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3. Solidaritätskonzert: "Lylla muss bleiben"

Am 8. November fand das erste Solidaritätskonzert zur Unterstützung des von Kündigung bedrohten Lylla Biomarktes bei vollem Laden statt (Wir hatten berichtet). Am 1. Dezember folgte das zweite und am kommenden Donnerstag will man zum dritten Konzert zusammenkommen.

Elke Querbeet & Olaf Maske
Donnerstag, 15. Dezember 2011 um 20:30 Uhr

 
Heute berichtet die Berliner Zeitung darüber. Darin steht, daß sogar ehemalige Erst-Besetzer die Unterstützer-Listen zum Erhalt des Ladens unterschrieben haben und sich entsetzt über die Entscheidung der heutigen Bewohner äußerten. Vielleicht besinnt man sich ja noch rechtzeitig zu Weihnachten und geht etwas in sich, um eine einvernehmliche Lösung zu finden.

 
Im Anhang der heutige Zeitungsartikel.
Und auch dabei kann man sich solidarisch zeigen und die Zeitung noch schnell kaufen. Frau Eltzel von der Berliner Zeitung hat unseren Kiez auch schon öfter unterstützt.

Die Wiedergabe des kompletten Artikels erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Berliner Zeitung.

     
 

Solikonzerte für den Bioladen
Von Birgitt Eltzel


Das Kollektiv des ehemaligen Regenbogen-Hauses kündigt „Lylla dankbar“. Die Anwohner protestieren.

Von den Balkonen des Eckhauses hängen gelbe Fahnen mit roten Sonnen und der Aufschrift „Atomkraft – nein danke!“ „Regenbogenhaus“ wird der Viergeschosser Neufertstraße 13/Nehringstraße 34 bis heute genannt – es war das erste Haus, das 1981 in Charlottenburg besetzt wurde. Damals bunt bemalt mit einem großen Regenbogen quer über die Fassade und mit Bildern von jungen Leuten, war es weit über den Kiez am Klausenerplatz bekannt. Zeitungsausschnitte und Fotos erinnern heute in einem Schaufenster im Erdgeschoss an diese Zeit. Dieses Jahr wurden 30 Jahre Hausbesetzung in Berlin begangen.

Längst ist der Regenbogen verschwunden, die Hauswände sind hellgrau getüncht, nur einige schmale bunte Streifen ziehen sich noch über die Fassade. Die Besetzer hatten Verträge mit der Wohnungsbaugesellschaft Neue Heimat geschlossen (heute Gewobag), 1985 den Verein Leben und Arbeiten e.V. gegründet und Haus instand gesetzt. Mehr als 40 Leute leben heute dort, allein, in Familien oder in Wohngemeinschaften. Sie treffen sich jede Woche im Plenum, reden und entscheiden basisdemokratisch. Von den einstigen Hausbesetzern ist keiner mehr dabei.

Doch die Erben sorgen jetzt für Unruhe im Kiez. Das Viertel um den Klausenerplatz will der erste Berliner Öko-Kiez werden, Arbeitsgruppen wurden gebildet und Fördermittel akquiriert. Doch ausgerechnet im künftigen Öko-Kiez soll der einzige Bioladen verschwinden – das Regenbogenhaus-Kollektiv hat dem Geschäft „Lylla dankbar“ nach 26 Jahren gekündigt. Nach Silvester soll der Laden aus dem Erdgeschoss ausziehen. Zu den Kündigungsgründen wolle man sich nicht äußern, sagt Vereinssprecherin Isabel Bondzio: „Wir waschen keine schmutzige Wäsche in der Öffentlichkeit.“ Das Plenum habe sich nach fünf, sechs langen Jahren Nachdenkens für die Kündigung entschieden, sagt sie.
 

Konkurrenz um die Ecke

Doch Geschäftsinhaberin Verena Hanke (55) will nicht aufgeben. Sie sagt, dass der Verein ihr vor allem ankreide, dass sie nur Teilzeitbeschäftigte habe und keine Mindestlöhne zahle. Wie denn anders, fragt sie. Seit Jahren müsse sie sich wachsender Konkurrenz der Bio-Supermärkte stellen, inzwischen gibt es auch eine LPG-Filiale am Kaiserdamm. „Lylla dankbar“ sichere ihr ein bescheidenes Auskommen. Manchmal falle es schwer, die Miete zusammenzubringen, manchmal zahle sie etwas verspätet. Mietschulden habe sie aber keine.


Lion Marx ist einer der Teilzeitbeschäftigten im Geschäft. Er sagt, dass er gern bei „Lylla“ arbeite. Auch wenn es dort nicht so viel Geld gebe wie beispielsweise bei Kaiser’s: „Dafür ist alles sehr persönlich hier, die Kunden sind nett und die Chefin auch.“ Der junge Mann, der auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur nachholt, hilft bei der Vorbereitung eines Solidaritätskonzerts – er wird die Gäste mit Nudeln versorgen. „Lylla muss bleiben“, sagt er. Lion Marx ist nicht der einzige, der sich für den Bioladen engagiert: Fast jede Woche gastieren abends nach Ladenschluss Künstler und Musiker aus dem Kiez im Geschäft.
 

