 m hohen, 2 m breiten, 50 cm dicken und mehrere Tonnen schweren Findling aus Bayern herzuschaffen, um mitzuteilen, daß sich an dieser Stelle vor fast einem Viertel Jahrtausend eine ländliche Idylle befand?
In der Tat wurde der Stein nicht aus diesem Grund hier aufgestellt und auch nicht zu diesem Zeitpunkt; vielmehr stand er damals schon 23 Jahre dort. Und er war schon einmal enthüllt worden; in der eingemeißelten Vertiefung befand sich seinerzeit eine Bronzetafel mit diesem Text:
Schlageter zum Gedächtnis, 26. Mai 1933, NSDAP
Leider trägt der Findling keinen Hinweis auf seinen ursprünglichen Zweck. Aber anhand von Zeitdokumenten läßt sich folgende Geschichte des Gedenksteins rekonstruieren:
[weiterlesen]
MichaelR - Gastautoren, Geschichte -
Die Mansfelder Straße ist eine Wohnstraße ohne ein einziges Geschäft. Sie fällt im Stadtplan dadurch auf, daß sie sich ungewohnt anmutig in umgekehrter S-Form von der Mannheimer Straße zur Cicerostraße schwingt – bis kurz nach dem Krieg* sogar noch eine Querstraße weiter bis zur Einmündung der Nestor- in die Seesener Straße. Die Stille der einen Kilometer langen Straße wird nahe ihrer Mitte zweimal lautstark zerschnitten durch die Hauptverkehrsadern Hohenzollerndamm und Konstanzer Straße.
Benannt ist die vormalige Straße 3 seit 1916** nach Mansfeld, einem Ort im östlichen Harzvorland, der bis in die frühe Neuzeit bekannt war durch seinen Kupfer- und Silberbergbau und seit 1996 mit dem tourismusfördernden Zusatz „Lutherstadt“ versehen ist, denn M. Luther verbrachte dort die ersten vierzehn Jahre seines Lebens. Zunächst endete die Straße an der Bielefelder Straße, bis ihr 1930 als westliche Fortsetzung die Straße 50 zugeschlagen wurde.
[weiterlesen]
MichaelR - Gastautoren, Geschichte -
Im Laufe von fünfeinhalb Jahren sind in der Reihe „Straßen und Plätze“ eine ganze Anzahl von Ortsbeschreibungen – außer zu den namengebenden Straßen und Plätzen auch zu Brücken, Tunneln, Verkehrsinseln, Großgaragen, Kinos und anderen Unterhaltungsstätten, Betrieben, Wohnhäusern, Schulen, Skulpturen, Kirchen, Friedhöfen, Gewässern und Verkehrsmitteln – entstanden, so daß es jetzt möglich ist, daraus so etwas wie Stadtführer für Charlottenburg und für Wilmersdorf zusammenzufügen. Es sei jedoch darauf hingewiesen, daß diese Stadtführer zwar jeweils eine Art ausgedehnten Rundgang ermöglichen, diese Rundgänge aber zu Orten führen, die allein nach dem persönlichen Gutdünken des Verfassers ausgewählt sind.
[weiterlesen]
MichaelR - Gastautoren, Geschichte -
Aus dem Leben einer Widerstandskämpferin
Frank Wecker hat sich in seinem neuen Buch mit dem Leben und Sterben der Widerstandskämpferin Libertas Schulze-Boysen (1913-1942) beschäftigt. Michael Roeder hatte das Buch im Kiezblog vorgestellt.
Am Mittwoch, 20. Juni, 18 Uhr findet im Integrationszentrum „Harmonie“
in der Katzlerstraße 11 in 10829 Berlin-Schöneberg die Premiere des Buches „Der
Tod der Freiheit. Der letzte Tag im Leben von Libertas Schulze-Boysen“
statt.
Die Handlung spielt am 22. Dezember 1942. Es ist der letzte Lebenstag von Libertas Schulze-Boysen. Sie hat von der Ablehnung ihres Gnadengesuchs und den Zeitpunkt ihrer Hinrichtung erfahren. Fortan kann das Leben im Sekundentakt herabgezählt werden. Mit jedem Herzschlag nähert sich die Todesstunde. Libertas Schulze-Boysen läßt ihr Leben in Form eines Filmes Revue passieren. Der Ablauf des Tages von der Überstellung vom Frauengefängnis bis zum Gang zur Hinrichtungsstätte in Plötzensee und die entsprechenden Vorbereitungen bestimmen die Struktur des Wechsels zwischen dem Erleben des Todestages und den Zeitsprüngen der Erinnerung.
