Thema Gaslaternen in der „jungen Welt“
In ihrer Ausgabe vom Samstag, den 22. Dezember geht auch die junge Welt mit einem Artikel und einer Fotoserie auf die Beseitigung der Gaslaternen durch den Senat ein und unterstützt die Forderung nach einer Denkpause, um den Sinn dieser Abrißaktion zu klären.
Die Wiedergabe des Artikels erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Tageszeitung junge Welt.
Licht aus für die Gaslaternen?
In Berlin soll die Straßenbeleuchtung vollständig elektrifiziert werden. Eine Bürgerinitiative wehrt sich dagegen. (Fotoreportage von Christian Ditsch)
Von Michael Roeder
Noch stehen die meisten der etwa 44000 Gaslaternen in der Hauptstadt; allerdings sind schon 900 Reihenleuchten abgerissen und durch die elektrische »Jessica« ersetzt worden. Während in Prag und Warschau gasbetriebene Laternen neu installiert werden, sollen in Berlin nach dem Willen des Senats jedoch so gut wie alle auf Elektrizität »umgerüstet« werden, was in Wirklichkeit Abriß bedeutet. Gerade mal 2000 werden nach diesen Plänen erhalten bleiben. Was veranlaßt den Senat, ein über 180 Jahre funktionierendes Beleuchtungssystem zu beseitigen? Er verweist auf den CO2-Ausstoß und die Kosten für Energie und Wartung. Die sind in der Tat höher als bei Elektroleuchten – wenn man nur die Lampen isoliert betrachtet. Hinzu kommen aber die Ausgaben für Entfernung und Verschrottung der Gaslaternen sowie für Herstellung und Aufstellung der elektrischen mit ihrer wesentlich kürzeren Lebensdauer, alles verbunden mit erheblichen CO2-Emissionen. Auch hat der Senat noch immer keine vollständige Berechnung der Gesamtkosten vorgelegt, und daher gibt es keine Klarheit darüber, wann und ob überhaupt sich die Ausgaben amortisieren werden, gerade auch, wenn man auf die stetig steigenden Strompreise schaut. Der wachsende Widerstand gegen die Beseitigung der Gasleuchten hat sich allerdings nicht nur an der ungeklärten Kostenfrage entzündet; den Gegnern geht es auch um das Licht der Gaslaternen, das die Farben wie am Tag wiedergibt und die Menschen erfreut. Außerdem wünschen sie den Erhalt eines weltweit einmaligen Kulturdenkmals, steht doch die Hälfte aller Straßengaslaternen der Erde in Berlin. Und könnte man nicht mit demselben Geld an anderer Stelle bedeutend mehr für den Klimaschutz tun, ohne historisch Wertvolles zu vernichten? Es sind viele Fragen offen, und um sie zu klären, statt über die Köpfe der Bürger hinweg zu entscheiden, wäre es angebracht, den weiteren Abriß aufzuschieben und sich zum öffentlichen Gespräch zusammenzusetzen. Dabei sollte es auch um die Rolle der Elektrokonzerne bei der Verdrängung der Gasbeleuchtung gehen.
Quelle: junge Welt vom 22.12.2012
MichaelR - Gastautoren, Geschichte - 22. Dezember 2012 - 18:11
Tags: denkmalschutz/gaslaterne/gaslicht/laterne
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