Wie soll es mit den Bezirksbibliotheken weitergehen? - Teil 2
Die Standorte
Es ist jetzt über ¼ Jahr her, daß die bezirkliche Regierungskoalition aus SPD und Grüner Partei es fertiggebracht hat , in ein und derselben BVV-Sitzung am 8.3.2012 sowohl für die mittelfristige Beseitigung der Bücherei in der Brandenburgischen Straße (einschließlich UCW und Ateliers) zu stimmen (KT Nr. 17) – mit Blick auf die eigenen Leute im Bezirksamt – als auch für den Erhalt dieser Einrichtungen (DS 0165/4) – diesmal mit Blick auf die Wähler. Wie aus dem Bezirksamt zu hören ist, wollen spezielle haushaltsrechtliche Vorschriften, daß diese begnadete Doppelstrategie in diesem speziellen Fall ausnahmsweise einmal bewirkt, daß ein BVV-Beschluß hemmende Wirkung hat (was jedoch auf doppelstrategisch beseitigte andere Einrichtungen wie den Abenteuerspielplatz Holsteinische Straße, das Haus Pangea, das Rathaus Wilmersdorf, das Haus der Jugend Anne Frank und die Bezirksgärtnerei nicht zutrifft). Damit ist diese Bücherei (zusammen mit UCW und Ateliers) für den Augenblick erst einmal vor dem Verkauf via Liegenschaftsfonds gerettet. Und wie sieht es mit den anderen Büchereien des Bezirks aus?
Noch steht der von der BVV geforderte Bibliotheksentwicklungsplan (DS 0160/4) aus; voraussichtlich wird er im August vorliegen. Wie aus gut unterrichteten Kreisen verlautet, kann man z.Zt. davon ausgehen, daß vom Bezirk keine Schließungen geplant sind (mit Ausnahme der Musikbibliothek in der Joachimsthaler Straße, die bis zum Jahresende aus dem Gebäude der UdK heraus muß und wohl in die Bibliothek im Rathaus Charlottenburg aufgenommen wird). Das heißt, daß die Bibliotheken in der Nehringstraße, im Neuwestend, am Halemweg, in Schmargendorf, die Kinderbibliothek am Rüdesheimer Platz sowie die beiden Hauptbibliotheken für Wilmersdorf (Brandenburgische Straße) und Charlottenburg (Rathaus) den Bürgern erhalten bleiben.
Zumindest zu 80%.
Denn: Auch wenn die Wilmersdorfer Hauptbibliothek nicht an die GSE verkauft werden soll, die noch bis 2015 für die Verwaltung von Bibliothek, UCW und Ateliers zuständig ist (siehe Anm. 2), könnten finanzielle Probleme dennoch den Bezirk daran denken lassen, den Standort zu schließen (1). Das soll aber auf jedem Fall nur geschehen, wenn sich in nächster Nähe ein freier Ersatzstandort finden läßt (was jedenfalls nicht das Rathaus Wilmersdorf wäre, da seine Decken die Last der Bücher nicht tragen könnten).
Die Unabwägbarkeiten im Hinblick auf die Charlottenburger Hauptbibliothek sind anderer Natur. Hier geht es mehr um die Idee, einen für Charlottenburg zentraleren Standort zu finden, um dorthin umzuziehen (vielleicht unter Mitnahme der Stadtteilbibliothek West in der Nehringstraße?).
Jedenfalls nicht geplant ist eine Zentralisierung des gesamten bezirklichen Bibliothekswesens an einem einzigen Standort.
Interne Veränderungen
Daneben gibt es eine Reihe von Veränderungen, die auffallen, wenn man die bezirklichen Bibliotheken nutzt: So wurden unter der gegenwärtigen Leiterin des Bibliothekswesens, mit Billigung des bis 2011 zuständigen Stadtrats (SPD), die Ausleihzahlen zum alleinigen Kriterium für eine „erfolgreiche“ Arbeit gemacht. Die Folge war und ist, daß Bücher, die in einem bestimmten Zeitraum „zu wenig“ ausgeliehen werden, kurzerhand aus dem Bestand entfernt werden, weshalb es in den Regalen durchgängig etwas leer aussieht. Die Anwendung des erwähnten Kriteriums hat außerdem die Konsequenz, daß im Sachbuchbereich die Anschaffung von solchen Büchern ganz im Vordergrund steht, von denen man hohe Ausleihzahlen erwartet, und das sind vor allem Ratgeber. Überhaupt ist im Bezirk, im Gegensatz zu anderen, den Bibliothekarinnen die Medienanschaffung fast vollständig aus der Hand genommen und der ekz übertragen worden.
Hinzu kommt noch die Einführung einer neuen Systematik mit neuen Signaturen (wie man hört, wird damit den Computern die Arbeit erleichtert), was noch für etliche Jahre für ein heilloses Durcheinander in den Regalen sorgen wird, und die Schaffung unzähliger Sonderstandorte. In verschiedenen Fällen erscheint das sinnvoll, z.B. wenn die Bücher zum Thema „Bewerbungen“ zusammengeführt werden. In anderen Fällen führt es zu einer beträchtlichen Zersplitterung, wenn im Bereich Belletristik ein Autor sowohl in der allgemeinen Sammlung als auch unter „Klassik & Moderne“, „Taschenbücher“, „Bestseller“ u.a. gesucht werden muß.
(1) Die Bücherei befindet sich seit 1965 an dieser Stelle. Baumaßnahmen laut Webseite des Bezirks u.a.: 2005 umfangreicher Umbau, bei dem Erwachsenen- und Jugendbibliothek zusammengeführt wurden; 2009 Renovierung.
Zum ersten Teil: Wie soll es mit den Bezirksbibliotheken weitergehen?
MichaelR
Michael R. - Gastautoren, Politik - 26. Juni 2012 - 00:02
Tags: bezirksamt/bezirksbibliothek/bezirkshaushalt/bibliothek/bvv/bürgerbeteiligung/charlottenburg/stadtbibliothek
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