Neuer Wehrbeauftragter will Krieg gesellschaftsfähig machen
Es gibt ab dem 1. Mai einen neuen Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, Herr Königshaus von der FDP. Er forderte schon mal im voraus, am 24.3. im ZDF-Morgenmagazin, 'mehr gesellschaftliche Anerkennung und Interesse für die Bundeswehr': "Die Soldaten müssen das Gefühl haben, daß ihre Opfer und Belastungen Anerkennung finden." (FR-online 25.3.10)
'Mehr Interesse für die Bundeswehr': da hat Herr Königshaus völlig recht, es sollte sogar viel mehr Interesse geben, nämlich dafür, daß bei den Steuerzahlern jährlich mindestens 31 Milliarden Euro eingesammelt werden, um einen Militärapparat auf- und auszubauen, dessen Aufgabe schon lange nicht mehr die Landesverteidigung im Falle eines bewaffneten Angriffes ist (so eigentlich das Grundgesetz in den Artikeln 87a und 115a), sondern die weltweite Führung von Kriegen. Die Fähigkeit dazu wird seit den 90er Jahren hergestellt mit dem Umbau der Bundeswehr - im Rahmen der Nato - zur Interventionsarmee.
Unter diesen Umständen wäre es aus Sicht dieses Wehrbeauftragten (wie aus Sicht der gesamten politischen Klasse) natürlich schön, wenn die Bereitschaft der Bundesregierung zum Kriegführen - beim designierten Wehrbeauftragten zeitgemäß als "Opfer und Belastungen der Soldaten" personalisiert - von der Bevölkerung "anerkannt" und somit gebilligt würde. Das wäre deshalb schön, weil damit 1. der politischen Klasse freie Hand bei ihren weltweiten Plänen gelassen würde und 2. niemand auf die Idee kommen könnte, zu fordern, daß der größte Teil des "Verteidigungsetats" in diesen Zeiten der "knappen Kassen" - die die politische Klasse im übrigen voll zu verantworten hat, denn sie allein verfügt über die Steuergelder - zum Ausgleich der geplanten Einsparungen zu Lasten der Steuerzahler verwendet wird.
Tatsächlich lehnt jedoch eine Mehrheit von 69 Prozent der Bundesbürger inzwischen den Afghanistankrieg ab: Es gibt einfach zu wenig Bereitschaft unter den Deutschen zur "Anerkennung" für staatliches Töten, Verstümmeln, Zerstören. Und eigentlich wäre es an der Zeit, auch den "Verteidigungsetat" zur Diskussion zu stellen.
Übrigens: Aufgabe des Wehrbeauftragten ist eigentlich, die Grundrechte der Soldaten zu schützen (Artikel 45b). Eine zentrale Stellung hat dabei das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Artikel 2). Wäre es bei bisher 35 toten und etlichen verwundeten Soldaten (und drei toten Polizisten) allein in diesem Krieg nicht endlich angebracht, daß dieser Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages es mit seinem verfassungsmäßigen Auftrag ernst nimmt?
MichaelR
Michael R. - Gastautoren, Politik - 28. März 2010 - 17:15
Tags: afghanistan/afghanistankonflikt/bundeswehr/krieg
drei Kommentare
Nr. 3, Michael, 09.04.2010 - 14:11 Der Friedensforscher und Sprecher des "Bundesausschusses Friedensratschlag" zum weiteren Verbleib der Bundeswehr in Afghanistan (FR, 7.4.): http://www.fr-online.de/in_und_ausland/p..& |
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Hier ist von strategischen Überlegungen die Rede, wie man die europäischen Bevölkerungen beeinflussen könnte …....
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/32/323..