Ja, die liebe Liebe…
Ein Theater, ein Thema, aber zwei ganz unterschiedliche Aufführungen
Mit zwei neuen Produktionen begleiten die Ku‘dammbühnen ihr Publikum in den Herbst. In beiden geht es um die intensivste und schönste Beziehung zwischen Menschen – die Liebe, doch mehr Gemeinsamkeiten haben die beiden Inszenierungen nicht.
Das Theater am Kurfürstendamm zeigt „Die Wunderübung“. Rüdiger Hentzschel inszeniert dieses Stück von Daniel Glattauer, mit dessen „Gut gegen Nordwind“ die Woelfferbühnen bereits zweimal gute Erfahrungen gemacht haben. Damals standen Tanja Wedhorn und Oliver Mommsen auf der Bühne. Jetzt gelang es erneut, ein hochkarätiges Ensemble mit aus Film- und Fernsehproduktionen bekannten Schauspielern zu bilden. Es spielen Elisabeth Lanz, Götz Otto und Peter Prager. Die Geschichte ist einfach und gewinnt im Laufe der Handlung an Amüsement: Ein Paar, das sich auseinandergelebt hat, sucht Rat bei einem Therapeuten, den Peter Prager spielt. Gleichzeitig geht die Beziehung des Therapeuten in die Brüche, der nun aber Hilfe und Unterstützung bei seinen selbst hilfesuchenden Klienten findet.
Foto: Wecker
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Nicht gar so prominent besetzt ist die aus Hamburg eingeladene Produktion „Wie im Himmel“, was aber weder heißt, daß weniger gut gespielt wird noch daß es weniger amüsant zugeht. Vorlage ist der gleichnamige schwedisch-dänische Musikfilm, der 2005 nur knapp einen Oscar verfehlt hatte. Es ist die Geschichte eines Chorleiters (Georg Münzel), der in einem kleinen Dorf aufgewachsen ist und mit seinem Talent die Welt erobert hat. Der ständige Druck zur Höchstleistung verzehrte seine Kräfte, und eine Herzattacke führt ihn in sein Heimatdorf zurück, wo er Ruhe vor dem Streß finden will. Seiner künstlerischen Mission kann er sich nicht entziehen. Ihm wird die Leitung des Kirchenchores anvertraut, mit dem die Gemeinde bei einem Wettbewerb Lorbeer ernten will. Der Dirigent entwickelt jedoch einen anderen Ehrgeiz: Er will die Musik aus der Persönlichkeit der Sänger heraus erschaffen. Die Seelen seiner Sänger stecken jedoch in einer Zwangsjacke, in die sie die Zivilisation geschnürt hat. Der Meister bringt die Mitglieder seines Chores dazu, diese von der Gesellschaft auferlegte Bürde abzustreifen, und die ureigenen Sehnsüchte und Temperamente in der Musik ausbrechen zu lassen. „Musik ist entweder ein Ausdruck von Liebe oder ein Flehen um Liebe“, ist sein Credo. Dies läßt die „Ordnung“ in der Gemeinde zusammenstürzen. Der Pfarrer, der seine und die Sexualität seiner Frau unterdrückt, wird entblößt, über die Schläge des Ehegatten gegen seine Frau, wird nicht mehr hinweggesehen, sondern ihm in den Arm gefallen, der aus der Dorfgemeinschaft ausgeschlossene Spastiker, darf mitsingen und schließlich lernt der Chorleiter selbst, wieder zu lieben und Vertrauen zu anderen Menschen zu fassen.
Es gibt kein Happy End, und der Tiefe der Probleme wird nicht ausgewichen. Weiterer Vorzug dieser Inszenierung ist, daß es tatsächlich gelingt, einen Chor auf die Bühne zu bringen, was für die unter permanenter Geldnot leidenden Privattheater ungewöhnlich ist. Der Hamburger Produktion hat dabei die Christians-Gemeinde von Ottensen geholfen.
Foto: Wecker
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Beide Produktionen können mit bestem Gewissen empfohlen werden.
„Die
Wunderübung“ ist noch bis 29 November zu sehen, „Wie im Himmel“ läuft
leider nur noch bis zum 25. Oktober. Karten ab 16 Euro können unter
Telefon 885 911 88 und im Internet unter www.komoedie-berlin.de
vorbestellt werden.
Foto: Wecker
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Frank Wecker
FW - Gastautoren, Kunst und Kultur - 17. Oktober 2015 - 00:24
Tags: chor/komödie/theater
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