Kriegstod April/Mai 1945
Auf der Suche nach weiteren Informationen zu dem Mord an einem 17jährigen Deserteur habe ich in verschiedene Register des Friedhofs Wilmersdorf schauen können. Die folgende Liste von Toten ist nur ein winziger Ausschnitt aus der Zahl derjenigen, deren Name mit einem roten K = Kriegsgrab gekennzeichnet ist. Es sind jeweils angegeben das Alter der Toten und die Todesart, wie sie dort vermerkt ist. (*)
Auszug aus einem Abteilungsbuch des Friedhofs Wilmersdorf
- 12.4. Mann (60) Bombenterror
- 12.4. Ehepaar (65/61) Bombenopfer
- 26.4. Mann (61) gefallen
- 26.4. Frau (51) Fliegerangriff
- 26.4. Mann (60) verschüttet
- 26.4. Mann (61) gefallen
- 27.4. Mann (46) Bauchschuß
- 28.4. Frau (39) Freitod
- 30.4. Frau (24) gefallen durch Granatsplitter
- 30.4. Mann (71) erschossen
- 1.5. Ehepaar (65/65) Kriegseinwirkung
- 1.5. Frau (43) Erhängen
- 1.5. Mutter, Tochter (72/37) Selbstmord
- 1.5. Mann (30) gefallen
- 1.5. Mann (o. A.) Kopfschuß
- 2.5. Ehepaar (67/65) verschüttet
- 2.5. Mann (71) erschossen
- 2.5. Mann (16) gefallen
- 2.5. Ehepaar, Kind (47/33/4) Mann und Sohn gefallen, Frau Freitod
- 2.5. Mutter, Kind (36/4) Sohn gefallen, Mutter 2.5.1948 Freitod
- 11.5. Mann (40) Kriegseinwirkung
- 26.5. Frau (40) Granatsplitterverletzung
- 27.5. Frau (54) Selbstmord
- 5.6. Frau (50) Erhängen
- 12.6. Mann (58) Selbstmord
- 4.8. Frau (55) Unterernährung
Schon dieser kleine Überblick läßt erkennen, wie der Krieg zwischen
Mitte April und Anfang Mai immer näher nach Groß-Berlin kommt und vom
Bombenkrieg zum Straßenkampf übergeht. Gleichzeitig wächst die Zahl der
Selbstmorde. Auch sind die Spätwirkungen angedeutet.
Als Kind war meine größte Angst, daß es wieder Krieg geben könnte.
Nachdem es dann jahrzehntelang auf deutschem Boden keinen mehr gab und
Menschen, die den letzten noch bewußt miterlebt hatten, jetzt nur noch
in geringer Zahl leben, ist hierzulande der Abscheu vor Krieg zunehmend
einer „realistischen“ Einstellung gewichen und Krieg wieder ein ganz
selbstverständliches Mittel der Politik geworden, mit Billigung der
öffentlichen (oder eher veröffentlichten?) Meinung. Hilfreich waren
dabei der Anschluß der DDR und damit die Beendigung des teilsouveränen
„Nachkriegszustandes“ sowie die Tatsache, daß die Karrieristen G.
Schröder (SPD)
und J. „J.“ Fischer (Grüne
Partei) 1999 die BRD in den ersten Krieg seit 1945 führen konnten, weil
die mitlaufende Mehrheit ihrer Parteimitglieder das zuließ. Hätten
CDU/CSU/FDP das versucht – mit SPD/Grüner Partei/Gewerkschaften in der
Opposition –, welchen Aufschrei hätte es gegeben. Das zeitgemäße
rotgrüne Schmiermittel waren und sind die „Menschenrechte“ - so sucht
sich eben jede Zeit die ihr passende Kriegsrechtfertigung:
Kulturverbreitung, Vaterlandsverteidigung, Lebensraum und jetzt eben
Menschenrechte.
MichaelR
(*) Auffällig ist, daß viele Tote erst lange nach ihrem Tod auf dem Friedhof beerdigt wurden; in solchen Fällen ist in der Rubrik „letzter Wohnort“ z.B. vermerkt: Reichsversicherungsgebäude, Garten des Finanzamtes, Kaiserplatz (jetzt Bundesplatz) oder Wilhelmsaue Promenade vor 110 (und viele Orte mehr, überall). Im letzten Fall ist als Tag des Todes 28.4.1945 angegeben und als Tag der Beerdigung auf dem Friedhof 25.4.1946. Die ganze Stadt war ein Friedhof.
MichaelR - Gastautoren, Geschichte - 18. Juli 2013 - 00:02
Tags: friedhof/gedenken/krieg/kriegsende/nationalsozialismus
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