Eine Frau und ihre Henker
Vor 70 Jahren wurde Libertas Schulze-Boysen hingerichtetAm 22. Dezember, 20.30 Uhr jährt sich zum 75. Male die Todesstunde von Libertas Schulze-Boysen.
Die Schergen des Naziregimes zerrten die 29jährige Frau im wahrsten Sinne des Wortes in Plötzensee zum Schafott. Sie wurde geköpft, weil sie bestrebt war, das millionenfache Morden der Nazis zu beenden.
Libertas Schulze-Boysen war eines der führenden Mitglieder der größten und wirksamsten Widerstandsgruppen im Inneren des Nazireichs, der nach ihrem Ehemann Harro Schulze-Boysen und Arvid Harnack benannten Schulze-Boysen / Harnack Gruppe. Sie verfügte über weitverzweigte Kontakte in europäische Hauptstädte, nach Moskau und Washington. Dem gesamten Netz wurde von den Nazis wegen ihres Funkverkehrs der Name „Rote Kapelle“ gegeben. Der Berliner Gruppe um die Ehepaare Schulze-Boysen und Harnack gelang es unter anderem, die Aufmarschpläne der faschistischen Heere zu den entscheidenden Schlachten vor Moskau und in Stalingrad sowie auch den Termin des Überfalls auf die Sowjetunion rechtzeitig zu übermitteln. Daß diese Informationen in Moskau nicht die gebührende Bachtung fanden, ist eine weitere tragische Facette des so kurzen Lebens Libertas Schulze-Boysen.
Foto: Wecker
Eine weitere ist, daß sie nicht zu den großen Frauen des Widerstands gehörte, die „ruhig und gefaßt“ wie die Nazibeamten ihre Henkersdienste zu protokollieren pflegten, vor das Gestell mit dem Fallbeil getreten ist, sondern sich schreiend und strampelnd wehrte. Auch hielt sie den Verhörmethoden der nazistischen Geheimpolizei nicht stand. Sie gehörte zu den Schwachen, weshalb ihr auch nach dem Tod Ehrungen versagt blieben. Die Sowjetunion und auch die DDR unterließen Ehrungen, die ihren Kameraden zuteil wurden und in der BRD durften sie ihre einstigen hochprämierten Vernehmer in der Presse nochmals mit Dreck bewerfen.
Lange Zeit war es nur ihre Familie, ihre Mutter und ihre Geschwister, die das Andenken an diese Frau bewahrten, die trotz aller ihrer Schwächen haushoch über all jenen stand, die den Völkermord der Nazis, das Verheizen einer ganzen Generation für die Profite der Kriegsrüstung nicht nur duldeten, sondern mittrugen und den Fortbetrieb der Vernichtungslager verteidigten, bis das letzte MG-Nest ausgeräuchert war.
Mit der Charlottenburgerin Libertas Schulze-Boysen wurde an jenem vorweihnachtlichen Abend vor 75 Jahren das Leben zehn weiterer Mitkämpfer im Hinrichtungsschuppen von Plötzensee beendet. All ihrer sollte gedacht werden, insbesondere angesichts der Tatsache, daß Kriegsgegner erneut von Polizei, Justiz und Politikern drangsaliert werden, während sich die Aktienkurse der Rüstungskonzerne im steilen Aufstieg befinden.
Frank Wecker
FW - Gastautoren, Geschichte - 19. Dezember 2017 - 00:32
Tags: gedenken/nationalsozialismus/widerstand
zwei Kommentare
Nr. 2, jn, 22.12.2017 - 09:41 rote kapelle: mißverstanden in west wie ost – keine spionage sondern widerstandsgruppe http://www.deutschlandfunk.de/vor-75-jah.. |
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