Wer mäht den Rasen?
Beziehungsdrama in der Komödie am KurfürstendammDer Vorteil der Bühnenfassung gegenüber dem gleichnamigen Film „Im Sommer wohnt er unten“ ist, daß der Zuschauer die an der Cote d'Azur spielende luftige Sommergeschichte nicht zweidimensional abgelichtet, sondern in 3-D mit leibhaftigen Darstellern sehen wird. Weltweit wird dies zum ersten Mal am Sonntag, 5. Februar, um 18 Uhr in der Komödie am Kurfürstendamm 206 / 209 der Fall sein.
Matthias (Kai Lentrodt) zunächst keine gute Figur. Foto: Wecker
Matthias und Camille (Kai Lentrodt und Lara Marian) noch das Liebesleben. Foto: Wecker
Sommerabend nur der unbeanspruchte Kinderstuhl. Foto: Wecker
Nachteil der Theatralisierung ist, daß die prickelnde Erotik des Films nur soweit auf der Bühne wiedergegeben werden kann, wie die Darsteller, vor allem die Darstellerinnen, mitspielen. In dieser Hinsicht sollten die Erwartungen nicht zu hoch geschraubt werden. Im Film bildet ein Swimmingpool, oder wie die Franzosen sagen „La Piscine“, den Mittelpunkt des dramatischen Geschehens. Das weckt Erinnerungen an ganz große Filmkunst, denen selbst das filmische Vorbild trotz seiner Auszeichnungen und Würdigung auf der jüngsten Biennale in Berlin nicht gerecht wird. Auf der Bühne muß ein provenzalischer Sommergarten das Schwimmbecken ersetzen. Damit fehlt nicht nur der dramatische Mittelpunkt. Bereits im filmischen Vorbild dieser Bühnenfassung werden einer Neuauflage des spannungsgeladenen Spiels von Romy Schneider, Alain Delon und Jane Birkin durch die Fabel Grenzen gesetzt: Hier wird eine etwas grob nach Klischee gewirkte Geschichte serviert, wie sie durchaus auf einer gehobenen Boulevardbühne ihren Platz hat: Zwei Brüder teilen sich das elterliche Sommerhaus. Dauergast ist der phlegmatische Matthias (Kai Lentrodt) mit seiner wesentlich temperamentvolleren Partnerin Camille (Lara Marian) und deren Sohn, der hier keinen Bühnenauftritt hat. Dafür tobt Matthias in einer kindlichen Ritterrüstung durch den Garten, was ahnen läßt, wie der Langweiler die Mama hatte erobern können. In dieser Idylle taucht sein Bruder David (Tobias Licht) mit seiner Frau Lena (Jana Klinge) um eine Woche verfrüht auf. David ist Banker, ein Durchstarter wie aus dem Bilderbuch geschnitten. Gegenüber seinem Bruder setzt er sofort seine Ansprüche durch: Matthias muß, was der Geschichte den Titel gibt, das von David beanspruchte Zimmer räumen und Camille ihren die Ruhe der Neuankömmlinge störenden Sohn zu dessen leiblichen Vater schicken. Als „Running Gag“ zieht sich die Aufforderung Davids an Matthias, den Rasen zu mähen, durch das Bühnengeschehen. Camille weiß jedoch letztlich den „Macho“ David wie auch ihr „Weichei“ Matthias zu nehmen, so daß schließlich samt Seitensprung Matthias‘ mit Lena alles unter einen Hut kommt. Was bleibt ist eine köstliche Geschichte, die von Martin Woelffer schwungvoll in Szene gesetzt Lust auf den kommenden Sommer macht. Obendrein kommen die Liebhaber französischer Chansons voll auf ihre Kosten.
Die von Gunnar Dreßler besorgte Bühnenfassung ist bis zum 19. März in der Komödie am Kurfürstendamm zu sehen. Karten ab 13 Euro können unter Tel.: 885 911 88 und im Internet unter www.komoedie-berlin.de bestellt werden.
Frank Wecker
Foto: Wecker
FW - Gastautoren, Kunst und Kultur - 04. Februar 2017 - 21:32
Tags: komödie/schauspieler/theater
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