Sooki und Matthias Koeppel im Gespräch
Matthias Koeppel hatte zum Gespräch eingeladen in die von ihm und seiner Frau Sooki betriebene Galerie SMK, eine Stunde vor der allsamstäglichen Öffnungszeit. Umgeben von einigen meist kleinformatigen Bildern von ihm und seiner Frau ging die Unterhaltung zunächst über die Ursprünge seines Malstils.
Am Anfang stand die 1973 zusammen mit Manfred Bluth, Johannes Grützke und Karl-Heinz Ziegler
gegründete Malergruppe „Schule der Neuen Prächtigkeit“. Sie war
entstanden aus Protest gegen die in der Ausbildung an der HdK der 1950er
und 60er Jahre völlig vorherrschende Ausrichtung auf die abstrakte Malerei.
Auch Matthias Koeppel empfand dies als eine wesentliche Beschränkung.
„Abstrakte Malerei kann keine Inhalte konkreter Art wie Menschen oder
Landschaften transportieren. Aber ich hatte einen Drang nach
Figürlichem. Ein Bild soll eine Geschichte erzählen, eine Botschaft
haben.“
Gegenständlich zu malen aber ist eine zeichentechnische Herausforderung. So machte sich Matthias Koeppel nach Abschluß seiner Ausbildung daran, anhand von Portrait- und Aktstudien jetzt diese Fähigkeiten zu erwerben. „Betrachter meiner Bilder schätzen, daß sie gutes Handwerk geliefert bekommen.“ Dazu gehöre auch ein interessanter Farbklang und eine spannungsreiche Gliederung. Er erinnert an den Ausspruch von Leonardo, daß man die Qualität eines Bildes daran erkenne, wie die dargestellten Figuren sich überschneiden. Als Beispiel weist er auf die rechte untere Ecke von „Noah 2000“, das in der Galerie hängt. „Inhalte lassen sich nicht vermitteln, wenn der gestaltete Hintergrund nicht stimmt.“
Das Gespräch wendet sich den Farben zu. Als er von 1981 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2003 Professor für Freies Malen und Zeichnen am Fachbereich Architektur der TU war, kämpfte er immer wieder mit seinen Studenten: „Zu gern steckten sie den Pinsel in die grüne Farbe.“ Sie vertrage sich aber nur schlecht mit Gelb. Zum Beleg, wie man trotzdem in ein gelbes Rapsfeld grüne Büsche malen kann, verweist Matthias Koeppel auf ein anderes Bild in seiner Galerie. Das Geheimnis sei ein „ungrünes“ Grün, das erst aus der Entfernung und im Zusammenspiel mit dem gelben Raps im Auge des Betrachters seinen grünen Farbklang erhält. Überhaupt Farben: Die geheimnisvollen Farbtönungen sind ihm am liebsten: ein blauviolettstichiges Dunkelgrau etwa oder ein silbriges Grün-Grau wie der linke Container in „Noah 2000“, „weil sie so schwer einzuordnen sind. Sie liegen überall dazwischen“.
Wer die Bilder von Matthias Koeppel kennt, weiß, welch große Rolle der Himmel in ihnen spielt. Oft bedeckt er weit mehr als die Hälfte der Leinwand und ist nicht nur schön anzusehen, sondern hat auch eine gestalterische Funktion, indem er die Bedeutung des eigentlichen Bildthemas unterstreicht. In den 80er Jahren konnte man Matthias Koeppel an manchen Sonntagen beim Malen von Himmeln zusehen, wenn er in die Kommunalen Galerie am Hohenzollerndamm einlud. Dies ist seine Vorgehensweise: Jede Leinwand erhält immer erst eine rötlich-braune Grundierung. Die nächste Schicht ist Blau, das zum Horizont hin immer heller wird, also von Ultramarin über Coelin (Lichtblau) bis zu einem weißen Grau mit Spuren von Coelin. Mit Rosa sollte das Blau gedämpft werden. So viel zum Tageshimmel. Der Abendhimmel wäre ein neues Kapitel; hier kommen in aufsteigender Reihenfolge andere Farben zum Einsatz: Rot, Orange, Gelb und schließlich Graublau, aber niemals im Himmel Grün.
Und dann die Wolken. Damit sie nicht hinterher aussehen wie Kopfkissen oder Kartoffeln, warnte er seine Studenten davor, Umrisse zu zeichnen und diese dann auszufüllen. Wolken haben meist keine festen Konturen, sondern lösen sich zu ihren Rändern hin auf. „Viel Phantasie ist notwendig, um immer wieder andere Auflösungen zu entwickeln.“ Um diese Phantasie zu speisen, fertigt er postkartengroße Studien nach der Natur an. „Es gibt immer wieder neue, seltsame Wolkenkonstellationen zu sehen.“ In seinen Bildern jedoch ist der Himmel stets so gemalt, wie es das jeweilige kompositorische Zusammenwirken mit dem Bildthema verlangt.
Das führt zur Frage der Themenwahl, oder anders gefragt: Was ist malenswert? Das kann die Schönheit eines Rapsfeldes sein oder Ruinen – „Ich erlaube mir eine Ruinenromantik, sie ist poetisch.“ – oder ein Mohnfeld im Mai. Und in jedem Herbst ein Kastanienstilleben, gleich nachdem die Früchte von den Bäumen gefallen sind und noch frisch glänzen in ihrem chargierenden Braun bis Grau!
