Kleingärten Oeynhausen: Grüne Partei: wieder voll auf Kurs
Zu Gast beim Kreisverband der Grünen Partei am 13.1.2015 bei der Vorstellung ihres Oeynhausen-Gutachtens
Parteien werden gegründet, um Ziele zu erreichen, z.B. dieses:
„Die Grünen fordern nicht weniger als eine grüne industrielle Revolution, die den Menschen, die Umwelt und das Klima in den Mittelpunkt stellt.“ (Bundestags-Wahlprogramm Bündnis 90/Die Grünen 2013, Kurzzusammenfassung, Stichwort „Umwelt“)
Oder dieses:
„Die Kleingärten im Bezirk wollen wir erhalten, die bestehenden Kolonien langfristig planungsrechtlich sichern; das schließt Oeynhausen mit ein.“ (Zählgemeinschaftsvereinbarung zwischen SPD und Grüner Partei, 2011, S. 6)
Schöne Ziele; muß man aber auch umsetzen wollen. Davon war seit Beginn der Wahlperiode im Jahr 2011 nicht viel zu merken – genaugenommen eigentlich nur, wenn von außen der Druck auf die Grüne Partei zu groß war wie zum Beispiel durch den überwältigenden Bürgerentscheid vom 25. Mai 2014 (1). Man möchte ja schließlich wiedergewählt werden.
So gesehen war es daher nur allzu verständlich, daß Co-Fraktionsvorsitzender C. Wapler und Kreisvorstandsmitglied B. Schwarz erleichtert wirkten, als sie nach der 2¾stündiger Sitzung das Schlußwort sprachen und dabei für Fraktions- und Parteimitglieder die politische Linie vorgaben: Es sei „als zutreffend zu akzeptieren“, daß der Erhalt der Kleingartenkolonie Oeynhausen ein finanzielles Risiko in Höhe von „31 bis 35,9 Mio. €“ darstelle, weshalb dieser Betrag ab jetzt „zur Grundlage des weiteren Vorgehens gemacht“ werden müsse. Gerettet! Das war die 15.000 € wert, auch wenn die Fraktion dafür ihre Kasse plündern und vom Landesverband finanzielle Unterstützung erbitten mußte.
Um einem Gutachten dabei zu helfen, so auszufallen, wie man es sich insgeheim erhofft, kann man schon etwas tun:
-
zum einen, indem man einen Gutachter beauftragt, der die Sozialbindung
im Mietwohnungsbau (übrigens: Politik der eigenen Partei) als rechts-
und verfassungswidrig kritisiert hat (2),
- zum
anderen, indem man ihm den Auftrag gibt, „objektiv und vorbehaltlos“ zu
gutachten. Das klingt einfach zu gut, um wahr zu sein, denn natürlich
kennt man auch bei den grünen Vorständlern den alten Spruch „zwei
Juristen, drei Meinungen“ (auch bekannt in der Version „drei Juristen,
sieben Meinungen“). Hätte eine Partei, die solche Ziele wie oben hat und
sie tatsächlich verwirklichen will, sich nicht lieber ein Gutachten
anfertigen lassen sollen, durch das sie erfährt, wie sie, nach all ihren
Fehlgriffen der letzten Jahre, die Kolonie Oeynhausen – und im übrigen
auch Durlach, Wiesbaden und Stadtpark, die stehen nämlich auch in der
Zählgemeinschaftsvereinbarung! – trotzdem doch noch retten kann?
Zusammengefaßt: Geschüttelt von heftigsten
Auseinandersetzungen in Fraktion und Partei über die Frage, ob man
seinen Zielen und Wahlversprechungen treu bleiben soll oder lieber dem
Partner SPD, und darob schwankend wie ein Rohr im Wind, hat man sich
entschieden, das aus dem Ruder gelaufene Boot wieder auf Kurs zu
bringen. Hat zwar viel Geld gekostet, hat aber auch viel gebracht: den
zweithöchsten Entschädigungsbetrag (nur getoppt vom Rechtsanwalt des
Investors selbst, der 50 Mio. errechnet hatte und übrigens anwesend
war): Horror pur! Man braucht jetzt den Bürgerwillen nicht weiter offen
zu mißachten, denn die objektiven Realitäten sind nun einmal leider so.
Und endlich steht man wieder fest an der Seite des
Partners SPD, der mit seinem „Stadtentwicklungsplan Wohnen“ (StEP
Wohnen) noch viel mehr Kleingärten im Visier hat (3); unvergessen auch
die Buckower Felder, wo die SPD gerade ein Bürgerbegehren verhindert hat
(4) – zur Empörung der dortigen Grünen Partei.
