BVV zur Gedenktafelkommission: leicht verfrühter Aprilscherz?
Die bezirkliche Gedenktafelkommission gibt es zwar seit 2005, aber sie huschte ganze acht Jahre lang nur als Schemen durch die Website des Bezirksamtes. Erst seit November 2013 hat die Kommission wenigstens eine eigene Seite, auf der u.a. ihre Mitglieder genannt sind. Aber das ist dann auch schon alles.
Das ist natürlich nicht genug für ein BVV-Gremium, in dem entschieden wird, ob und wie in der Öffentlichkeit Menschen durch Gedenktafeln geehrt werden. Aber so ist es nun einmal in einer repräsentativen Demokratie: Auch wenn die Öffentlichkeit ein selbstverständliches Interesse daran hat, an den Verhandlungen teilnehmen und gegebenenfalls auch eingreifen zu können – ziehen es Bezirkspolitiker unter Anleitung der Vorsitzenden Stückler (CDU) vor, ungestört von der Öffentlichkeit im geheimen zu wirken.
Daher war die Überraschung groß, als der Kulturausschuß in seiner Februarsitzung fast einstimmig folgende Beschlußempfehlung an die BVV aussprach:
„Die Sitzungstermine und Tagesordnungen der Gedenktafelkommission werden auf den entsprechenden Seiten der Website des Bezirks veröffentlicht.“
Von Öffentlichkeit der Sitzungen war natürlich nicht die Rede (*).
Die BVV übernahm die Empfehlung einstimmig (Konsensliste).
Und das ist nun das Ergebnis in der Praxis:
Man sucht den Termin vergeblich im „Sitzungskalender“ – dort, wo genau seit Amtsantritt von BVV-Vorsteherin Stückler (CDU) im Oktober 2011, offenbar ohne rechtliche Bedenken, neben den BVV- und Ausschußterminen zusätzlich die der Fraktionen (sogar die nichtöffentlichen ihrer CDU) zu finden sind – oder muß man sagen: waren? Denn im März fehlen sie plötzlich. Tagen die Fraktionen denn nicht mehr? Oder verzichtet das BVV-Büro jetzt lieber auf deren Veröffentlichung, um so einen „Grund“ zu haben, den Termin der Gedenktafelkommission hier zu unterdrücken, obwohl diese zweifellos ein Gremium der BVV ist?
Und dann erst die Tagesordnung der Gedenktafelkommission: Dazu heißt es lapidar: „Kategorien: Politik, Bürgertreffs“. Das ist offenbar keine Tagesordnung, wie man sie kennt. Der Eintrag vom 28.2.2014 auf der Openantrag-Seite der Piratenpartei gibt eine Erklärung dafür:
„Leider sind die Sitzungen weiterhin nicht-öffentlich. Demgemäß werden keine Tagesordnungen oder Protokolle veröffentlicht.“
Tja, wir Bürger wurde also ein bißchen veräppelt: Der Kulturausschuß und die BVV haben mit ernsthafter Miene etwas beschlossen und die BVV-Vorsteherin Stückler (CDU) etwas unterschrieben, wovon sie allesamt wußten, daß es nach ihrer Rechtsauffassung gar nicht durchführbar ist.
Was folgt daraus?
Was als eine Überraschung erschien (und als hoffentlich erster Schritt zu einer transparenten Gedenktafelkommission), entpuppt sich als ein kleiner verfrühter Aprilscherz. Aber, liebe Volksvertreter, nachdem wir alle über soviel Gremienwitz gelacht haben, werden Sie es dabei belassen oder jetzt doch noch für die korrekte Umsetzung ihres eigenen Beschlusses durch Frau Stückler sorgen? Und vielleicht bei der Gelegenheit gleich auch noch für die Öffentlichkeit der Gedenktafelkommission, auch wenn es der vorsitzenden Vorsteherin so gar nicht paßt?
MichaelR
Der Artikel wurde an die Rathausparteien, den Ältestenrat, den Bezirksbürgermeister und die Presse übermittelt.
(*) Der ursprüngliche Antrag (Anlagen: Antrag) – von der Piratenpartei im Rahmen von „Openantrag“ eingebracht – hatte gelautet:
„Die Sitzungstermine, Tagesordnungen und Protokolle der Gedenktafelkommission werden auf den entsprechenden Seiten (Sitzungskalender, Ausschüsse, Tagesordnung usw.) der Website des Bezirkes veröffentlicht. Die Sitzungen der Gedenktafelkommission sind grundsätzlich öffentlich. Bürger, die entsprechende Anregungen gegeben haben, sollten zur Begründung eingeladen werden.“Wer nachlesen möchte, wie über diesen Antrag die von BVV-Vorsteherin Stückler konstatierte „sachliche Debatte über den kommunalpolitisch besten Weg … in den Ausschüssen geführt“ wurde, kann das hier tun: „Im Ausschuss für Weiterbildung und Kultur zur ‚Gedenktafelkommission‘“.
MichaelR - Gastautoren, Politik - 09. März 2014 - 19:42
Tags: bezirksamt/bvv/gedenken/gedenktafel/gedenktafelkommission
drei Kommentare
Nr. 2, joachim neu, 11.03.2014 - 09:20 schade, karneval ist “over”: eine wahre lachnummer.“juristerei“als politisches mittel.wobei die letzten zeilen klarmachen , wie dünn das “gestrickte netz” ist. |
Nr. 3, MR, 19.03.2014 - 23:15 Also, es geht doch – trotz eines piratischen Unkenrufs: jetzt ist auch die Tagesordnung der Gedenktafelkommission veröffentlicht: http://www.berlin.de/land/kalender/index.. Seit November 2013 gibt es nun eine eigene Seite der Kommission ( http://www.berlin.de/ba-charlottenburg-w.. ), Sitzungstermin (gehört selbstverständlich in den Sitzungskalender, trotz aller "rechtlichen Bedenken") und Tagesordnung im Netz. War jahrelang völlig undenkbar! Na prima, aber das ist noch nicht alles. Es fehlen immer noch > die Pflicht, Antragsteller zu jeder mit ihrem Anliegen befaßten Sitzung einzuladen, > die Veröffentlichung der Protokolle und > natürlich die grundsätzliche Öffentlichkeit der Sitzungen. Warum nur muß so viel Zeit und Kraft verschwendet werden für Dinge, die so völlig einsichtig und notwendig sind? Muß es denn in diesem Parteienstaat immer wieder nach dem Motto gehen: "Wo kein Parteienwille ist, da ist auch kein Weg"? Etwas mehr Zusammenarbeit wäre da schon hilfreich, nicht wahr? |
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aus meiner Diskussion mit dem BVV-Büro:
“aus rechtlichen Gründen” wurde eine Aufnahme der GTK in den Sitzungskalender verworfen, da dieser nur “BVV” und “Ausschuss” als Gremien vorsieht. Eine Aufnahme anderer Teilorgane der BVV wäre im Hinblick auf die Zusammensetzung (hier: externe Experten) und Aufgaben weder zulässig noch zweckmäßig.
Mein Einwand, daß ja Sitzungen der Fraktionen im Kalender auftauchen, wurde damit gekontert, daß für diese Sitzungen ja auch “Sitzungsgeld zu leisten ist”, weshalb ein solches Gremium vorgesehen sei – also entgegen der ersten Auskunft 3 statt 2 Gremienarten.,..
Eine Korrektur (= Ausweitung auf 4 oder mehr Gremienarten) wird als kompliziert beschrieben. Immerhin: “wir werden das untersuchen”.
Mit anderen Worten: wir als Fraktion werden das im Auge behalten.