Haut Euch, aber versäumt dabei nicht, den angerichteten Schaden wiedergutzumachen!
Zweite Einwohnerversammlung zur Kolonie Oeynhausen am 23. April
Vor drei Monaten, am 29. Januar, hatte bereits eine Einwohnerversammlung zum selben Thema stattgefunden. Was war diesmal anders?
Anders war diesmal, daß ein Demonstrationszug von rund 300 Menschen vom Festplatz der Kolonie zum Versammlungsort in
der Marienburg-Schule zog, wo sich wieder an die 400 Teilnehmer zusammengefunden hatten, um für den Erhalt der Kolonie einzutreten. Unter den Kleingärtnern und Anwohnern hat sich eben keine Resignation breitgemacht.
Ebenfalls war anders, daß die Abendschau des rbb direkt aus
dem Saal berichtete. Das Interesse der Öffentlichkeit am Thema
ist groß. Das kann jeglicher Art von Rettern und Abhakern („Beim nächsten Mal machen wir es besser!“) nicht gefallen. Es sollte noch viel mehr Öffentlichkeit hergestellt werden.
Anders war auch, daß diesmal den BVV-Parteien kein Platz auf dem Podium
eingeräumt war; stattdessen saßen dort neben der BVV-Vorsteherin
Stückler (CDU) als Versammlungsleiterin und dem zuständigen Stadtrat
Schulte (SPD) Frank Sommer für die Kolonie
Oeynhausen und Susanne Raabe für die kürzlich gegründete
Bürgerinitiative „Schmargendorf braucht Oeynhausen“.
Damit entfiel eine Bühne für Parteiinteressen kurz vor der
Bundestagswahl. (1)
Und schließlich war anders, daß im Auftrag der Kleingärtner Michael
Schneidewind – Dipl.-Ing., Stadt-, Regional- und Landesplaner,
Mitarbeiter beim BUND und Fortbilder von Bezirksverordneten in Sachen
Planungsrecht – einen Vortrag halten konnte, in dem er die springenden
Punkte der Auseinandersetzung erläuterte: wieviel es den Bezirk kostet,
wenn er den Bebauungsplan IX-205a doch festsetzt (max. 2,4 Mio. €, wie
übrigens auch der Investor „hilfsweise“ errechnet hatte, und
gleichzeitig verbliebe die Planungshoheit in den Händen des Bezirks und
der Fortbestand der gesamten Kolonie wäre gesichert), und was es im
Gegensatz dazu mit dem am 17.
Januar von der BVV-Mehrheit beschlossenen „vorhabenbezogenen
Bebauungsplan“ auf sich hat (durch den der Investor zur treibenden
Kraft wird, das Bezirksamt zu seinem Gehilfen und die halbe Kolonie zu
6geschossigen Wohnblöcken). (2)
Ansonsten waren die Politiker so gut wie gehabt
Baustadtrat Marc Schulte trat wieder auf in der
Rolle des unverstandenen und rundum “lone cowboy”: hier im Saal allein
gegen fast 400 Anwesende, die er gegen ihren Willen zu 50 % retten will
(die anderen 50 % haben Pech), dort am Verhandlungstisch allein gegen
den Investor/Eigentümer, dem er 50 % Privatbesitz abtrotzen will (gegen
baurechtliche Entschädigung, versteht sich) – „kein leichtes
Unterfangen“.
Und doch – trotz aller Gleichförmigkeit seiner Äußerungen über die
Monate hinweg und trotz seiner völligen Unerreichbarkeit für die Wünsche
und Belange von Kleingärtnern, Anwohnern, Bewohnern und Umwelt –
„philosophierte“ er über die Höhe des Risikos und kam diesmal auf „18,
19 Millionen“. Wo sind denn die anderen sechs bis sieben geblieben, die
jetzt zu den schon sprichwörtlichen 25 fehlen? Das ist ja kein
Pappenstiel. Vielleicht wäre es doch mal an der Zeit, den Bodenwert
ernsthaft durch ein unabhängiges Gutachten ermitteln zu lassen?
Worin Stadtrat Schulte aber völlig der alte bleibt: er legt weiterhin
nicht den gesamten Schriftverkehr offen; nicht einmal eine verläßliche
Antwort war zu erhalten, ob es ein Erschließungsangebot vom Investor
gibt, von wann es ist und ob vollständig und zumutbar, vom genauen
Inhalt ganz zu schweigen. Ein Volksvertreter sieht anders aus, das hier
klingt eher nach der oben erwähnten, selbstgewählten Gehilfenrolle.
Und am Schuldzuweisen hat sich auch nichts geändert: Schuld an allem
sind a) die Post mit ihrem Verkauf („Schweinerei“), b) die Kleingärtner
selbst, weil sie nicht damals gekauft hatten (die anschließende Unruhe
führte zu fünf Minuten Unterbrechung) und c) sein Vorgänger Gröhler
(CDU), weil er nicht wie versprochen den Bebauungsplan unterschrieben
hat. Stadtrat Schulte hatte wahrlich ein schweres Erbe anzutreten.
