Hat auch Charlottenburg-Wilmersdorf einen Sultan?
Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann und seine öffentliche Journalisten-Schelte
Nein, damit da ja keine Missverständnisse aufkommen: Der Journalisten-Hasser aus Ankara wütet in einer ganz anderen Liga. Pascha Erdogan ist in seiner ichsüchtigen Grenzenlosigkeit selbstverständlich unerreicht! Aber einen Mini-Sultan hat Charlottenburg-Wilmersdorf auch zu bieten – jedenfalls in Sachen Presse-Schelte.
Es war schon bemerkenswert, wie Reinhard Naumann in der Charlottenburg-Wilmersdorfer BVV am 17. März im Tagesordnungspunkt „Das Wort hat der Bezirksbürgermeister“ ablederte – über rbb-Mitarbeiter der „Klartext“-Redaktion.
Bürgermeister Naumann sprach von „schlechter Recherche“, „persönlichen, durch nichts begründeten Vorhaltungen“ und dem „Versuch, die Erkrankung der Kollegin Jantzen in der Öffentlichkeit zu diskreditieren“.
Die rbb-Reporter wollten recherchieren, warum die Grünen-Stadträtin Elfi Jantzen (Ressorts: Jugend, Familie, Sport, Umwelt) bereits seit einem Jahr krank ist, ihre Aufgaben ebenso lange durch die vier übrigen Bezirksamtsmitglieder - unter ihnen auch Reinhard Naumann - mit übernommen werden müssen, ohne dass noch immer ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin für Jantzen in Sicht ist. Der Beitrag erschien am 16. März.
„Ich will deutlich auch hier in der Öffentlichkeit zu Protokoll geben“, so Naumann, „ dass die Interview-Anfrage von Mittwoch letzter Woche sich in einer beispiellos Persönlichkeitsinteressen der erkrankten Stadträtin orientierenden Weise dargestellt hat.“
Warum Naumann dieses Ansinnen so persönlich nahm, dazu machte er in der BVV öffentlich keine Angaben. Aber der Mini-Sultan in ihm brodelt: Es geht nicht an, dass durch unsere Gebühren öffentlich rechtlich finanzierter Rundfunk und Fernsehen versuchen, auf solch schäbiger Ebene zu instrumentalisieren.
Was den Bezirksamtschef so in Rage gebracht hatte, verschwieg Naumann. Er deutete nur an, „hier sei versucht worden, Druck auszuüben, hier sei gedroht worden“. Eine gewünschte Drehgenehmigung für ein Schulgelände wurde den TV-Reportern versagt.
Auf die Nachfrage des CDU-Verordneten Albrecht Förschler, welche Instanz denn dem rbb-Team die Drehgenehmigung an der Schule verweigert habe, antwortete Naumann: „Ich als amtierender Schulstadtrat aufgrund des vorgefassten Settings, wie es sich mir seiner Zeit darstellte.“ Konkrete Gründe für die Dreh-Verweigerung mochte Naumann auch auf nochmalige Nachfrage in der Sitzung nicht nennen.
Stattdessen unterstellte er gleich noch der CDU-Fraktion, sie würde sich am Mobbing gegenüber einer kranken Stadträtin beteiligen: „Das geht so nicht!“
Für etliche Zuschauer im BVV-Saal nicht nur ein bisschen Sultan, auch einiges an Pharisäer. Denn so feinfühlig war der SPD-Bürgermeister beim Thema Jantzen sonst nicht immer gewesen. In der BVV am 17. September 2015 hatte er ohne einzugreifen, seinen Baustadtrat die Diagnose aufstellen lassen, die Kleingartenkolonie Oeynhausen und eine Verordnete seien ursächlich für Jantzens Erkrankung. Marc Schulte durfte damals ungerügt behaupten: „Dass Sie aber eine Kollegin von mir, die ich unglaublich schätze, die Frau Jantzen, die durch die Frage Oeynhausen an ihr physisches Ende gekommen ist, weil sie auch von Ihnen menschlich in einer Art und Weise behandelt wurde, die aller Beschreibung spottet, dass Sie dieses Fehlen jetzt hier instrumentalisieren, das finde ich unter aller Würde und das finde ich unglaublich.“ (!)
Aber zurück zur Journalisten-Missbilligung des Bezirksbürgermeisters. Spontan war sie nicht. Es köchelte schon tagelang. Denn bereits am 11. März hatte sich Naumann auf facebook über die rbb-Reporter ausgelassen (2) und am 12. März über das „Klartext“-Team auf facebook seine followers wissen lassen: „Es ist schon eine besondere Erfahrung, mit meinem Verständnis von öffentlich-rechtlich finanziertem Fernsehen und seriösem Journalismus am eigenen Leibe zu erleben, wenn – wie von mir vorhergesehen – das gestrige Interview auf Grundlage schlecht recherchierter Fakten und eines vorgefassten Settings am Ende einer vermeintlichen Beweiskette offenkundig zu einem Zerrbild jenseits der Realitäten führen soll.“
Kräftiger Tobak. Und nicht Naumanns erster. So postete er beispielsweise am 14. Oktober 2015 auf facebook: „Es ist ein Ärgernis und journalistisch nicht in Ordnung, wie die rbb- Abendschau gestern erneut manipuliert hat.“
Rumms! Einmal Sultan, immer wieder Sultan… Journalisten-Berufsverbände wie der DJV sollten sich solcher Anschuldigungen einmal ernsthaft annehmen.
Fehlt jetzt nur noch, dass Naumann längst wie Parteifreund Michael Müller einen pauschalen Beratervertrag mit einem Anti-Medien-Anwalt in der Schublade liegen hat.
Holger Jost
Quellen:
Protokolle der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf (BVV)
* rbb-Klartext vom 16.03.2016
* Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann bei Facebook
Holger J. - Gastautoren, Politik - 10. April 2016 - 00:24
Tags: bezirksamt/bvv/presse
drei Kommentare
Nr. 2, jn, 10.04.2016 - 11:03 ..wenn mal nicht der sultan im wahlkampf noch ein weites herz für seine bürger hat. vielleicht gibt es ja was zu verteilen https://www.abgeordnetenwatch.de/blog/2016-04-06/parteispenden-veroffentlicht-das-sind-die-grossten-spender-2014 von Woche zu Woche in Berlin: Berliner Woche legt nach.. http://www.berliner-woche.de/charlottenb.. |
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Naumann: „Ich als amtierender Schulstadtrat”
auf der ba website ist Frau jantzen weiterhin im Amt
hat der bürgermeister nun gelogen, oder weiß – außer ihm -keiner von seiner neuen funktion
http://www.berlin.de/ba-charlottenburg-w..
jedenfalls auf der website
nächste woche auf der senioren bv wird Herr Naumann gegenüber dem bürger*in stellung beziehen müssen…
dolle ist dazu, dass er dann noch zeit für 20 dienstreisen ins ausland hatte
http://www.berlin.de/ba-charlottenburg-w..
mit der “windungsreichen” antwort “unseres” Bezirks Sultans
s.a.
http://www.berlin.de/ba-charlottenburg-w..