Unter Leuten in Brandenburg
Heimatkomödie im Schillertheater(Katrin Hauptmann), der Großinvestor (Jan Kersjes) und Ökofreak (Julian Mehne)
streiten um die Zukunft des Dorfes, während der Ossibürgermeister
(Matthias Zahlbaum) deppert im Abseits stehend das Geschehen verfolgt.
Foto: Wecker
Wer mal über Land ins Brandenburgische gefahren ist, kann all die Typen treffen, die seit Sonntag, 28. April, die Bühne des Schillertheaters bevölkern:
Den mürrischen Schlosser in einer heruntergewirtschafteten Werkstatt, den früheren Großbauern, der in der LPG den Sozialismus überwintert hat, um nun an smarten Finanzhaien zu scheitern, den überforderten neuen Bürgermeister, den aus tiefstem Wessiland angereisten Großinverstor, der den Bauern das Blaue vom Himmel verspricht, die fesche Reiterin mit Geschäftssinn, die clever Hobby und Landspekulation zu verbinden weiß, der ambitionierte Umweltschützer, der jede Veränderung blockiert, um seine Vorstellungen einer heilen Naturwelt in der schon unter Friedrich II. umgekrempelten Landschaft der Mark zu verwirklichen oder den früheren LPG-Brigadier, der die einstige Bodenreform mit wehenden roten Fahnen verteidigen will. Die aus dem Westen Zugewanderten und Einheimischen treffen 20 Jahre nach der Wende, genau am 24. Juli 2010, aufeinander, um ihr Glück bei einer Bodenspekulation für einen Windpark zu machen. Da werden alle hehren Werte vergessen und mit brutalen Mitteln um den persönlichen Erfolg gekämpft. Einzig der frühere Großbauer, dem die alte Dorfgemeinschaft alles Übel zuschreibt, gewinnt eine gewisse moralische Überlegenheit. Spätestens da gleitet das vom Roman „Unterleuten“ der mehrfach preisgekrönten Autorin Juli Zeh adaptierte Stück ins Klischeehafte, was im Osten nicht gut ankam. Das Stück wurde bereits in Potsdam und Weimar gezeigt. Das mag an überlebten Dummheiten liegen, die kolportiert werden, so von der Stasi, die bereits im Kindergarten die Gespräche überwacht und Eifersuchtsfälle geklärt hatte. Die Wessis sind im Charakter schmierig, die Ossis im Äußeren, so daß wie im Krieg die Fronten sofort unterscheidbar sind. Die verwickelten Handlungsstränge führen letztlich tatsächlich zum Krieg mit Mord und Totschlag, Flammenwerfern und brennenden Autoreifen. Der Streit geht um die wirtschaftliche Zukunft zwischen Ökoland, Windpark und Tourismus.
sind Ilona Schulz und Dirk Schoedon zu sehen.
Foto: Wecker
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mit Julian Mehne, Juliane Götz, Josip Culjak und Esther Agricola.
Foto: Wecker
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Dieser Wermutstropfen sollte nicht vom Besuch der vortrefflichen Inszenierung abhalten, die von Tobias Wellemeyer besorgt wurde, der das Stück schon während seiner Intendanz am Hans-Otto-Theater inszenierte. Von dort hat er eine Reihe Schauspieler mitgebracht, die dem Theater viel Ehre eingebracht haben, teils einem größeren Publikum aus Film- und Fernsehproduktionen bekannt sind, und nun im berühmten Schillertheater zu erleben sind.
Das Stück ist bis 19. Mai in der „Komödie am Kurfürstendamm im Schiller Theater“ Bismarckstraße 110 zu sehen. Karten ab 13 Euro können unter T. 885 911 88 und im Internet unter www.komoedie-berlin.de bestellt werden.
Frank Wecker
FW - Gastautoren, Kunst und Kultur - 29. April 2019 - 00:21
Tags: komödie/schauspieler/theater
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