Berggruen hat jetzt ein Gymnasium
Hoeppis Ranch - ein NachrufAls Ehemalige der Schule in der Bayernallee hatte ich mich schon unlängst im Newsletter des Fördervereins eingetragen.
Nun war ich kürzlich doch etwas irritiert, als darin etwas von einer bevorstehenden Namensänderung der Erich-Hoepner-Oberschule drinstand.
Jetzt machte ich mich einmal auf die Suche im Netz - und tatsächlich, es gibt wohl wirklich einen neuen Namen.
Direkt auf der Hauptseite springt es einem ins Gesicht:
Die Schulkonferenz hat am 11.3.08 einstimmig den neuen Schulnamen festgelegt:
Heinz-Berggruen-Gymnasium
Am 3.3. hatte sich die Schulkonferenz vertagt, weil kein mehrheitsfähiger Name gefunden werden konnte. Nach internen Beratungen gingen die Vertreter von Schülern, Eltern und Lehrern am 11.3. erneut in die Diskussion und konnten sich nach produktiver Abwägung aller durch das Votum von Schülern, Eltern und Lehrern präferierter Namen und zwei Abstimmungsdurchgängen auf den für alle Gruppen konsensfähigen Namen einigen.
Da nicht zu erwarten ist, dass das Bezirksamt gegen den Ehrenbürger und Stifter des Museums im Bezirk Einwände erheben wird und eine gültige Vornotierung bei der Senatsschulverwaltung vorliegt, kann die Umbenennung zügig vorgenommen werden.
Quelle: Erich-Hoepner-Gymnasium
Also mich hats schon sehr gewundert.
Okay - zugegebenermaßen verfolge ich den Werdegang meiner alten Schule nicht wirklich sehr aktiv, aber hier und da stolpert man ja doch irgendwie drüber. Oder man sinniert mit Schulkameraden über "die (gute?) alte Zeit".
Ich erinnere mich noch, daß wir damals im Geschichtsunterricht auch das Leben und Wirken des Namenpatrons, Erich Hoepner, besprochen hatten. Dies war und ist wohl an der Schule auch so üblich gewesen - verständlich und sinnvoll.
An Einzelheiten kann ich mich dabei nicht mehr erinnern, doch war uns schon immer klar, daß es mit dem Herrn nicht immer so ganz einfach war. Daher empfand man ihn als Namenspatron etwas zwiespältig (insb. seitens der Lehrer, die Schüler hatten mit dem Schulnamen an sich wohl weniger Probleme).
So kam auch zwischen den Jahren dort immer mal wieder die Frage nach einer Umbenennung auf. Spruchreif wurde dabei aber nie etwas.
Scheinbar haben sich nun doch einge Leute ernsthafter darum gekümmert (aus welchen Gründen auch immer), eine Umbenennung anzustreben.
Bei meiner Suche durchs Internet bin ich dabei auch auf einen schon etwas älteren Artikel beim Tagesspiegel gestoßen:
Als er herausfand, dass schon die Umbenennung des Charlottenburger Gymnasiums in Erich-Hoepner-Schule vor fast 50 Jahren gegen alle Proteste verfügt wurde, sah er sich auf dem richtigen Weg: Seit zweieinhalb Jahren versucht ein Chemnitzer Geschichtsstudent, die Berliner Behörden zu bewegen, der Oberschule einen neuen Namen zu geben. Vergebens.
Dabei war Erich Hoepner als Wehrmachtsgeneral immer vorne dabei, als es gegen Polen und Russland ging. Feldzüge, bei denen Millionen Menschenleben und tausende Dörfer vernichtet wurden. Später gehörte der gebürtige Brandenburger zu der Gruppe, die das Hitler-Attentat am 20. Juli 1944 durchführte und wurde dafür zum Tode verurteilt. Deshalb wurde er auch 1956 Namenspatron des Gymnasiums an der Bayernallee.
Quelle: Tagesspiegel, 22.09.2004
Auch hier zeigt sich wieder, daß so einige mit der Namenswahl nicht ganz glücklich waren. Nachvollziehbar ist dies sicherlich, und natürlich ist es auch sinnvoll, sich Gedanken darüber zu machen.
Allerdings kann ich nun wahrlich nicht behaupten, daß ich irgendwann bzw. irgendwo Probleme damit gehabt hätte, weil meine Schule nunmal diesen Namen trägt. Im Gegenteil, so schlecht war die Reputation dieser Schule eigentlich gar nicht.
Wieso nun Heinz Berggruen?
Keine Ahnung, warum die Wahl nun ausgerechnet auf ihn fiel.
- Vielleicht, weil er Kunstsammler war und die EHO* (u.a.) eine kunstbetone Schule ist?
- Vielleicht, weil er in Charlottenburg ansässig war?
- Vielleicht, weil er in Charlottenburg sein berühmtes "Museum Berggruen" ("Picasso und seine Zeit") unterhielt?
[Welches sich übrigens bei uns im Kiez befindet, genauer gesagt in der Schloßstraße 1.] - Vielleicht, weil er vor gut einem Jahr in hohem Alter verstorben ist?
Und nun?
Etwas wehmütig bin ich ja dann doch, schließlich verändert es das Bild der Schule dadurch schon - und "unsere" EHO* ist damit nun auch ein Stück Geschichte. Das war es wohl nun mit "Hoeppis Ranch"... schließlich klingt ja "Berggruens Ranch" irgendwie so gar nicht.
Ein bißchen schade finde ich es ja dann doch...
* Wir haben immer Eh-Ha-Oh gesagt, niemals EHG. Klingt ja auch doof.
Weitere Vorschläge waren übrigens:
- Charlottenburger Gymnasium [so hieß die Schule übrigens früher, bis zur Umbenennung 1956]
- Ehepaar Hensel
- Elly Heuss
- E.T.A. Hoffmann
- Ernst Lubitsch
- Mendelssohn-Bartholdy
- Hans Scharoun
- Clara Schumann
- Kurt Weill
Quelle: EHO, Protokoll der 1. Sitzung der Gesamtelternvertretung am 01.10.07
- Geschichte, Gesellschaft, Kunst und Kultur, ZeitZeichen - 26. März 2008 - 15:59
Tags: charlottenburg/ehg/eho/erich_hoepner/gymnasium/heinz_berggruen/oberschule
zwei Kommentare
Nr. 2, JessyRamon, 27.03.2008 - 21:49 Hallo SuK, na, das paßt ja zur EHO. Nachdem diese Umbenennungs-Idee jahrelang immer nur mal halblaut durch die Gänge geisterte, nun also solch ein “Schnellschuß”. Schade finde ich es trotzdem immer noch – und habe auch von anderen gehört, die ähnlich empfinden. Auch ich habe nichts gegen Berggruen; trotzdem glaube ich, daß der Name nicht so 100prozentig die richtige Wahl war… aber so ist das eben immer… Liebe Grüße zurück an den Steubenplatz! |
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Hallo, ich gehöre zu den Eltern beim EHO. Die Umbenennung und das ganze Hauruck-Verfahren ist bei sehr sehr vielen Schülern und Eltern auf Widerspruch gestoßen. Aber es war dann kurz vor den Osterferien, und der Protest ist nicht richtig in Gang gekommen. Berggruen mag der Stadt viel Gutes getan haben, aber wenn er erfahren hätte, wie undemokratisch es bei der Umbenennung zugegangen ist, er würde sofort seine Kunstwerke aus Charlottenburg wegholen. Eigentlich war nach allen Abstimmungen Clara Schumann die haushohe Favoritin.
Grüße vom Steuben- an den Klausenerplatz, SuK