Gedenken an Charlottenburger Gegner des Nationalsozialismus (10) - Josef Zauritz
Josef Zauritz war 35 Jahre alt, als er am 30. Januar 1933 in Ausübung seines Dienstes als Polizist starb.
Auf dem Heimweg von der Siegesparade anläßlich der Übertragung des Reichskanzleramtes an A. Hitler machte der berüchtigte SA-Sturm 33 extra einen Umweg, um durch die Wallstraße (jetzt Zillestraße) zu marschieren. Hier und in der Umgebung wohnten in der Mehrzahl Arbeiter und kleine Angestellte, und sie waren vorwiegend in den Arbeiterparteien und ihnen nahestehenden Gruppierungen und in der Gewerkschaft organisiert, weswegen man das Viertel auch „kleiner roter Wedding“ nannte. Nach der „Machtübernahme“ wollten die Nationalsozialisten den Anwohnern zeigen, daß sie jetzt auch hier endgültig das Sagen haben. Die Bewohner sahen das anders, und es kam zu einer Straßenschlacht mit etwa 300 Beteiligten und einer Schießerei. Der SA-Sturmführer H. Maikowski und der den SA-Zug begleitende Polizei-Oberwachtmeister Zauritz wurden deren Opfer. Im nachfolgenden Schauprozeß gegen über 50 Bewohner gelang es dem Gericht nicht, sie für die Morde verantwortlich zu machen, und es hat den wahren Täter nicht ermittelt, obwohl „die Gestapo informiert worden (war), daß die Schüsse, die zum Tode von Maikowski und Zauritz geführt hatten, von einem SA-Mann abgegeben worden seien“ (Kauperts Straßenführer, Stichwort ‚Zauritzweg’).
Zauritz erhielt (zusammen mit Maikowski) ein Staatsbegräbnis im Berliner Dom; das nördliche Ende der Weimarer Straße wurde im August 1933 in Zauritzweg umbenannt (ebenso wie die Wallstraße in Maikowskistraße) - es wurde also versucht, den Polizisten politisch zu vereinnahmen. Das gab den Anstoß für drei Mitglieder der Grünen in der BVV, in der Drucksache 1255/3 die Frage zu stellen: „Nationalsozialistische Altlasten auf Charlottenburg-Wilmersdorfer Straßenschildern?“ Die BVV beschloß deshalb auf ihrer 30. Sitzung am 30. April 2009, das Bezirksamt aufzufordern, verschiedene Straßenumbenennungen aus der Zeit von 1933 bis 1945 zu überprüfen, darunter auch den Zauritzweg. In der Stellungnahme des Bezirksamtes vom 16. November 2010 (unterschrieben von Bezirksbürgermeisterin Thiemen und Stadtrat Gröhler) heißt es dazu abschließend: „Die durch die Umbenennungen geehrten Personen stehen nach erfolgten Recherchen nicht im Verdacht, aktive Gegner der Demokratie und zugleich geistig-politische Wegbereiter und Verfechter der nationalsozialistischen Ideologie und Gewaltherrschaft gewesen zu sein.“ Zu Zauritz schrieb Jan Petersen schon 1933 in seinem Buch „Unsere Straße“: „Wie wir hören, war uns dieser Schupo Zauritz nicht feindlich gesinnt. [...] Noch eins: Wir werden in den nächsten Tagen für den erschossenen Polizisten Zauritz an der Mordstelle einen Kranz mit roter Schleife niederlegen.“ Möglicherweise hatte Zauritz sogar versucht, den SA-Sturm vom Marsch durch die Straße abzuhalten.
Bisher hieß es auf dem „Straßenerläuterungsschild“ (oberhalb des Straßenschildes) in der letzten Zeile: „* 1897 + 1933“. Für einen uninformierten, aber interessierten Betrachter, an den sich ja solch ein Schild wendet, war diese Feststellung jedoch wenig aussagekräftig. Daher ist es sehr zu begrüßen, daß die Bauverwaltung - als sie das stark verwitterte Schild Anfang März auswechselte - diese Zeile änderte in „geb. 1897 gest. 30.1.1933 (erschossen)“.
Michael R. - Gastautoren, Geschichte - 22. März 2011 - 00:02
Tags: bezirksamt/charlottenburg/gedenktafel/klausenerplatz/widerstand
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Die Geschichte von Charlottenburg, gerade die Geschichte des Widerstandskampfes gegen Nationalsozialismus sollte bei Stadtgeschichtsforschung eine zentrale Rolle spielen. Ich denke hierbei auch an die Opfer des wilden KZ “Volkshaus” in der ehemaligen Rosinenstraße. Vielleicht finden sich einige, welche dieses Thema mit aufarbeiten wollen?