Sumo zum Zweiten
Helmut Newton Stiftung erinnert an einen legendären BildbandDie jüngste Ausstellung der Helmut Newton Stiftung ist eine Wiederbegegnung, zugleich über bislang Gezeigtes hinausgehend, was sie auch für Kenner besuchenswert macht. Sie widmet sich der 20. Wiederkehr der Veröffentlichung des monumentalen Kunstbuchs „Helmut Newton’s SUMO“.
Das Buch ist eine in Buchform präsentierte Sammlung von 464 Postern im Format von 70 mal 50 Zentimetern. Damit überschreitet es die Grenze des handhabbaren, denn es in die Hand nehmen und durchblättern könnten nur Riesen. Um das 30 Kilogramm schwere Buch betrachten zu können, wurde dafür von Philippe Starck eigens ein Sumo-Tisch entworfen. Das Buch wurde in einer Auflage von 10 000 Exemplaren gedruckt, die alle von Helmut Newton signiert wurden. Ein auf der Frankfurter Buchmesse präsentiertes Exemplar wurde von zahlreichen der darin abgebildeten Prominenten signiert. Dieses Exemplar wurde für 620 000 Mark versteigert und gilt damit als das teuerste Buch des 20. Jahrhunderts.
Hinter diesem Sensationsgeheisch steht ein epochaler Umbruch: Der Einzug der digitalen Technik in Druck und Fotografie. An deren Ende war all das über Jahrhunderte gesammelte Wissen über Film-, Papier- und Filterqualitäten, über Drucktechniken und Satzgestaltung überflüssig. Aber bevor es soweit war, konnte mit Büchern wie „SUMO“ die gesamte Leistungsfähigkeit der analogen Technik gezeigt werden, an deren Qualität die digitale Technik damals noch nicht herankam. Heute ist absehbar, daß über kurz oder lang selbst mit Handykameras diese Qualität erreicht werden wird.
und dem Direktor der Helmut Newton Stiftung Matthias Harder.
Foto: Wecker
Foto: Wecker
Das Deja vu rührt auch daher, daß bereits vor zehn Jahren in der Helmut Newton Stiftung dieses Buch praktisch aufgelöst und an den Galeriewänden als Ausstellung präsentiert wurde. Jetzt hängen die Bilder erneut an der Wand, in der gleichen Reihenfolge, wie sie auch im Buch geheftet sind.
Wie es bei den Ausstellungen in der Helmut Newton Stiftung üblich ist, werden jeweils mit der Sonderausstellung auch Arbeiten von Fotografen ausgestellt, die mit denen von Helmut Newton korrespondieren. Auch hier folgt die Stiftung der Präsentation von vor zehn Jahren, indem sie erneut die damaligen Assistenten von Helmut Newton: Mark Arbeit, George Holz und Just Loomis, die „three boys from Pasadena“ präsentiert. Inzwischen haben diese Fotografen ihre eigene Bildsprache weiterentwickelt und ein Werk geschaffen, das heute nicht mehr wie vor zehn Jahren in einem Gemeinschaftsraum versammelt werden kann, so daß jetzt jeder seinen eigenen Raum bekommen hat.
Stiftuingsdirektor Matthias Harder und die Fotografen Mark Arbeit
sowie George Holz vor Postern von Helmut Newton.
Foto: Wecker
Mark Arbeit legte seine Aktmodelle gleich auf Fotopapier und zeigt so lebensgroße Fotogramme, die er um Fotogramme von Spielzeugpuppen ergänzt, womit er auf eine Sammelleidenschaft Helmut Newtons anspielt. Für seine Serie von Torsi wählte Mark Arbeit etwas fülligere Modelle. Diese Fotos erinnern an Fundstücke antiker Plastiken stehen aber dem antiken Schönheitsideal diametral entgegen. Just Loomis hat einige seiner Backstage-Arbeiten mitgebracht. Er zeigt die Schattenseite der glitzernden Modewelt. In direkter Nachfolge von Helmut Newton steht George Holz mit seiner Beauty-, Mode- und Aktfotografie. Er zeigt zahlreiche Porträts bekannter Hollywoodgrößen sowie neuere Aktbilder. Eines der aufsehenerregendsten Bilder ist das Doppelporträt von Donald Trump mit dem Model Melania Knauss, heute Melania Trump, vor einer US-Fahne. Das Foto wurde im Trump-Tower aufgenommen, als Donald Trump noch weit entfernt davon war Präsident der USA zu werden.
und Matthias Harder haben sich hinter dem Großbildband „SUMO“ versammelt.
Foto: Wecker
Von großem Interesse in dieser Ausstellung ist ebenso, daß erstmals die private Fotosammlung von Helmut und June Newton gezeigt wird. In „June’s Room“ hängen zahlreiche Ikonen der Fotografiegeschichte; Porträts von August Sander, Alberto Korda und Irving Penn, Aktbilder von Man Ray, Robert Mapplethorpe und Diane Arbus, Tom Kelley, Modeaufnahmen von Horst P. Horst und Richard Avedon sowie Landschaften von Franco Fontana und Peter Beard.
Die Ausstellung wird bis zum 10. November 2019 in der Jebensstraße 2 gezeigt. Der Eintritt beträgt 10 Euro. Die Ausstellung ist außer montags täglich von 11 bis 19 Uhr, donnerstags bis 20 Uhr geöffnet.
Frank Wecker
FW - Gastautoren, Kunst und Kultur - 14. Juni 2019 - 00:04
Tags: ausstellung/fotografie/museum
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