Die Prinzessin und der Zwerg
Deutsche Oper entdeckt Alexander von ZemlinskyAm Sonntag, 24. März, 18 Uhr hat an der Deutschen Oper in der Bismarckstraße 35 „Der Zwerg“ von Alexander von Zemlinsky Premiere.
Der österreichische Komponist hatte seine Wirkungsstätten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vornehmlich in Wien, der deutschsprachigen Künstlergemeinde von Prag und gezwungenermaßen im US-amerikanischen Exil. Ab 1927 gab es auch ein sechsjähriges Intermezzo in Berlin. Dort komponierte er unter anderem die Oper „Der Kreidekreis“ nach Klabund, ein Soff, den Bert Brecht später aufnahm, und als Kapellmeister an der Krolloper war er musikalischer Leiter der Berliner Aufführung von Kurt Weills Oper „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ nach dem Libretto von Bert Brecht. „Der Kreidekreis“ war ein Hochzeitsgeschenk an seine Geliebte Louise Sachsel, die er 1930, ein Jahr nachdem seine Frau Ida gestorben war, heiratete. Die große Liebe seines Lebens war jedoch seine junge Kompositionsschülerin Alma Schindler, die wandte sich jedoch einen anderen großen Komponisten, Gustav Mahler, zu. Von Gustav Klimt über die Gebrüder Mann bis zu Igor Strawinsky hat diese ungewöhnliche Frau zahlreiche große Künstler ihres Jahrhunderts inspiriert. Letztlich ist ihr auch die Oper „Der Zwerg“ zu verdanken.
das LiebespaarAlma Schindler und Alexander von Zemlinsky.
Foto: Wecker
in die Infantin Donna Clara Elena Tsallagova.
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Der Grund, warum sie wohl Gustav Mahler, dem Bauhausgründer Walter Gropius und Franz Werfel, nicht aber Alexander von Zemlinsky, das Jawort gab, lag an der Häßlichkeit des letzteren. Am 21. April 1901 vertraut sie ihrem Tagebuch an: „Wenn ich mit Z. am Altar stehen würde – wie lächerlich das doch sein würde … Er so häßlich – so klein, ich so schön – so groß.“ Auf diese Ehrverletzung folgte die nächste, diesmal beruflich. Zu den Kompositionsschülern von Zemlinsky gehörte neben Alma Schindler auch Arnold Schönberg. Gerade als Zemlinsky die Zurückweisung durch seine Geliebte in der Orchesterphantasie „Die Seejungfrau“ verarbeitet, tritt sein Schüler mit der symphonischen Dichtung „Pelleas und Melisande“ hervor. Beide Werke wurden am 25. Januar 1905 in Wien im gleichen Konzert uraufgeführt, wobei das Werk des Schülers das des Lehrmeisters überstrahlte. Zemlinsky legte danach keinen Wert mehr auf eine Aufführung der Seejungfrau. Nur an einer Stelle nimmt er in der Oper „Der Zwerg“ das Hauptthema aus dem verschmähten Stück wieder auf.
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Beide Schicksalsschläge sind der Stoff, aus dem die Oper ist. Vorlage ist das Kunstmärchen von Oscar Wilde: „Der Geburtstag der Infantin“. Prinzessin Donna Clara bekommt zu ihrem 18. Geburtstag vom türkischen Sultan einen Zwerg geschenkt, der eine außergewöhnliche musikalische Begabung besitzt. Dieser Mißgestalt gelingt es tatsächlich, die Prinzessin mit seiner Musik zu verzaubern. Der Zwerg verliebt sich in die Prinzessin, ist sich jedoch seines häßlichen Äußeren nicht bewußt. So wird ihm nicht klar, daß die Prinzessin mit ihm nur ein kokettes Spiel treibt. Erst im Spiegel wird er sich seiner Ausstrahlung gewahr, woraufhin er aus Verzweifelung stirbt. Höchstes künstlerisches Vermögen konnte letztlich nicht die körperliche Abneigung überwinden, die Ästhetik vermochte nicht, die Fratze zu verdecken.
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Regisseur Tobias Kratzer, der zum ersten Mal an der Deutschen Oper arbeitet, hat dem einen Prolog vorangestellt, worin zur Musik von Arnold Schönberg Adele Eslinger-Runnicles und Evgeny Nikiforov als Alma Schindler beziehungsweise Alexander von Zemlinsky die pikante Vorgeschichte dieser Oper darstellen.
Generalmusikdirektor Donald Runnicles selbst bringt die in dieser Oper in Musik geronnene Leidenschaft, Verzweifelung und Demütigung zu Gehör. Mit Elena Tsallagova als Donna Clara und Emily Magee als Ghita stehen ihm ausgezeichnete Solisten zur Verfügung, die die Partien auch darstellerisch realisieren können. Bei der Darstellung des Zwerges werden Stimme und Körper getrennt. Die Stimme verleiht David Butt Philip der Figur, den Körper Mick Morris Mehnert.
Die nächsten Vorstellungen nach der Premiere sind am 27. und 30. März sowie am 7. und 12. April. Karten können unter Telefon 343 84 343 und im Internet unter www.deutscheoperberlin.de bestellt werden.
Frank Wecker
FW - Gastautoren, Kunst und Kultur - 23. März 2019 - 22:54
Tags: gesang/konzert/oper
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