Und wie ist es mit politischen Sujets? „Ich muß lange suchen, bis ich ein politisches Phänomen in ein Bild fassen kann, ohne zum bloßen Politmaler zu werden. Bilder sollen die Dinge, die das Leben bietet, auf den Punkt bringen, ‚gemalte Bildzeichen‘ sein.“ Wenn ein Bild dies schafft, hat es seine Aufgabe erfüllt, nämlich „gute, anspruchsvolle Unterhaltung“ zu sein. Da kann es auch schon mal passieren, daß ein Porträtierten der Lächerlichkeit preisgeben wird, wie Helmut Mehdorn in dem 2013 entstandenen Bild „Die Brandschutzexperten überprüfen die Entrauchungsanlage", wo er, als Feuerwehrmann ausstaffiert, einem unernsthaften Brandschutztest vorsteht.
Zum Schluss noch ein Wort zum Dichter Matthias Koeppel, denn tatsächlich wurde er seit 1972 zunächst durch seine starckdeutschen Gedichte bekannt. Hier ein Beispiel aus den 70er Jahren, in dem es um Malerei geht:
Muhleroi
Dr Muhlör, jarr, dr Muhlör
harrt‘z nücht leucht, ärr harrtis schwöör;
muhlt ond muhlt dmm guntzn Dack
wosz dönn kainur saihin mackck.
Kainur nücht wüllz auchch nücht kauffuln;
– ollz Muhlör karrrn monn varzwauffuln. (1)
Was erst unverständlich anmutet, wird verständlich, wenn man es laut liest. Dabei sollte man die „verdunkelten“ Vokale und die „verhärteten“ Konsonanten voll auskosten. Sicher, in dieser Sprache lassen sich nur einfache Themen ausdrücken, die im normalen Hochdeutsch vielleicht banal wären. Aber dafür klingen diese Gedichte sehr eindrucksvoll, gewichtig – sie geben etwas her. Ist Matthias Koeppel also vielleicht ein ‚Malerpoet‘, weil er auch dichtet und Schüttelreime (2) verfaßt? „Ich mag den Begriff nicht. Man denkt dabei an eine direkte Verbindung zwischen Malerei und Poesie.“ Das träfe bei ihm nicht zu.
Kurz vor Öffnung der Galerie trifft Sooki Koeppel ein. Auch wenn ihr Mann hierzulande ein sehr bekannter Maler ist, er ist nicht der einzige in der Familie Koeppel.
Sooki Koeppel kam 1984 aus ihrer Heimatstadt Seoul nach Westberlin. „Nächstes Jahr habe ich dann schon länger in Deutschland als in Südkorea gelebt. Ich fühle mich als Deutsche.“ Sie erzählt, wie sie kürzlich einem ‚echten‘ Südkoreaner die Hand zur Begrüßung hinstreckte – und der sie nicht drückte. „Ich habe verlernt, wie man sich in unserer Heimat verhält.“ In ihrer Malerei sei allerdings noch ein koreanische Einschlag zu erkennen. Ob sie in Tusche, Aquarell oder Öl arbeitet und Menschen, Landschaften, Tiere oder Stilleben darstellt: „Ich möchte diesen Einschlag gern weghaben, aber er geht nicht weg!“ Sie lacht.
MichaelR
(1) Mit freundlicher Genehmigung des Autors dem Buch Matthias Koeppel, Starckdeutsch I, Volksausgabe, 6. Auflage, Tegel/Schanghai/Berlin/London/Lübars (Ed. Kleber) 1983 entnommen
(2) Ein Beispiel aus dem Band Schüttelreime - Rüttelscheime / gezeichnet, gefunden und erfunden von Matthias Koeppel, Berlin/Kassel (B & S Siebenhaar) 2012:
Sie träumte schon im Mai nachts: „Wann
kommt denn nun der Weihnachtsmann?“
Laufende Ausstellungen:
Galerie SMK, Wittelsbacherstraße 28 (U-Bf. Konstanzer Straße), Telefon: 030 (bzw. 0177) 8738934, geöffnet jeden Sonnabend 15-18 Uhr (nicht am 7. Juni)
Matthias Koeppel: „Himmel, Berlin!“, noch bis 28. September 2014 im Ephraim-Palais. Öffnungszeiten: Di, Do–So 10–18 Uhr, Mi 12–20 Uhr
Sooki Koeppel: „Stilles Leben“, 8. Mai bis 22. Juni 2014 in der Stadtgalerie im Schützenhaus in Werder (Havel), Uferstraße 10. Öffnungszeiten: Do, Sa und So 13-18 Uhr
MichaelR - Gastautoren, Kunst und Kultur - 05. Mai 2014 - 00:04
Tags: ausstellung/malerei
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Hallo,
das ist ein interessantr Artikel über Matthias Köppel. Spannend finde ich immer die Verbindung von Poesie und Malerei, wie sie auch in diesem Beitrag beschrieben wird. Außerdem gefällt mir vor allem das erste Foto, wo die Staffeleien auch im Foto zu sehen sind. Sehr gut getroffen finde ich das dritte Foto. Hier hat man fast den Eindruck, als wäre er gerade bei der Arbeit gestört worden. Schöner Schnappschuss!
Liebe Grüße, Stefan