Wie in biographischen Erzählungen üblich, wird vieles ausgeschmückt und hinzugedichtet, dennoch gibt es einen Unterschied: Da Libertas Schulze-Boysen weiß, daß dieser Film nie aus ihrer Gedankenwelt heraustreten wird, hat sie keinen Grund, weder gegen sich noch gegenüber der Nachwelt unehrlich zu sein.
Es lesen Absolventen der Schauspielschule „Transform“. Nach der Lesung besteht die Möglichkeit, bei Getränken und Gebäck mit dem Autor ins Gespräch zu kommen und Bücher signieren zu lassen.
Aus organisatorischen Gründen wird um eine Anmeldung unter E-Mail: Frank_Wecker@t-online.de oder unter Tel.: 03304 250 313 gebeten.
- Geschichte -
Jedes Jahr wird am 20. Juli republikweit der Offiziere gedacht, die 1944 ein Attentat auf A. Hitler unternahmen, um die sich schon längst abzeichnende Niederlage im Krieg zu verhindern.
Ganz anders, wenn es um das weitverzweigte Netz von Männern und Frauen geht, die den Krieg selbst verhindern wollten und dazu unter anderem ihre detaillierten Kenntnisse über Kriegspläne an die Sowjetunion und die USA weitergaben. Die Rede ist von der Schulze-Boysen/Hartnack-Gruppe, die die Nationalsozialisten „Rote Kapelle“ nannten. Lange wurden sie als Verräter bezeichnet, und einen Gedenktag haben sie bis heute nicht.
Unter den elf, die als erste von über 50 Männern und Frauen am 22. Dezember 1942 in Plötzensee durch Erhängen oder Köpfen ermordet wurden, waren neben den Namensgebern Arvid Harnack und Harro Schulze-Boysen auch dessen Ehefrau Libertas Schulze-Boysen (1913-1942). Über sie brach die Nachwelt, die sich selbst nie unter Lebensgefahr ihrer Regierung widersetzt hat, in besonderem Maße den Stab, hatte sie doch während ihrer Haft im Herbst 1942 einer Spitzelin gutgläubig die Namen von Gruppenmitgliedern genannt, um diese zu warnen, und war sie doch nicht „mannhaft“ mit ihren Schergen zum Köpfen mitgegangen, weil sie leben wollte. So ist es nicht erstaunlich, daß die Literatur, die an sie erinnert, selbst 75 Jahre nach ihrem Tod an einer einzigen Hand abgezählt werden kann.
Allein schon daher ist es erfreulich, daß Frank Wecker sich mit ihr in seinem neu erschienenen Buch Der Tod der Freiheit. Der letzte Tag im Leben von Libertas Schulze-Boysen beschäftigt hat.
[weiterlesen]
MichaelR - Gastautoren, Geschichte -
Offenbar hatte man im März 1950 bei der Umbenennung mancher Charlottenburger Straßen insofern eine glückliche Hand, als man ihnen die Namen von Lokalpolitikern (aus der Zeit Charlottenburgs vor der Gründung von Groß-Berlin im Jahr 1920) gab, denen man nachsagen kann, daß sie einerseits den Posten eines Stadtrats als Fachleute erhielten anstatt ihn als wahlsiegende Parteienvertreter zu erbeuten und daß sie daher andererseits als Stadtrat für die Bürger Nützliches getan haben. Einer von ihnen war der Architekt und Stadtbaurat Heinrich Seeling (1852-1932).
Ein anderer Straßennamensgeber war der Lehrer und seit 1899 Charlottenburger Stadtschulrat Hermann Neufert (1858-1935). Zusammen mit dem Kinderarzt Bernhard Bendix (1863-1943) gründete er 1904 die weltweit erste Freiluftschule „Waldschule für kränkliche Kinder“ am Rande des Grunewaldes. Unterricht und sonstige Aktivitäten fanden dort weitestgehend an der frischen Luft statt. Denn Mangel an frischer Luft und Überfluß an kränklichen Kindern waren damals ein Kennzeichen der Mietskasernenviertel von Berlin und Umgebung – also auch des Arbeiterviertels am heutigen Klausenerplatz.
Die Neufertstraße - von der Schloßstraße (li.) und vom Klausenerplatz
[weiterlesen]
MichaelR - Gastautoren, Geschichte -