Puccini und die Emanzipation
La Rondine in der Deutschen Oper
Höchste Sinnlichkeit erreicht die Berliner Erstaufführung der bereits während des I. Weltkrieges von Giacomo Puccini komponierten Oper „La Rondine“ im ersten Akt.
Foto: Wecker
Dafür ist Tizian verantwortlich. Dessen auf die körperliche Aktdarstellung reduzierte Venus von Urbino dominiert, was das Bühnenportal hergibt, die Szene, auf der unter anderen mit Alexandra Hutton, Charles Castronovo, Alvaro Zambrano und Stephen Bronk ein beeindruckendes Ensemble von hervorragenden Künstler agiert. Die Venus wird sich in der Folge der Handlung vergeistigen und nur noch als Schattenriß über der Bühne schweben. Sie überläßt damit alle Sinnlichkeit dem Rausch und den Raffinessen von Puccinis Musik, die Roberte Rizzi Brignoli (musikalische Leitung) bis in Feinste herausziseliert hat. Sinnlichkeit bringt Regisseur Rolando Villazon in die etwas dröge und vernachlässigbare Handlung, indem er nicht nur die Stimmen seiner Akteure erklingen, sondern auch deren Körper als Harfe und Cello darstellen läßt. Im Ballsaal von Bullier wird in Charleston-Kostümen der zwanziger Jahre wild getanzt. Statt des damals noch nicht erfundenen Charleston ertönt der Walzer, was allerdings auch schon für Puccini eine Neuerung war. Im dritten Akt ist es schließlich eine überdimensionierte Muschel, um die herum die Darsteller agieren. Wer sich statt sich dem Sinnesrausch der Musik hinzugeben, versucht, der Handlung zu folgen, wird eine emanzipatorische Geste entdecken. Die Heldin der lyrischen Komödie - Magda - wird sich nicht zwischen ihrem Gönner und dem Angebeteten entscheiden, sondern ihren eigenen Weg gehen. Dies ist schon von Puccini gegenüber der dramatischen Vorlage so herausgearbeitet und auch von der Regie betont worden. Diese tragende Rolle hat noch während der Schlußproben Aurelia Florian übernommen, weil die vorgesehene Dinara Alieva Opfer der Grippewelle wurde.
Foto: Wecker
Die Deutsche Oper, die sich dem Werk von Puccini besonders verpflichtet fühlt, bereichert mit dieser sehenswerten Inszenierung das Berliner Opernrepertoire.
Frank Wecker
Foto: Wecker
FW - Gastautoren, Kunst und Kultur - 16. März 2015 - 00:02
Tags: oper/puccini
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