Eine Perspektive für die Kantgarage
Erstes Werkstattgespräch am 5. Dezember 2014
Die Kant-Garage entstand - wie eine Reihe anderer Großgaragen - in den Jahren 1929/30 und ist bis zum heutigen Tag in ununterbrochener Nutzung. Sie ist die einzige in Berlin erhaltene Hochgarage aus der Zeit zwischen den zwei Weltkriegen und europaweit die älteste Hochgarage mit einer doppelten Wendelrampe, was bedeutet, daß der ein- und ausgehende Verkehr auf getrennten Rampen stattfindet. "Die Kantgaragen sind somit nicht nur ein herausragendes Denkmal des Neuen Bauens, sondern auch ein einzigartiges – und hier ist der Ausdruck wirklich wörtlich zu nehmen – Baudenkmal des Automobilismus in Deutschland und Europa. Der Landesdenkmalrat empfiehlt, alles daran zu setzen, dass dieses ungewöhnliche Zeugnis erhalten werden kann.“ (Auszug aus dem Sitzungsprotokoll des Landesdenkmalrates vom 27. August 2010).
Seit 1991 steht die Garage unter Denkmalschutz. Schon damals und wieder 2013 hat die Pepper Immobilien Holding dennoch einen Abrißantrag gestellt. Dem haben eine Vielzahl von mit Architektur und Kunstgeschichte befaßte Organisationen und Einzelpersonen widersprochen (siehe auch den Appell für den Erhalt des Kant-Garagen-Palasts mit vielen historischen und heutigen Fotos).
Teil der Bemühungen um den Erhalt des Gebäudes sind die von der Initiative zur Rettung des Kant-Garagen-Palasts durchgeführten Werkstattgespräche. Mit freundlicher Genehmigung des Autors geben wir hier den Bericht über die erste Sitzung wieder (erschienen im Deutschen Architektenblatt 2/2015).
Am 5. Dezember trafen sich etwa 20 engagierte Berlinerinnen und Berliner der Initiative zur Rettung des Kant-Garagen-Palasts zu einem ersten Werkstattgespräch. Ziel der in den Räumen des Internationalen Begegnungszentrums der Wissenschaft Berlin e.V. (IBZ) abgehaltenen Ideen-Werkstatt war es, über verschiedene Nutzungsszenarien für die sanierungsbedürftige Hochgarage nachzudenken. Zu Beginn der Veranstaltung wurden hierfür einige denkmalpflergische Eckpunkte konkretisiert, um die Möglichkeiten für Veränderungen im Bestand aufzuzeigen.Konsens war es, dabei möglichst viel von der Originalsubstanz zu erhalten: Denn die Vorhangfassade, die Wendelrampen und die Boxen machen den kulturhistorischen Wert des Baudenkmals von 1930 aus. Sie sollen auf jeden Fall erhalten bleiben. Das Entwicklungspotential liegt im Ausbau des Dachgeschosses und in der Überbauung des ehemals von der Villa besetzten Restgrundstücks. In Arbeitsgruppen aufgeteilt wurden drei Lösungswege verfolgt.
Die „konservative“ Bestands-Gruppe schlug vor, das Denkmal lediglich zu reparieren und möglichst viel von dessen Authentizität, also auch die Gebrauchsspuren zu erhalten. Favorisiert wurde hier eine Nutzung als Auto- und Garagenmuseum. Die beiden weniger „orthodoxen“ Gruppen entwickelten jeweils Phasen-Modelle, bei denen die Hochgarage schrittweise denkmalgerecht erneuert und mit herkömmlicher sowie völlig neuer Nutzung bespielt würde. Beide schlugen vor, den Bau durch Teil- und Zwischennutzungen jeweils Etage um Etage zu sanieren und grundsätzlich für den nicht-automobilen Gebrauch zu öffnen. Als ein multifunktionales „Haus-der-Mobilität“ könnte die Kantgarage so ein Standort für verschiedene Projekte werden: als Old- und Youngtimer-Garage, als „Bildungs-Tankstelle“ zur Mobilitätsgeschichte, als Ort für e-mobility und Carsharing sowie als kurzfristig mietbarer Freiraum für temporäre Verkaufsmärkte, Popup-shops, Proberäume etc. Ziel aller Gruppen ist es, die Hochgarage als zumindest teilweise öffentlichen Raum für Alle zu gewinnen.
Die Ergebnisse der ersten Werkstatt werden in zwei weiteren Werkstatt-Veranstaltungen, die ab Februar 2015 folgen, denkmalpflegerisch, planungsrechtlich, baukonstruktiv und abschließend ökonomisch weiter konkretisiert werden.
René Hartmann
Der Autor promoviert an der Technischen
Universität Berlin (Institut für Kunstwissenschaft und Historische
Urbanistik) über das Thema "Architektur für Automobile - Hochgaragen und
Parkhäuser in Deutschland. Eine Auto[mobil]-Vision im 20. Jahrhundert"
(Tag der Disputation 20. März 2015).
Bildquellen
Bild 1: Wikipedia "Kant-Garage, Kantstraße 126-127"
Bild 2: Bundesarchiv/Wikipedia "Berlin, Garagenhochhaus September 1930"
R. Hartmann - Gastautoren, Geschichte - 12. Februar 2015 - 00:02
Tags: garagen/stadtgeschichte/verkehr
ein Kommentar
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Leute bleibt realistisch:
die garage ist in privatbesitz.Wenn der eigentümer nicht an das land oder eine stiftung verkauft, gilt die renditeregel.(auch in einem anderen falle muß sich das objekt“rechnen” oder bleibt eine dauersubvention)
also was rechnet sich ? Ein museum ? Das muß schon ein hype werden.
Aus meiner sicht noch am ehesten als standort für mischmodelle:carsharing, e-mobilität, garage.
Aber kann man damit die hohen indstandsetzungsinvestititonen erwirtschaften ? Wird sich der denkmalschutz mit hohen summen beteiligen ? eher nicht.