Der 1. FC Wilmersdorf will mehr als nur ein Fußballverein sein
An Werktagen sind die beiden Sportplätze im Volkspark Wilmersdorf bis mittags den Schulen vorbehalten. Ab 15 Uhr ist dann der 1. FC Wilmersdorf dran. Am frühen Abend trainieren mehrere der zwei Dutzend Kinder-, Jugend- und Erwachsenenmannschaften gleichzeitig, dabei sind auch Mädchen zu sehen. „Die machen bei den Jungen mit‟, erklärt der erster Vorsitzende Hamudi Mansour. „Wir möchten eine reine Mädchenfußballgruppe gründen, aber leider fehlt uns die notwendige Infrastruktur wie zum Beispiel zusätzliche Kabinen ... und die politische Unterstützung.‟
Zur Zeit ist der Verein auf den Jugendbereich konzentriert. „Wir haben etwa 600 Mitglieder, Hundert sind Senioren, also ab 18 Jahre. Alle anderen 500 sind Jugendliche und Kinder bis zum Kindergarten. Im Augenblick sind wir damit beschäftigt, für sie neue Trainer zu gewinnen und auszubilden, ebenso Schiedsrichter und Torwarttrainer. Uns ist wichtig, daß bei uns nur Trainer mit Lizenz arbeiten.‟
107 Jahre Fußballverein
Der Verein wurde 1911 gegründet als Wilmersdorfer SC. Seit der Fusion mit SV Preußen Wilmersdorf im Jahr 1989 nennt er sich 1. FC Wilmersdorf 1911 e.V. Seine erste Herrenmannschaft ist heutzutage vorwiegend in der siebten Spielklasse (Landesliga) aktiv. „Nachdem unsere erste Mannschaft nach sieben Jahren Berlin-Liga absteigen mußte, ist es unser Ziel, junge Spieler zu gewinnen, und zwar solche, denen es auch um den Verein als solchen geht und nicht nur um eine ordentliche Aufwandsentschädigung. Wir wollen nämlich unser Geld lieber in die Jugendarbeit stecken.‟ In dieser Saison spielt der 1. FC in der zweiten Staffel der Landesliga und hat sich zum Jahresende einen Platz im oberen Drittel der Tabelle erspielt.
„Wir wollen unseren jugendlichen Mitgliedern nicht nur Fußball beibringen, sondern auch ihre Persönlichkeit entwickeln. Dazu gehört zum Beispiel Teambildung an der Kletterwand, wo sie sich aufeinander verlassen lernen. Oder: Da unsere Jugendlichen aus Ländern mit ganz unterschiedlichen Religionen stammen, versuchen wir ihnen die Religionen der anderen näherzubringen. Das ist gar nicht so schwierig, denn Kinder sind von Natur aus offen und tolerant. Und noch ein Beispiel: In diesem Sommer haben wir mit der AOK ein Feriencamp für behinderte Kinder durchgeführt. Der für Sport Zuständige war an uns mit dem Vorschlag herangetreten. Das Camp dauerte drei Tage, es gab Kleidung, Trainer, Fußball und Bewegungssport und jeden Tag ein gemeinsames Frühstück und Mittagessen umsonst. Wir hatten 150 Bewerbungen für die 30 Teilnehmerplätze.‟
Ein weiteres Anliegen des Vereins ist die Arbeit mit jugendlichen Immigranten. Dabei unterstützt man sie auch bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz oder Arbeitsplatz. „Aber natürlich übernehmen wir nicht einfach für sie die Suche. Das müssen sie schon selbst tun. Wir weisen sie ins Internet ein. Außerdem organisieren wir Treffen mit den Inhabern von Betrieben. Unser großes Plus gegenüber anderen Organisationen ist dabei natürlich, daß sie bei uns Fußball spielen können – und das wollen sie alle.‟
Was ist eigentlich mit Kindern oder Jugendlichen, deren schulische Leistungen nicht stimmen – können die mitspielen? „Ja, natürlich – aber wir würden uns gern mehr um sie kümmern, um Schule und Sport in Einklang zu bringen. Wir schauen auch schon heute mal auf die Zeugnisse, um zu verhindern, dass jemand, der vielleicht schwach in Mathe ist, noch weiter abrutscht. Was uns vorschwebt, ist, Hausaufgabenhilfe anzubieten. Aber so weit sind wir noch nicht.‟
Mehr Platz fürs Vereinsleben
Wer schon einmal in der Geschäftsstelle des Vereins war, weiß, wie eng es dort ist. Alles, was für den Betrieb notwendig ist, also Mitgliederbetreuung, Organisation des Spielbetriebs, interne Besprechungen, Pressegespräche usw., findet in einem einzigen Raum statt. Für alles andere war dort nicht genug Platz, für Elternabende zum Beispiel mußte man bis vor kurzem auf die Bänke im Volkspark ausweichen. „Als dann vor ungefähr drei Jahren das Gebäude des Grünflächenamts gleich nebenan abgerissen werden sollte, hatten wir uns als erste ans Bezirksamt gewandt und gesagt: Nicht abreißen, wir haben Interesse! Es gab dann im Herbst 2016 ein Treffen bei den zuständigen Bezirksstadträten. Dort hatten auch wir uns beworben.‟ Aber bekanntlich bekam der 1. FC nicht den Zuschlag. „Stattdessen ergab sich kürzlich eine bessere Alternative, als nämlich die Pacht für die Gaststätte hier auf dem Gelände auslief und neu ausgeschrieben wurde. Jetzt sind wir dort Pächter, und wir haben endlich genug Platz für unser Vereinsleben: für Elternabende, Besprechungen oder Projekte mit Immigranten. Auch nutzen manche unserer jüngeren Mitglieder den Raum für Hausaufgaben.‟
Für den kommenden Februar plant der Verein ein weiteres Feriencamp für Kinder im Alter von 4 bis 13 Jahre.
1. FC Wilmersdorf 1911 e.V., Straße am Schoelerpark 39, Tel.: 530 960 44 (Di/Mi 17-19 Uhr), Website: www.fcwilmersdorf.de. Trainingszeiten: Mo-Fr 15-22 Uhr, Sa/So 9-18 Uhr
MichaelR
MichaelR - Gastautoren, Menschen im Kiez - 29. Dezember 2018 - 23:24
Tags: fussball/sport/volkspark
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