Gedenken an Bezirksamts-Zwangsarbeiter ohne Hausnummer?
Eine Schmierenkomödie der SPD, Stichwortgeber: CDU, gilt es im nachhinein zu bewundern:
Am Dienstag (13. Juni) befaßte sich der Kulturausschuß mit einem überfraktionellen Antrag für die Juni-BVV, in dem „das Bezirksamt beauftragt (wird), eine Gedenktafel an der Wilhelmsaue 40 in Wilmersdorf anzubringen, die an das Zwangsarbeitslager des Bezirksamtes Wilmersdorf sowie alle Zwangsarbeitslager in Wilmersdorf während des Zweiten Weltkriegs erinnert“.
Alles schien geklärt. Aber dann kam die anwesende BezStRin Schmitt-Schmelz (SPD) plötzlich mit einem Brief heraus, den sie erst am Vortag erhalten hätte -- weshalb sie keine Zeit gehabt hätte, ihn zu vervielfältigen. Sie las aus ihm vor – ohne den Namen des Absenders zu nennen: Es hätte sich ein neues Dokument gefunden, aus dem sich ergebe,daß das Zwangsarbeiterlager des Bezirksamtes in Hausnummer 43 bis 46 gelegen habe – ohne daß dem Brief eine Kopie des Dokuments beilag.
Sogleich schlug BV Hartmann (CDU) vor, nunmehr die Hausnummer 40 aus dem Antrag zu streichen.
Sogleich schlug BV Schulte (SPD) vor, den Antrag zu vertagen – oder die Hausnummer 40 zu streichen.
Sogleich erklärte BezStRin Schmitt-Schmelz, sie fände es „sympathisch*, die 40 rauszulassen“.
Ergebnis der anschließenden Diskussion: Ein anonymes** Schreiben, das keiner gesehen hat und dem keine Beweise beilagen, genügte den Bezirksverordneten, um die Hausnummer 40 aus dem Entwurf zu streichen.
Warum ist die Hausnummer 40 von so großer Bedeutung? Wofür steht sie? Dort befand sich nicht nur ein „normales“ Zwangsarbeiterlager, sondern das durch Dokumente nachgewiesene Lager des Bezirksamts Wilmersdorf. Seit zwei Jahren ist es offensichtlich, daß die SPD auf jeden Fall vermeiden will, daß ihr Bürgermeister (SPD) öffentlich die historische Verantwortung dafür übernimmt, daß sein Vorgänger (NSDAP) sich Menschen aus eroberten Staaten zwangsweise als Arbeitskräfte bediente. Hatte sich die deutsche Wirtschaft samt der Bundesregierung 55 Jahre lang bis 2000 gewehrt, ihren Zwangsarbeitern auch nur eine kleine Entschädigung zu zahlen, so wehren sich SPD und CDU in unserem Bezirk auch nach 72 Jahren noch 2017 dagegen, den Zwangsarbeitern des Bezirksamts auch nur ein „Zeichen der Erinnerung“ (Prof. Wolfgang Benz) zu gewähren.
Angemerkt sei noch: Wie wenig man sich selbst
innerhalb der politischen Klasse des Bezirks auf die SPD verlassen kann,
zeigte ihre Fraktion hier, indem sie bereits zum zweiten Mal Absprachen
innerhalb ihrer Zählgemeinschaft mißachtete, weil es ihr in den Kram
paßte.
Und einen gewissen Mangel an Ernsthaftigkeit
zeigte wieder einmal ihre Kultur-BezStRin Schmitt-Schmelz, die im Laufe
der Diskussion schmunzelnd als Standort für die Gedenktafel vorschlug:
„Dann stellen wir sie halt dazwischen.“ (gemeint: zwischen Nr. 40 und
Nr. 43).
MichaelR
* „sympathisch“?
** BezStrRin Schmitt-Schmelz gab erst später auf direkte Nachfrage zu, daß der Brief vom Kulturwissenschaftler K. stammt, der seit zwei Jahren in Sachen Bezirksamts-Zwangsarbeiter als wiss. Mitarbeiter von SPD-Fraktion und BezBgm. Naumann tätig ist.
MichaelR - Gastautoren, Geschichte - 18. Juni 2017 - 00:02
Tags: bezirksamt/gedenken/nationalsozialismus/zwangsarbeit
zwei Kommentare
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Es wäre wünschenswert zu erfahren woher die Information kommt, dass ich als wiss. Mitarbeiter von SPD-Fraktion und BezBgm. Naumann tätig bin. Eine solche berufliche Tätigkeit ist mir nicht bekannt. Ich muss Herrn Dr. M. Roeder auffordern, eine solche Behauptung zu unterlassen, da sie nicht den Tatsachen entspricht.