Exbaustadtrat Klaus-Dieter Gröhler stellte hingegen sein rastloses Wirken bzw. das seiner Untergebenen zwischen 2001 und 2011 dar, um die Kolonie zur Dauereinrichtung zu machen. Wenn nur nicht die SPD und die Grünen gewesen wären: Erst hat Finanzsenator Sarazzin (SPD) 2003/4 den Ankauf des Kleingartengeländes „verworfen“, dann haben SPD und Mehrheit der Grünen mit dem BVV-Beschluß vom 17. Januar sein Angebot, den (alten) Bebauungsplan IX-205a nun doch zu unterschreiben, zunichte gemacht. Das brachte ihm allerdings von seinem Nachfolger nur den (von der Versammlungsleiterin ungerügten) Vorwurf eines „vergifteten Angebots“ ein und „schon einmal die Wähler kurz vor einer Wahl belogen“ zu haben
Bundestagsabgeordnete Lisa Paus (Grüne Partei),
Herrn Gröhlers direkte Gegnerin um den Bundestagswahlkreis 81
(Charlottenburg-Wilmersdorf), befand sich auch im Saal. Sie ist neu in
den Ring gestiegen und brauchte dazu nicht einmal das Wort zu ergreifen,
weil sie gerade eben
(siehe
Antwort auf Fr. Paus) mittels Internet ihren Beitrag bei der Suche nach den
Schuldigen abgeliefert hatte: Es sind Herr Gröhler und auch Herr
Schulte.
Mit den Wählern Schwarzer Peter spielen
Man sieht: Diese drei Parteien, die seit Jahr und Tag führend im Bezirk
sind (zum Teil, wie Herr
Schulte, schon seit 18 Jahren in der BVV oder im Bezirksamt
sitzen), die seit
2001 als Zählgemeinschaft die Mehrheit stellen sowie den
Baustadtrat (2001-2011 Herr Gröhler, seitdem Herr Schulte) – diese drei
Parteien, die also seit Jahren alle drei für die drohende
Beseitigung eines Teiles der Kolonie verantwortlich sind, wollen
mit den Wählern Schwarzer Peter spielen. Sie fühlen sich zu Recht – und
das insbesondere nur wenige Monate vor der Bundestagswahl – zutiefst
unwohl in ihrer Haut und schieben sich folglich gegenseitig die Schuld
in die Schuhe. Es ist nur gut, daß sie das in aller Öffentlichkeit tun –
wann hat man sonst schon mal Gelegenheit, ein bißchen dahinter zu
kommen, was da so im einzelnen im Namen des Volkes abläuft?
Aber man sollte sich nicht auf das Spiel einlassen.
Aber das genügt nicht!
Last not least: die Kleingärtner und Anwohner
Der ganze Abend – vom gemeinsamen Zug zum Saal über die gegenseitigen
Schuldzuweisungen der Parteien bis hin zu den vielen aus Zeitmangel
nicht mehr behandelten Wortmeldungen – zeigt, daß die Kleingärtner und
Anwohner allen Grund haben, siegesgewiß zu sein, wenn sie auch weiterhin
zusammenstehen in ihrer Forderung nach Erhalt der gesamten Kolonie.
MichaelR – Fotos: privat
(1) (Stadträtin Jantzen (Grüne Partei), auch für die Misere mit
zuständig, fehlte (allerdings entschuldigt) ebenso wie der Leiter des
Stadtplanungsamtes und der Baujurist. Das Fehlen des letzteren war schon
bedauerlich, da er doch sonst gesprächbereit ist, wenn der Investor
kommt – allerdings auf schriftliche Anfragen der Kolonie nicht
antwortet.
(2) Mehr zur planungsrechtlichen Seite siehe auch in dem Text „Mission:
Bundestagsmandat – Grüne Partei (2)“
MichaelR - Gastautoren, Politik - 29. April 2013 - 00:02
Tags: bezirksamt/bvv/kleingartenkolonie/kleingärten/laubenkolonie/wohnungsbau
zehn Kommentare
Nr. 4, neu, 01.05.2013 - 08:49 Aha, es ist wahlkampf: “unterstütze Sie mit ganzen Herzen”-“unterstütze Sie voll und ganz” – vor allen Dingen die Parteifreunde untereinander da empfehle ich doch lieber herrn Sommer ( nein nicht der vom DGB zum Tag der Arbeit – der aus Oeynhausen) http://www.inforadio.de/dossier/mut__und.. |
Nr. 6, neu, 01.05.2013 - 19:10 danke;habe verstanden: wir feiern nicht den 1. mai sondern den 1.april |
Nr. 9, MichaelR, 08.05.2013 - 12:29 Sehr viel Öffentlichkeit wurde am Sonntag (5. Mai) in der Boulevardpresse hergestellt: Berliner Kurier am Sonntag: http://www.berliner-kurier.de/kiez-stadt.. und BZ am Sonntag: http://www.bz-berlin.de/bezirk/wilmersdo.. |
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Es ist zu prüfen welche rolle die FDP in der letzten wahlperiode gespielt hat.(sie war damals noch in der BVV)Zwar gehörte sie nicht zur Zählgemeinschaft, war jedoch mit der CDU auf einer linie.
Übrigens ist damals zur verwertung des geländes vom investor eine eigene gesellschaft gegründet worden. Es soll als kommanditist auch Peter Unger (ehemaliger besitzer von Auto Teile Unger )mitwirken.Es lockten wohl überdimensionale gewinne.
Hier der bereicht des PIRATEN Schlosser (BVV) von der einwohnerversammlung:
http://sigiberlin.de/archives/422