Viele Unterstützer-Unterschriften

Verena Hanke, die bereits seit 1976 gleich gegenüber lebt – inzwischen mit ihrem Lebensgefährten und zwei Töchtern – hat viele Unterstützer-Unterschriften von Kunden und Konzertbesuchern gesammelt. Auch ehemalige Erst-Besetzer wie Michael und Silke N. haben unterschrieben – und sich entsetzt über die Entscheidung der heutigen Bewohner geäußert. Die beiden kennen Verena Hanke schon lange. Die Geschäftsfrau gehörte zu den Gründern der ersten Lebensmittelkooperative im Kiez – damals noch in der Danckelmannstraße. Die drohende Schließung des Geschäfts schlägt sich aber auch in der vom Kiezbündnis Klausenerplatz herausgegebenen Stadtteilzeitung nieder – es gab Leserbriefe, die sich gegen die Kündigung wandten. Auch im Weblog Klausenerplatz wird diskutiert.

„Es hat schon ein Geschmäckle“, sagt Martin Hoffmann, der den Kiezblog betreibt. Der Frührentner ist auch als Mietervertreter aktiv. Er argwöhnt, dass die Ladenräume teurer vermietet werden sollen: „Der ganze Kiez wird doch derzeit aufgewertet.“ Vielleicht solle statt des kleinen Bioladens in das Eckgeschäft ein Café einziehen, das mehr Miete einbringe. Das sei Quatsch, sagt Vereinssprecherin Bondzio, Nachmieter gebe es noch nicht.

Verena Hanke sagt, dass ihr schönstes Weihnachtsgeschenk die Rücknahme der Kündigung wäre. „Man kann ja über alles reden“, sagt sie. Am Donnerstag gibt es um 20.30 Uhr wieder ein Solidaritätskonzert.

Quelle: Berliner Zeitung vom 13.12.2011

- Gewerbe im Kiez, Menschen im Kiez - 13. Dezember 2011 - 12:09
Tags: ////



acht Kommentare

Nr. 1, R@lf, 28.01.2012 - 19:36
Ehrlichgesagt kräuseln sich mir die Nackenhaare, obwohl ich wenig über die “Kündigungsgründe”, also das was die Hausgemeinschaft zu diesem Vorgehen veranlasst hat, weiß. Ich gehöre zu den Erstbesetzer_inn_en der N34 und setze mich bis auf den heutigen Tag ununterbrochen für soziales, ökologisches, selbstverantwortliches, selbstverwaltetes Wohnen ein – z.B. in der BI Lehrter Straße ( http://moabitonline.de ) oder als Quartiersrat in Moabit-Ost. Die Spekulation von 1981 und davor hat nur ihr Gesicht verändert und ist mit neuer Machtarroganz über diese Stadt hereingebrochen und wir sind alle gefordert, neue Wege zu einer neuen Wehrhaftigkeit gegen diesen Raubritterkapitalismus zu finden.
Umso schockierender finde ich es, dass eine unserer ersten und nachhaltigsten Unterstützerinnen, Verena Hanke, nun scheisslegal aus dem Hausprojekt N34, das wir damals weitgehend selbstlos gegründet haben, rausgepowert werden soll und jegliche Kommunikation anscheinend seitens des Hausvereins verwehrt wird. SO HABEN WIR UNS DAS DAMALS NICHT GEDACHT!
Zu allererst muss die Kündigung bedingungslos zurückgenommen und das Mandat des Rechtsanwaltes zurückgezogen werden. Dann muss wieder kooperativ miteinander gesprochen werden, am besten moderiert durch eine oder mehrere möglichst neutrale Personen. Ich bin sicher, dass sich dann eine für alle befriedigende Lösung finden wird, an der ich gerne konstruktiv mitwirke – wie damals am Erhalt des Hauses für Alle. Wäre doch gelacht, wenn wir es nicht schaffen würden, ohne die Repressionsorgane des Staates miteinander klarzukommen, oder?!
R@lf
Nr. 2, maho, 28.01.2012 - 21:30
Danke für diese klaren Worte

Ich habe mit Verena laufend gesprochen und sie gebeten, uns mit dem Geschehen auf dem laufenden zu halten.
Wir werden den uns möglichen Teil zur Unterstützung beitragen.

“Ich bin sicher, dass sich dann eine für alle befriedigende Lösung finden wird, an der ich gerne konstruktiv mitwirke – wie damals am Erhalt des Hauses für Alle.”
Danke für diesen Einsatz.

