Die Welt ist ein Ei
Die Meteorologen kennen ihn seit dem 1. März, der Kalender lässt sich mit seinem Eintreffen hingegen Zeit bis zum 21. des Monats. Der Frühling wird allerorten ersehnt und bedichtet, Klassiker wie „Frühling lässt sein blaues Band“ bis zu „Vom Eise befreit“ bringen beredt die verbreitete Sehnsucht nach Wärme, Licht und Leichtigkeit zum Ausdruck. Ostern, stets gefeiert am ersten Sonntag nach Frühlingsvollmond, ist nicht nur das höchste Fest der Christenheit, sondern auch in profanen Kreisen ein fester Termin zur überschwänglichen Begrüßung des Blühens, des Wachstums und der Frische. Das Heimatmuseum Charlottenburg-Wilmersdorf in der Schloßstraße 69 lädt noch bis zum 30. März zur traditionellen Osterausstellung. Unter dem Titel „Eier – Hasen – Frühlingsboten“ werden in Zusammenarbeit mit der Naturwissenschaftlichen Sammlung zahlreiche Exponate rund um das (Oster-)Ei gezeigt.
Das Ei ist ein uraltes, kulturübergreifendes Weltmodell, etliche Schöpfungsmythen ranken sich um den Inbegriff der Fruchtbarkeit. Bereits vor 3 000 Jahren wurden in Ägypten Eier zur Feier des Frühlings geschenkt. Dass der Osterhase keine Eier legt, weiß eigentlich jedes Kind, aber die Vorstellung hält sich hartnäckig, wie der Volksmund bezeugt: „Unterm Baum im grünen Gras // Sitzt ein kleiner Osterhas’. // Putzt den Bart und spitzt das Ohr, // Macht ein Männchen, guckt hervor. // Springt dann fast mit einem Satz, // Und ein kleiner frecher Spatz // Schaut jetzt nach, was dort denn sei: // Und was ist’s? Ein Osterei.“ Als rhetorische Figur gibt es den Osterhasen erst seit 300 Jahren: Wenn im Frühling die Gräser ausschlagen, kommt der Hase bis in die Gärten der Bürger und labt sich am frischen Grün. Und wo ließen sich Eier zum Suchen für die Kleinen besser verstecken als hinter Büschen und Bäumen?
All das und noch viel mehr erfährt die geneigte Besucherin in der liebevoll gestalteten Ausstellung des Heimatmuseums, das 1987 gegründet wurde. Rund 100 Sonderausstellungen wurden seitdem präsentiert. Die Ausstellungen sind Themen aus der Regionalgeschichte gewidmet, beschäftigen sich aber auch mit der Berliner Kulturgeschichte. Eine besondere Berücksichtigung findet dabei die Frauengeschichte. Aus der Sammlung des Hauses mit rund 20 000 historischen Fotos und Postkarten wurden die Bilder entnommen, die jetzt in den Räumen des Museums hängen. Wahre Perlen sind dabei wie etwa das Kinderbuch „Das Hühnchen Sabinchen“ von Marianne Speisebecher von 1920 oder Scherenschnitte, die Gedichte von James Krüss oder Eduard Mörike illustrieren. Besonderer Höhepunkt für Kinder: In zwei kleinen Ställen sind neben Wildkaninchen auch Küken zu sehen, die erst am 1. März geschlüpft sind.
Die Naturwissenschaftliche Sammlung steuert Verblüffendes aus der Welt der Eier bei: So können sich Gespenstschrecken auch ohne männliche Befruchtung fortpflanzen. Die Jungfernzeugung als tierische Variante der Unbefleckten Empfängnis? Sakrale und heidnische Spuren kreuzen sich in diversen Bräuchen, den Frühling zu begrüßen, vom Osterfeuer über die Weihe des Osterwassers bis zum Osterbaum. Und schließlich wird die Frage nach den süßen Osterhasen in buntem Stanniolpapier beantwortet: Die Jesuiten handelten in der Frühen Neuzeit mit Schokolade; deren Grundstoff Kakao galt als Getränk und war somit für die Fastenzeit erlaubt. Den Kindern wird es recht sein, ihnen werden Eier wie Hasen aus Schokolade munden. Hauptsache, Winter ade.
Heimatmuseum Charlottenburg-Wilmersdorf
Schloßstraße 69
14059 Berlin
Tel. (030) 90 29 13 201
Dienstag bis Sonntag 10:00 bis 18:00 Uhr
Eintritt frei
www.museum-charlottenburg-wilmersdorf.de
Andrea Bronstering - Gastautoren, Kunst und Kultur - 07. März 2008 - 02:04
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ein Trackback
Eine Schule - nicht nur für zukünftige Osterhasen
Gerade hatte Andrea hier im Kiezer Weblog eine kombinierte Osterausstellung in der Schloßstraße 69 vorgestellt. Eine wirklich lohnenswerte Ausstellung mit vielen kleinen Details, mit sehr viel Liebe ausgerichtet. Da kann ich nur voll zustimmen.
So ist d…
Am 20.03.2008 - 23:18 , via Der Kiezer Weblog vom Klausenerplatz
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