Bücher zu verschenken
Umsonst ist der Tod, und der kostet das Leben. Dieser Spruch, dem viel sagenden Volksmund zugeschrieben, bringt eine weit verbreitete Ansicht über den Preis, den jedes Gut hat, zum Ausdruck. Es will einfach nicht in eine vom Markt dominierte Gesellschaft passen, dass man für ein Produkt überhaupt nichts zahlen muss. Zahllose Ramschläden in den Ladenpassagen nennen für ihre Artikel die Schmerzgrenze von zumindest einem Euro. Und doch gibt es hier im Kiez seit Kurzem eine Adresse, die ihre Ware gratis anbietet. Seit dem 15. Oktober logiert die „Bücherbörse“ in der Knobelsdorffstr. 33. Hier werden Bücher, Tonträger und Videos kostenlos an Bedürftige abgegeben. Das sind im Selbstverständnis des Ladens Menschen mit einem monatlichen Budget von unter € 900,-.
Das einfach und einladend eingerichtete Ladenlokal ist zweigeteilt. Im vorderen Raum finden sich Bücher aus dem Feld der unterhaltenden Literatur. In den Regalen stehen die Abenteuer der Angelique von Anne Colon, zahlreiche Romane von Johannes Mario Simmel und Agatha Christie, Bücher von Ingrid Noll ebenso wie die Klassiker „Und ewig singen die Wälder“ und „Das Wirtshaus im Spessart“. Im hinteren Raum befinden sich Sachbücher (Reiseführer, Rechtsratgeber, Historisches, Häkeltipps und Kochbücher) und Musik von J. S. Bach bis Alexandra auf angejahrten Speicherformaten wie der Schallplatte und der Cassette. Es sind Anwohner des Kiezes, die aus welchen Gründen auch immer sich von ihren Schmökern trennen und sie der Bücherbörse schenken. Zur Zeit sind etwa 4 500 Titel im Angebot.
Die Bücherbörse ist ein Projekt des Trägers Systemdata und wird gefördert vom JobCenter Charlottenburg-Wilmersdorf. Der Betrieb der Einrichtung wird von MAE-Kräften geleistet. Eine freundliche Dame, die die ausgegebenen Bücher im Rechner registriert, sagt von sich und ihrer Stimmung im Projekt: „Wo Bücher sind, da bin ich nicht weit.“ Zum Angebot der Bücherbörse gehört neben der Sichtung und Ausgabe der Bände auch deren einfache Restaurierung. Die mitzunehmenden Bücher sind zwar in gelesenem, aber akzeptablem Zustand; so mancher Buchrücken wurde von den Mitarbeitenden neu geklebt. Die zahlreichen Bücher warten auf neue Leser, auf dass sie wieder Teil des Kreislaufs der Ideen, der Buchstaben und des Wissens werden. So werden sie zur Antithese eines weiteren Spruches: Was nichts kostet, ist nichts wert. Denn ihr Inhalt bleibt ja unverändert, er verschwindet nicht beim Lesen.
Bücherbörse
Knobelsdorffstr. 33
Tel. 3030 1357
Montag bis Freitag von 8:00 bis 18:00
Andrea Bronstering - Gastautoren, Kunst und Kultur - 24. November 2008 - 00:37
Tags: bücherbörse/kiez/klausenerplatz
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