PS
Übrigens: im Durchgang des Hauses hängt immer noch das Schild mit dem Vermerk” Polizei: Bloß nicht!”
http://blog.klausenerplatz-kiez.de/archi..
Nr. 3, R@lf, 29.01.2012 - 01:40
Die Polizei geht wieder. Anwälte bleiben. Diese sind in der Regel die lachenden Dritten, weil sie an dem ganzen Unsinn Cash machen.
Das Schild (den stillen Portier) haben damals John und ich umdekoriert. John (Elektriker) hat als Mitbesetzer anleitend geholfen, die N34 und die Neufert nebenan völlig neu zu verkabeln – fachgerecht versteht sich.
Der “Jugendladen”, den John zu dieser Zeit in der Neufert mit Jugendlichen aus dem Kiez für diese saniert hat, ist vor seiner Inbetriebnahme von Nazis in der Nacht “abgefackelt” worden. Das Haus hat drei braune Brandanschläge überlebt. Dreissig Jahre später muss mensch sich leider immer noch mit diesem Pack herumschlagen, wie Brandanschläge des letzten Jahres auf linke und alternative Projekte erlin zeigen.
Das ist zwar jetzt ein ganz anderes Thema als der BioLaden, aber leider auch hoch aktuell.
Nr. 4, R@lf, 29.01.2012 - 01:44
Jetzt hab ich ganz vergessen zu schreiben wie ich auf den Brandanschlag auf den projektierten “Jugendladen” gekommen bin: das ist, wenn ich das richtig aufm Schirm habe, heute der hintere Teil des BioLadens, der in der Neufertstraße liegt.
Nr. 5, maho, 29.01.2012 - 01:54
Ich wollte mit dem Hinweis auf den stillen Portier nur symbolisch andeuten, wenn es denn auf eine Räumungsklage hinauslaufen würde – und mal angenommen, sich genug Anwohner zum Räumungstermin einfinden würden, dann doch auch wieder die Polizei im Spiel wäre. Und das hätte es ja seit damals nicht mehr gegeben – würde also bei den Umständen, in dem Haus, mit seiner Geschichte, geradezu groteske Formen annehmen.
Nr. 6, H., 29.01.2012 - 05:46
Hallo Ralf,
Dein erster Satz, also 1. Entsetzen und 2. fehlendes Wissen was los ist, beschreibt in beiden Aussagen auch 6 Monate nach Bekannt werden der Kündigung das Problem. Nicht hier im unüberschaubar offenen blog, aber im persönlichen Gespräch wird viel besprochen und bleibt dennoch enorm viel unverständlich: aber es kann das Verständnis entstehen, dass dies ein persönliches Problem fast aller Hausgemeinschaftsmitglieder gegenüber der Einzelperson der Ladenbetreiberin ist. In solche persönlichen Probleme lassen die Beteiligten nur schwer Einblick zu und noch schwerer ist deren Bewertung – folglich hat sich ein ansonsten sozialer sich gegenseitig unterstützender Kiez auf die Beobachterbank gesetzt und hält die Klappe, um nicht den Falschen zu unterstützen.
Es ist natürlich ein in mehreren Jahren mehrfach wiederholter Tabubruch der Instandsetzer / Besetzer-Erben, aus den eigenen Reihen mit staatlicher Hilfe Leute rauszuwerfen, wenn man sich nicht auf einverständlichem Wege trennen konnte. Das Recht des Stärkeren ist eben auch in schwächeren Kreisen angekommen, Solidarität mit Begrenzung.
Nachdem alle Zeit für geordnete Dialoge abgelaufen war, versuche ich seit einigen Wochen für beide Seiten zu moderieren, weil über das sture Kündigen hinaus viel zu klären ist – es ist trotzdem schwierig, alles zu verstehen. Über mögliche Konfliktszenarien mit Polizei&Räumung wie vor 31 Jahren oder simpler gegenseitiger Überlistung wird viel diskutiert, aktuell sind aber pragmatische konkrete Schritte nötig, die noch viele UnterstützerInnen gebrauchen können. Die Schritte sind in ständiger Entwicklung und ebenso wenig geeignet für eine Darstellung im blog.
Die Hausgemeinschaft tagt regelmäßig einmal pro Woche, dort klären sie sich selbst, sind nachvollziehbarerweise per se nicht öffentlich und juristisch nicht öffentlich verpflichtet. Der Laden ist zu Öffnungszeiten per se immer öffentlich, fühlt sich öffentlich verpflichtet und dort kann Mensch über Hintergründe und aktuellen Stand viel erfahren, auch meine Telefonnummer.
Danke für Dein Angebot zur konstruktiven Unterstützung, klinke Dich / klinkt Ihr Euch ein!
Gruß von H.
Nr. 7, [marcel], 31.01.2012 - 01:01
Hallo zusammen,

lieber H. kurze Frage: was meinst du mit “uüberschaubaren offenen blog”?
Nr. 8, H., 02.02.2012 - 07:31
Lieber Marcel,
Eurer blog ist überschaubar, die Öffentlichkeit, die alles liest aber nicht. Anonyme Öffentlichkeit kann persönliche Gespräche nicht ersetzen. Und die haben sich aus dem Text an Euch dann auch noch nicht ergeben, es hat sich keiner gemeldet.
Gruß von H.

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