Nachtrag:
Bei weitem nicht alle anwesenden Parteimitglieder waren bereit, dieses
Gutachten zu akzeptieren, was bei seinen Befürwortern, einschl. der
Sitzungsleitung, zu einer gewissen Gereiztheit ihnen gegenüber führte.
Dies war das 12. Gutachten (bisher 9 juristische und 2 zum Grundstückswert). Das 13. folgt demnächst.
MichaelR
Folgendes Flugblatt wurde bei der Vorstellung des Oeynhausen-Gutachtens verteilt.
(Die Wiedergabe erfolgt mit Genehmigung der Verfasser.)
(1) Der Bürgerentscheid führte zum „8-Punkte-Plan“ vom 3.7.2014, in dem es so schön heißt: „Der Kreisvorstand und die Fraktion von Bündnis90/Die Grünen sehen darin [dh. im Bürgerentscheid] den verpflichtenden Auftrag, einen politischen Prozess in Gang zu setzen, der den Bürgerwillen umsetzt und das Risiko möglicher Entschädigungszahlungen minimiert.“ Große Worte.
(2) „Das Grundeigentum“ (2013, S. 314-327); vgl. dazu Kommentar im Friedrichshain-Magazin 2/2013, S. 2, 2. Spalte
(3) für Wilmersdorf siehe hier
MichaelR - Gastautoren, Politik - 15. Januar 2015 - 00:24
Tags: gutachten/kleingartenkolonie/kleingärten/klimaschutz/wohnen/wohnungsbau
zwölf Kommentare
Nr. 4, jn, 15.01.2015 - 10:51 die stellungnahme des KV CW der GRÜNEN http://gruene-cw.de/presse/news-detail/a.. |
Nr. 8, jn, 16.01.2015 - 00:16 bericht eines oeynhauseners aus der “Vorstellung” Stellungnahme der Kolonie Oeynhausen: http://www.oeynhausen-retten.de/ |
Nr. 9, jn, 18.01.2015 - 15:34 Die Politik der GRÜNEN im Bezirk: ganz nach dem Motto der drei Affen: “nichts sehen, nichts hören, nichts sagen” Keine Zivilcourage, stattdessen ängstliches Aussitzen… Das Gutachten stammt vom 6.1., am 13.1. fand die Präsentation statt.Eine Woche Zeit genug, das Gutachten ins Netz zustellen, um die nötige Vorbereitung zu ermöglichen. Einen Tag vorher(12.1) dann die plötzliche Ankündigung der Veranstaltung.Bereits heute ist der Termin wieder von der Website und kein Kommentar zu dem stürmischen,kontroversen Verlauf des Abends ist zu finden.. Stattdessen ein bereits vor der Diskussion verfertigtes Statement des KV, dass das Ergebnis “absegnet” und den “schwarzen Peter” an Herrn Gröhler (CDU) weiterzureichen versucht, mit dem “schlingernden” Versuch die “Entschädigungsfrage” anderen “Mitspielern” anzuhängen. Sinnvoll “eingerahmt” von den beiden Aufmachern: “Eine erfolgreiche Zukunftswerkstatt für Charlottenburg-Wilmersdorf” und der Frage: “Wem gehört die Stadt?” Beides stimmt entweder nicht, da die Behauptung bereits von der folgenden Präsentation des Gutachtens konterkarriert ,oder die gestellte Frage wird am selben Ort negativ beantwortet. Was die kritischen Bemerkungen aus dem Flugblatt der Oeynhausener zur Neutralität des Gutachters angeht, hier der Verweis auf entsprechende Anmerkungen aus der Rechtspraxis: http://www.haufe.de/recht/weitere-rechts.. |
Nr. 10, MT, 23.01.2015 - 11:06 Kleine Korrektur: das Flugblatt kam nicht von den Oeynhausenern sondern von der grünen Basis. |
Nr. 11, jn, 31.01.2015 - 14:32 rechtliche einschätzung des gutachtens http://www.kleingaertnerverein-oeynhause.. |
Nr. 12, jn, 02.02.2015 - 13:24 der Gang der DINGE: BVV, Ausschüß,Mehrheits-und Minderheitsvotum http://www.berlin.de/ba-charlottenburg-w.. |
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Hier das komplette Gutachten als PDF:
http://gruene-cw.de/userspace/BE/kv_char..
Dazu noch die Pressemitteilung der BI Schmargendorf und der Kleingartenkolonie Oeynhausen:
http://www.kleingaertnerverein-oeynhause..