StadtNatur (30.09.2010)
und Großstadttierchen
Heute: Willi, die Maus
Seit vielen, vielen Jahren lebte ein bunte Schar von Tieren in der
Nehringstraße - Vögel, Käfer, Schmetterlinge neben vielen anderen,
manche erzählten sogar von Fledermäusen, und natürlich kleine flinke
Mäuse. Früher jagten schon mal Kowalskis Katzen hinter ihnen her, später
dann der eine oder andere wilde Hinterhof-Streuner. Da war die Welt
noch in Ordnung, denn das gehört schließlich alles zum Wesen der Natur.
Eines Tages war es jedoch vorbei mit dem, im großen und ganzen, friedlichen
Leben in ihrem kleinen Paradies auf dem wunderbar verwilderten Gelände
der ehemaligen Kohlenhandlung. Eine mächtige, monströse Riesenratte stand vor der
Hofstür. Eine ganze Schar von Katzen wäre dagegen das reinste Himmelreich gewesen. Lärmend, qualmend, stinkend und quietschend startete die
gigantische stählerne Riesenratte und zerstörte alles rücksichtslos. Da waren die
Tiere machtlos und es blieb ihnen nichts übrig, als eilig zu flüchten.
(Und manchmal soll es ja Zweibeinern auch nicht anders ergehen.) Sie
wollten natürlich schon hier in der Gegend bleiben. Also gingen sie auf
die Suche: ein Hinterhof vielleicht, den Klausenerplatz, eine
Freifläche? Ein schönes Plätzchen halt, ohne Riesenratten, mit
angenehmeren Nachbarn. Einigte legten sogar eine größere Strecke zurück -
ob der Tipp von einem Vogel kam? Schnell des Nachts noch den
gefährlichen Spandauer Damm überquert und da lag er: der Schloßpark
Charlottenburg.
Dort traf ich die Maus wieder. Gerade als ich sie fotografierte, hörte ich hinter mir eine Stimme: "Das ist Willi!". Es war ein älterer Herr aus der Seniorenwohnanlage, dort wo auch der Seniorenclub Mollwitzstraße liegt. "Ah ja, man kennt sich also", drehte ich mich um. "Ja ja, das ist Willi", kam die Antwort und wir unterhielten uns noch eine ganze Weile. Jetzt war mir auch klar, warum sich Willi so mit aller Ruhe in dieser Nähe knipsen ließ - denn das war mir vorher noch nie gelungen. Viel zu schnell flitzen sie sonst immer davon, bevor man überhaupt auf den Auslöser drücken kann. Willi hat also nette Nachbarn gefunden und offensichtlich bemerkt, daß Menschen nicht unbedingt mit rücksichtslosen Monstern in Verbindung gebracht werden müssen.
Und hier wohnt Willi. Nix mit überflüssigem Entrée-Ensemble, auch ohne Namensschild am Eingang - dafür aber mietfrei, wie es sich gehört.
- Kiez - 30. September 2010 - 00:02
Tags: berlin/charlottenburg/kiez/klausenerplatz/maus
zwei Kommentare
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maho, tolles Foto – mal wieder zur rechten Zeit am rechten Ort gewesen! Übrigens ist das eine Brandmaus: die ist westlich der Elbe richtig selten, Brandmäuse sind also echte Ossis :) Gerade hab ich auch eine gesehen, die hatte sich vor mir zu verstecken versucht … hinter einem Grashalm. Wie süß war das denn? Grüße