Olav Münzberg feiert 80. Geburtstag
Würdigung eines verdienstvollen CharlottenburgersMit einer Gala wird am Sonnabend, 17. November, an der Deutsch-Polnischen Studiobühne „Teatr Studio“ das Lebenswerk des Charlottenburger Publizisten Olav Münzberg gewürdigt. Anlaß ist sein 80. Geburtstag, den er am 25. Oktober beging.
Das wird für die Mitarbeiter der Schauspielschule Transform, seiner von ihm mitgegründeten jüngsten Wirkungsstätte, wo er bis ins hohe Alter Theater- und Kunstgeschichte, Ästhetik und Literatur lehrt, eine schwierige Aufgabe, denn allein das Verzeichnis seiner Publikationen umfaßt über 400 Einträge. Er schrieb Lyrik, Prosa, Sachbücher, Essays, wissenschaftliche Abhandlungen und Aufsätze. Neben diesem gewaltigen Schrifttum und der Schauspielschule mit dem dazugehörigen deutsch-polnischen Theater „Teatr Studio“ hat er noch mehr Bleibendes geschaffen, das bis heute das kulturelle Leben in Charlottenburg prägt und weit über die Landesgrenze hinaus Ausstrahlungskraft besitzt. Dazu gehört beispielsweise das Literaturhaus in der Fasanenstraße. Die Gründung des Literaturhauses geht auf jene Zeit zurück, als der Jubilar Vorsitzender der Neuen Gesellschaft für Literatur Berlin und von 1989 bis 1991 Vorsitzender des Berliner Schriftstellerverbandes war. Mit Stefan Heym gründete er damals den ersten Gesamtberliner Schriftstellerverband. Die damit verbundenen politischen Auseinandersetzungen begleitete er als Mitglied der Geschichtskommission des Bundesverbandes.
Foto: Wecker
Die Hinwendung zur deutsch-polnischen Theaterkunst geht nicht nur auf seine Liebe zu der großartigen polnischstämmigen Künstlerin Janina Szarek, zurück, mit der er sich die künstlerische Leitung von Theater und Schauspielschule teilt. Die Annäherung der ost- und westdeutschen Poeten fand nicht auf neutralem Boden, sondern auf dem Wasser statt. Der gesamtdeutsche Verband der Schriftsteller unternahm Kreuzfahrten auf der Ostsee und im Schwarzen Meer. Für den Berliner Landesverband initiierte Olav Münzberg einen „deutsch-polnischen Poetendampfer“, mit dem die Literaten auf dem Grenzfluß Oder schipperten. Die poetische deutsch-deutsche Annäherung schlug gleich nach Polen über, Olav Münzberg wurde Redakteur der deutsch-polnischen Zeitschrift „Wir“ und Vorsitzender des gleichnamigen Vereins.
Dieser deutsch-polnische Ausgleich im Zuge der Wiedervereinigung war ihm auch deshalb wichtig, weil er vor 80 Jahren im heute polnischen Gleiwitz, wo der II. Weltkrieg seinen Ausgang nahm, geboren wurde. Als Flüchtlingskind wuchs er in Unterfranken auf, und als Student kam er 1962 nach Charlottenburg, wo er seither lebt. Hier erregte er erstmals mit einem Straßentheater am Wittenbergplatz Aufsehen. Das entstand mitten in den Studentenunruhen und war von solcher durchschlagenden Wirkung, daß den Künstlern Prügel angedroht wurden. Die Wege der Mitwirkenden führten dann entweder zum Gripstheater oder zur Schaubühne. Olav Münzberg sollte sich aber erst in seinem siebten Lebensjahrzehnt wieder mit dem Theater beschäftigen. In der Zwischenzeit widmete er sich der bildenden Kunst. Er organisierte in Berlin aufsehenerregende Ausstellungen wie die der mexikanischen Wandmaler Orozco, Rivera und Tamayo im Schloß Charlottenburg.
Frank Wecker
FW - Gastautoren, Menschen im Kiez - 17. November 2018 - 18:24
Tags: ausstellung/literatur/schauspieler/theater
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