Entdeckungen in Venedig und Berlin
Carlos Hulsch stellt Efraim Habermann ausDas macht den Unterschied: Während unsereins in Venedig den Gondoliere, den Markusplatz mit seinem Tauben und den Dogenpalast rundum abfotografiert, geben uns Künstler wie Efraim Habermann ein Gefühl für diese Stadt, lassen die Menschen darin aufleben und uns deren Sorgen und Freuden spüren.
Für solche Erlebnisse lohnt sich der Blick in das Foyer des Hotels „abba“ in der Lietzenburger Straße 89, wo seit geraumer Zeit die Galerie Hulsch wegen des bevorstehenden Abrisses des Ku’dammkarrees ihre neue Heimat gefunden hat. Bis zum 11. August ist dort die Ausstellung: „Efraim Habermann: s/w-Leica-Fotos auf Barytpapier und Aquarelle“ zu sehen.
Ein Blick wird aber nicht genügen, um sich die Schönheit der Bilder zu erschließen. Während der Knipser in seinen Venedigbildern nur eine Gedankenstütze für seine Reiseerinnerungen hat, die nach einem kurzen Blick wieder aus dem Gedächtnis abgerufen werden, muß man bei einem Künstler wie Efraim Habermann dagegen schon länger hinschauen, um aus den Grautönen eines Schwarz-Weiß Fotos die Geschichten herauszulesen, die zwischen Licht und Schatten verborgen sind.
Original in der Ausstellung im Hotel „abba“ zu sehen.
Es sind Straßenfotos, wie sie Henri Cartier-Bresson oder Robert Doisneau zur Blüte gebracht haben. Bei Efraim Habermann kommen noch eine Prise Humor und ein feinsinniges Gefühl für die Bildkomposition hinzu. Ihm reichen eine „altertümliche“ Kamera mit Festbrennweite und ein Schwarz-Weiß-Film, um Geschichten zu erzählen. Auf seinen Abzügen fangen, sei es im verfallenden Venedig oder im politisch geteilten Berlin, Mauern zu sprechen an, blickt im Porträt ein Adliger im Standesdünkel vergangener Zeiten hochnäsig auf ein heutiges Mädchen herab, und wird in Berlin vor frei herumspringenden Känguruhs gewarnt.
Efraim Habermann kehrte1957 nach Berlin zurück, das er neunjährig mit seinen Eltern wegen des Rassenwahns der Nazis verlassen mußte. Erst hier wurde der heute 83jährige Künstler Fotograf. Einer seiner ersten Galeristen ist Carlos Hulsch.
Entsprechend der Gepflogenheiten in einem Hotel ist die Ausstellung zwischen10 und 22 Uhr zugänglich und der Eintritt frei.
Frank Wecker
FW - Gastautoren, Kunst und Kultur - 04. Juni 2017 - 00:24
Tags: ausstellung/fotografie/galerie/malerei
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