Ein Gang durch das „neue Museum“ in Charlottenburg-Wilmersdorf (1. Teil)
Wenn diesmal wirklich alles klappt, werden wir ab 23. Oktober 2011 ein neues kulturelles Highlight in Berlin begrüßen können - die Villa Oppenheim. Die Villa Oppenheim mit „Städtischer Kunstsammlung“, dem Museum Charlottenburg-Wilmersdorf, den kärglichen und kläglichen Überresten des ehemaligen Archivs im Rathausturm (der eigentlichen Kernsammlung des Museums), einem Café und natürlich nicht zu vergessen, mit den neuen Büroräumen der Leitung des Kunstamtes können dann bestaunt werden, welche zur Zeit noch für 1,5 Mio. € umgebaut werden.
Es kommt später als geplant, denn ursprünglich war die Eröffnung, wie aus den einsam hängenden Plakaten zu entnehmen ist, ja schon Januar 2011 vorgesehen, aber die Lottomittel wurden erst im Dezember 2010 bewilligt, aber Hauptsache es kam.
Wir werden bestimmt alle mehr als überrascht sein, wenn wir dann das Haus betreten können, wenn wir sehen, was unser ehemaliges Dezernat für Finanzen und Kultur und das Kulturamt allein hier für uns jahrelang, eigentlich seit 2007, geplant und dann umgesetzt hat.
Wollen wir einmal einen Rundgang durch das zukünftige Museum machen, wofür wir die wahrscheinlich zweite Planung der Firma Pitz & Hoh, vom 02.03.2010, sowie die Aussagen des ehemaligen Dezernates für Finanzen und Kultur des Bezirkamtes Charlottenburg-Wilmersdorf, hier vor allem die noch amtierende Bezirksbürgerin Monika Thiemen, als Grundlage nehmen wollen.
Man gehe die Schloßstraße in Charlottenburg entlang und verpasse nicht den Zugang zum Otto-Grüneberg-Weg und dann steht man vor der Villa Oppenheim. Ein kleines Tor kurz vor dem Knick des Weges wird Zulass zum Areal gewähren, das große – nur zur Info – dient als Zugang zur Schule. Die ersten einladenden Stufen zum Betreten des Gebäudes lassen wir außen vor, da erreichen wir nur das kleine Café. Der Haupteingang liegt repräsentativ in der scheinbaren Mitte des Gebäudes. Sieben Stufen aufwärts, selbstverständlich für Rollstuhlfahrer eine Hebebühne dabei und man kommt sofort in R.107/108, dem Foyer mit Kasse und Garderobe. Doch wollen wir uns dort nicht allzu lange aufhalten und gehen gleich in R.109, der Lounge des Erdgeschosses. „Lounge = Aufenthaltsraum; Mehrzahl: Lounges) bezeichnet man einen exklusiven Warteraum für Reisende“ kann man bei Wikipedia nachlesen, und in unserer Lounge erwartet uns ein mediales Angebot, was niemand vom ehemaligen Dezernat Finanzen und Kultur, der Kulturamtsleitung und der Museumsleitung definieren kann oder will.
Zu beiden Seiten der Lounge schließen sich zwei Räume, R.114 und R.104/105 an, unser neues Museum für Stadtteilgeschichte von Charlottenburg-Wilmersdorf. Welcher der beiden, je knapp Bruttofläche 70 m² großen Räume für Charlottenburg oder für Wilmersdorf bestimmt ist, kann nicht gesagt werden, denn Stadtgeschichte findet vorläufig als Dauerausstellung nicht statt. Aber das hat ja Tradition, denn bis heute warten wir vergeblich auf die mit bezirklichen Mitteln konzipierte Dauerausstellung, welche zum 300. Geburtstag von Charlottenburg gezeigt werden sollte. Nun, erst ab 2012 will man in die Planung bzw. Umsetzung gehen, wie der neue Kulturdezernent Marc Schulte in der Kulturausschuss-Sitzung im Februar mitteilte, wofür man einen exklusiven Partner hat. Die Firma Pabst & Kuhrau soll es richten und ein entsprechendes Szenario entwickeln. Pabst & Kuhrau, wer ist das? Ach ja, jene Firma, welcher wir die tolle 125-Vitrinen-Ausstellung zu 125 Jahre für 360.000 € zu verdanken haben. Ein Schelm wer böses denkt, wenn man rechnet was eine Vitrine mit wenigen Quadratzentimetern gekostet hat und jetzt gleich geballte Ladung 140 m² Stadtteilgeschichte unter den Titel „Von der Residenz zur City West“.
Nun, im Jahr 2012 kann man dem Stadtbezirk nur ganz großes Glück wünschen, wenn er als Erfüllungsgehilfe (man muss ja einen Erfolg für die intensiven Bemühungen aufweisen) für die Firma Pabst & Kuhrau und ihren im Sinne nur für die Firma nützlichern preislichen Vorstellungen die entsprechenden Lotto-Mittel-Anträge stellt. Toi, toi, toi. Wie wir aber alle wissen, bemüht sich andrerseits unser Museum und insbesondere seine Leiterin seid fast 20 Jahren „um ein ständig neues, abwechslungsreiches Angebot von Sonderausstellungen“. Denn „ … Jährlich werden fast 10 kleinere und größere Schauen vorbereitet. Der Schwerpunkt der Sonderausstellungen liegt bei der Stadtteilgeschichte.“ [1]
Vielleicht sehen wir bis dahin, bevor die Firma Pabst & Kuhrau ihren selbst festgelegten Geldbetrag erhält, in den beiden Räumen eine oder mehrere, oder alle diese Schauen einmal, denn von den fast 10 Schauen pro Jahr zu Fragen der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung Charlottenburg oder Wilmersdorf die in den letzten 5 Jahren gezeigt wurden, scheinen nur der ehemaligen Leitung des Dezernat Finanzen und Kultur, dem Kulturamt und der Museumsleitung bekannt gewesen zu sein. Es ist doch verwunderlich, das unsere Museumsleitung, bei der von ihr selbst geschilderten Ausstellungsaktivitäten nicht in der Lage ist nur läppische ca. 140 m² Bruttofläche von ca. 1800 m² zur Verfügung stehender Grundfläche der Villa Oppenheim für Stadtgeschichtliche Darstellung seit April 2010 zu planen. Da scheint der Wurm drin zu sein. Von den vielen zusätzlichen anderen Sonderausstellungen zu Berliner und zu Frauenspezifischen Fragen [2] wollen wir ja erst gar nicht reden, denn dafür gibt es ja noch den Sonderausstellungssaal R.117, über den Flur vom R.114 aus zu erreichen, wo auch wieder die Oster- und Weihnachtsausstellungen stattfinden werden. So, das wars im Erdgeschoss, mehr haben wir dort aus musealer Sicht nicht zu erwarten.
[1] Museum Charlottenburg-Wilmersdorf
[2] Museum Charlottenburg-Wilmersdorf
stekno - Gastautoren, Geschichte - 25. Mai 2011 - 19:40
Tags: berlin/charlottenburg/heimatmuseum/oppenheim/villa
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Kannst Du vielleicht sagen, wo der Rest der kärglichen Reste des Archivs aus dem Rathausturm geblieben ist? Sind die Dokumente der Charlottenburger Stadtgeschichte im Keller? im Schredder gelandet? weggeworfen oder verschenkt worden?
Gruß Heidi