Neue Zeichen in der Galerie Hulsch
Johann Manfred Kleber zeigt Neokubistisches, Enigmatisches und Skripturales„Skriptopath“ nennt sich Johann Manfred Kleber. Das ist beileibe nicht das einzig Originelle an diesem Künstler, dessen Arbeiten bis zum 20. Oktober am neuen Standort der Galerie Carlos Hulsch im Ausstellungsfoyer des „abba Berlin hotel“ in der Lietzenburger Straße 89 zu sehen sind.
Originell ist für den gestandenen Galeristen aus dem Klausenerplatzkiez, daß Johann Manfred Kleber unter den zahlreichen Künstlern seiner Galerie der einzige gebürtige Berliner ist. Dieser Hinweis ist deshalb wichtig, da der Künstler bereits im zarten Alter von fünf Jahren eine erste Arbeit vorlegte, die über 70 Jahre hinweg bis zur heutigen Ausstellung des Künstlers stilprägend ist: Nach Diktat schrieb er damals in Schönschrift: „eresimitemutsin“, was soviel wie „Ehret sie mit Demutsinn“ heißen sollte. Dem rätselhaften Sinn seiner Arbeiten, den Stiften zur Fertigung seiner ästhetisch angeordneten kalligraphischen Zeichen und dem Untergrund, Papier, Stoff und Pappe ist er bis heute treu geblieben.
Dazwischen lagen jedoch Jahre, in denen er sich zunächst als Galerist einen Namen machte. In den stürmischen endsechziger Jahren eröffnete er in Wilmersdorf nach dem Studium der Musik seine „Galerie Natubs“. Sie war eher eine Kneipe mit Ausstellungen, Lesungen, Konzerten und Filmvorführungen. Dort traten schon Größen wie h. c. Artmann, Nicolas Born und Günter Herburger auf. Noch erfolgreicher wurde die gemeinsam mit seiner Frau gegründete „Galerie Kleber“, für die er Künstler wie Johannes Grützke, Manfred Bluth und Matthias Koeppel gewinnen konnte. Letzterer hielt zur Eröffnung seiner jüngsten Ausstellung die Laudatio.
Foto: Wecker
Foto: Wecker
Der künstlerische Umgang mit Zeichen beschäftigte Johann Manfred Kleber bereits während seines Musikstudiums. 1965 gab er die in Hohlschrift handgeschriebene „Festschrift für Klschtakofta“ heraus. Auch die Ankündigungen für die Veranstaltungen in der Galerie Natubs veröffentlichte er in der von ihm erfundenen Schrift „martialis klangholdis“, dem „Natubs-Offizin“.
In den heute gezeigten Arbeiten, die seit 2009 entstanden sind, haben die Zeichen keine selbständige Bedeutung mehr. Die Zahlen, Buchstaben und Hieroglyphen werden durch ihre Anordnung und Gestaltung in Szene gesetzt. Erst die Zusammenschau in der gegebenen Anordnung entfaltet deren Sinnhaftigkeit oder einfach nur den ästhetischen Reiz.
Repro: Wecker
Die Ausstellung beginnt mit drei Arbeiten unter dem Titel „Die Maße von Marilyn Monroe …“. Zwei aus jeweils ähnlichen Hieroglyphen gebildete Linien bilden in Originalgröße die legendären Kurven der Monroe nach. Damit ist der sich als neokubistisch erklärende Künstler im wahrsten Sinne des Wortes bei der figürlichen Malerei angelangt, obwohl beide Graphen ohne Bildtitel jeweils hinreichend abstrakt bleiben würden. Gegenständlich wird es, wie Matthias Koeppel feststellt, wenn in der Arbeit „Die Zigarette“ die Abstraktion zurücktritt oder im Logo der Ausstellung „Spitzohr“ einem der Leibhaftige selbst aus einem Gewirr von Buchstaben entgegen zu treten scheint.
So steht der Betrachter vor den aus verständlichen und unverständlichen Zeichen oder Primzahlen gebildeten Werken, die ihm keine Ruhe mehr lassen, weil sie einmal gesehen immer wieder zum Enträtseln auffordern, was bisweilen auch gelingen kann.
Die Ausstellung kann montags bis sonntags von 10 bis 22 Uhr besichtigt werden. Der Eintritt ist frei.
Frank Wecker
FW - Gastautoren, Kunst und Kultur - 20. August 2017 - 00:24
Tags: ausstellung/galerie/grafik/malerei
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