Frau B.
Die Freundinnen von Frau B. sind schon ein bißchen entsetzt, daß Frau B. dieses Bild über ihrem Sofa hängen hat. Immerhin ist es einen Meter hoch und anderthalb Meter breit und zeigt eine nackte Frau, und zwar Frau B. selbst. Das gehöre hinter einen Vorhang, meinen die Freundinnen. Frau B. führt diese Reaktion darauf zurück, daß ihre Freundinnen halt katholisch seinen und daher prüde. Aber vielleicht hat Frau B. damit nicht ganz recht, denn es gibt in ihrem Heimatland Polen genug Frauen, die jeden Sonntag in die Kirche gehen und trotzdem Freude an ihrem Körper haben. Vielleicht sind die Freundinnen ganz einfach ein bißchen neidisch.
Das Bild ist waagrecht in zwei Felder aufgeteilt: Das breitere oben ist himmel- bis weißblau; das untere, graublau mit violetten Schatten, bildet den Hintergrund für Frau B., die über die ganze Breite der Leinwand ausgestreckt auf dem Rücken liegt, das eine Bein ein wenig angewinkelt, der Kopf rechts, weit in den Nacken gelegt. Frau B. hält ihren Oberkörper leicht gedreht, so daß sie dem Betrachter voll ihre linke Brust zuwendet, auf die der Maler noch zusätzlich die Aufmerksamkeit lenkt, indem er das schrägt einfallende Gegenlicht auf sie treffen und ansonsten Frau B.s sandfarbenen Körper fast ganz im Schatten läßt. Während also ihr Körper realistisch dargestellt ist, bleibt die Umgebung unbestimmt, was den Eindruck hervorruft, als ob Frau B. zwischen Himmel und Erde schwebe, zwischen Traum und Wirklichkeit.
Mit diesem Bild wollte der Maler seine einstige Muse davon überzeugen, was für einen "tollen Körper" sie doch habe und es folglich keinen Grund gäbe, ihn zu hassen wegen der Sommersprossen und Naturlocken. Es scheint, daß ihm das gelungen ist.
MichaelR
Michael R. - Gastautoren, Menschen im Kiez - 21. Mai 2009 - 00:02
Tags: charlottenburg/klausenerplatz
Kein Kommentar
Kein Trackback
Trackback link: