Teil 2 - Pömpelmania und Polleritis
Im ersten Teil hatten wir uns mit der Entwicklungsgeschichte des Pümpel-Pömpel-Pollers befaßt. Dazu wurde bereits ein weiterer Punkt angesprochen: die dahinter steckenden monetären Interessen zum Befüllen der geweiteten eigenen Taschen. Wie so oft, lassen sich sich jedoch menschliche Handlungen nur aus komplexeren Zusammenhängen verstehen.
Diesmal wollen wir die psychologische Seite tiefer beleuchten.
Manie - Phallussymbol und Kastrationskomplex - Frühkindliche Traumata
Sie sind wie eine Seuche – und zwar wie eine ziemlich ansteckende: Straßenpoller.
Wo auch immer an Kreuzungen und anderswo Gehwegvorstreckungen gebaut wurden – also fast überall in Prenzlauer Berg – wuchern die seltsamen Phallussymbole wie Pilze nach einem sommerwarmen Regen aus dem frisch gepflasterten Erdboden.
Der Tagesspiegel hat sich auch schon damit auseinandergesetzt:
Das tut weh. Und morgen zieht sie weiter, die Poller-Karawane, den Poller-Koller im Kopf und die Polleritis im Blut. Berlin ist im Begriff, eingepollert zu werden.
Der Song dazu könnte so gehen:
„Ein Poller steht am Straßenrand
sein Sinn ist ziemlich unbekannt.
Der Phallus im Verkehrsgewühl
Erweckt ein geiles Triebgefühl.“
Man sieht also, es gibt schon zahlreiche Untersuchungen, die sich mit den seltsamen Erscheinungen beschäftigt haben und die entscheidenden Begriffe sind in diesen Beiträgen bereits gefallen.
Wie auch schon bei der Entwicklungsgeschichte des Pümpel-Pömpel-Pollers, scheint das Thema in entlegenen nordischen Gebieten eine ganz besondere Rolle zu spielen.
Das isländische Phallusmuseum in Reykjavík ist derzeit das einzige Museum weltweit, das sich mit der Phallologie beschäftigt. Die kultische Verehrung des Phallus ist dagegen seit der Jungsteinzeit rund um den Erdball bezeugt. Mit dem manischen, dem geradezu besessenen Hecheln nach Verehrung auf der einen, ergibt sich die dunkle Seite von Versagens- und Verlustängsten auf der anderen. Mit dem Kastrationskomplex (oder auch Kastrationsangst genannt) hat sich Sigmund Freud in der klassischen Psychoanalyse grundlegend beschäftigt.
Wenn man nun Pümpel-Poller in der Realität betrachtet, läßt sich der Leidensumfang betroffener Patienten mit etwas Phantasie leicht nachvollziehen.
Im Schlaflabor der Charité gelang es kürzlich Medizinern erstmalig, eine Traumsequenz eines schwer geplagten Patienten mit bildgebenden Untersuchungsverfahren einzufangen. Nachvollziehbar, daß der, etwas ältere, männliche Patient an der Stelle seines wahr gewordenen größtmöglichen Alptraums schweißgebadet aus der REM-Phase des Tiefschlafes aufschreckte.
Die herbeigeeilte gesamte diensthabende, überwiegend jüngere, Schwesternschaft konnte ihn nicht beruhigen. Ihre Versicherung, es wäre doch noch „alles dran“ - und na ja, eben dem fortgeschrittenen Alter entsprechend scheint alles soweit normal, fruchtete nicht. Der hinzugekommene Chefarzt versuchte, mit einer Medikation von 5 auf 10 mg i.v. gesteigerten Gabe von Diazepam Linderung zu verschaffen. Doch erst ein eiligst herbeigerufener Baustadtrat aus dem eigenen eng befreundeten Parteiumfeld konnte schließlich mit dem Versprechen, 65 bis 80 neue Poller schnellstmöglich speziell vor seine Haustür als Ersatz zu setzen, eine (vorübergehende?) Beruhigung erreichen.
Darauf, wovon Betroffene wohl sonst noch so träumen, wie auf andere Formen schlimmer Pümpel-Pömpel-Besessenheiten, wollen wir hier aus Gründen des Jugendschutzes nicht näher eingehen. Weitere denkbare frühkindliche Traumata, die durch Einsatz eines Pömpels als medizinisches Instrument bei der Geburt von männlichen Säuglingen begründet sein könnten, sind bisher nicht ausreichend in der Fachliteratur belegt und Spekulationen wollen wir hier nicht anstellen. Nicht unerwähnt soll bleiben, daß man an dieser Stelle ein neues Terrain mit der "Zappelpollerforschung" betreten hat. Im heutigen wissenschaftlichen Standardwerk der "Pollerforschung" von Helmut Höge (auch bekannt als der "Aushilfshausmeister") wird noch ein möglicher Zusammenhang von Pollern als Signifikanten einer “vaterlosen Gesellschaft” aufgetan. Auch in der "Auguststrasse" hat man schon bös „gefallene“ Poller gefunden und zitiert Helmut Höge: "In Kreuzberg verwendet man vornehmlich die in Ungarn von einer hessischen Firma hergestellten “Wellmann-Poller”, die im dortigen Bezirksamt “Kreuzberger Penisse” genannt werden". Ob das hier wohl eine Weiterentwicklung werden soll?
Fazit:
Wenn nun jemand sagt (oder schreibt): ich will aber meine eigenen Pümpel-Pömpel-Poller für zu Hause haben. Kein Problem! Wenn jemand unbedingt seinen eigenen Kuschel-Pömpel-Pümpel zum Einschlafen braucht. Kein Problem! Was jemand in seinen eigenen vier Wänden macht, ist reine Privatangelegenheit. Wenn aber jemand unbedingt darauf besteht, seine Pümpel-Poller-Manie auf öffentlichem Gelände auszuleben, dann betrifft es auch noch andere Menschen. Menschen, die das alles vielleicht weder schön noch lustig finden.
Die entscheidende Frage, die sich schlußendlich stellt, wäre dann: Soll man seinen entgleisten Besessenheiten klein beigeben, oder sie doch lieber mit einer entsprechenden Therapie angehen? Und dazu noch, nicht nur als positiver Nebeneffekt: ein für den ganzen Bezirk verantwortlicher Charlottenburg-Wilmersdorfer Baustadtrat könnte seine spärlichen Finanzmittel für wirklich sinnvollere stadtgestalterische Planungen verwenden. Am Prenzlauer Berg und auch in Amsterdam hat man das mittlerweile offensichtlich verstanden. Denn wie sagt der Fachmann dazu: „Poller sind fast immer ein Zeichen für planerisches Versagen“. Doch dazu mehr in einer der nächsten Folgen.
- Politik, Satire - 17. März 2013 - 00:02
Tags: parkplatz/poller/pümpel/ökokiez
zwei Kommentare
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Der Verfasser ist schwer zu rügen: hat er doch seiner Leserschaft vorenthalten, dass im unmittelbaren Bereich der in Abb. 1 & 5 gezeigten Kreuzung 60 (vielleicht sogar 61) Poller am heutigen Sonntag zu zählen waren! Hut ab, Bezirksamt! Wie viel Legislaturperioden und Baustadträte hat es gebraucht, um auf diese stolze Zahl zu kommen? Die Antwort gibt das schöne Kinderlied "Weisst du, wie viel Poller stehen" von Wilhelm Hey (1789 – 1854, ein weitsichtiger Kopf!) am Ende der 1. Strofe:
"Gott der Herr hat sie gezählet,
dass ihm nicht auch einer fehlet
an der ganzen grossen Zahl."