Eine Freundschaft der Gegensätze
Bröhan-Museum zeigt Baluschek und Brandenburg
Baluschek erzählt Geschichten seiner Zeitgenossen, glaubhaft und überzeugend, Brandenburg erzählt ebenfalls Geschichten, doch die sind phantastisch und imaginär und keiner will ihm glauben.
Vor der Geschichte sollten beide recht behalten. Davon können sich noch bis zum 8. Januar Besucher der neuen Sonderausstellung des Bröhan-Museums in der Schloßstraße 1a „Martin Brandenburg und Hans Baluschek – Eine Künstlerfreundschaft“ überzeugen.
Diese beiden so unterschiedlichen Maler werden nicht zum ersten Mal gemeinsam gezeigt. Zwischen 1895 und 1897 waren sie bereits in drei Ausstellungen in der Galerie von Fritz Gurlitt vertreten. Zu diesem Zeitpunkt hatten sie gerade im gleichen Jahrgang ihr Malereistudium abgeschlossen. Seit dem Studium verbindet sie eine enge Freundschaft, die trotz oder gerade wegen ihrer so unterschiedlichen Sichten auf die Welt bis zum Tode von Martin Brandenburg Bestand hatte. Der verstarb bereits 1919 an den Folgen einer Kriegsverletzung, während Hans Baluschek dem gemeinsamen jugendlichen Bildersturm ein Fundament späteren Ruhms verleihen konnte.
und Hans Baluschek – Eine Künstlerfreundschaft“.
Foto: Wecker
Die von Fabian Reifferscheidt kuratierte Ausstellung offenbart, in welch engem Dialog die beiden Künstler über die enge persönliche Beziehung hinausgehend auch in der Malerei standen. Symbolismus und Realismus gelten als zwei scheinbar unüberbrückbare Gegensätze. Fabian Reifferscheidt stößt den Besucher mit der Nase drauf, daß sie auch Gemeinsamkeiten haben. Zu Hilfe kommt ihn dabei eine großzügige Schenkung für das Bröhan-Museum, Martin Brandenburgs Ölgemälde „Die Windsbraut“ von 1899. Brandenburg zeigt dem Betrachter eine kraftvoll elegante junge Frau, die sich mit wehendem blonden Haar von der unsichtbaren Kraft des Windes über das Land bis zu den Gipfeln der Berge erhebt und zum Riesen wird. Zehn Jahre später widmet sich auch Hans Baluschek der unsichtbaren Kraft des Windes. In seinem Bild „Winterwind“ stemmt sich eine Gruppe gegen den ins Gesicht blasenden eisigen Winterwind, so daß den Betrachter, der sich ganz in das Bild versenkt, das Frösteln ankommt. Hier scheint der Wind die Menschen an den Boden zu pressen, während er ihn bei Brandenburg über die Natur erhebt. Das geht aber auch umgekehrt. In Hans Baluscheks Eisenwalzwerk sind die Arbeiter nicht unter kochendem Stahl von der Schwere der Arbeit geknechtet, sondern sie steuern Maschinen, mit denen sie den Produktionsprozeß beherrschen, eine Utopie, die in Gänze nicht einmal heute Wirklichkeit geworden ist. Der die Darstellung von Bewegung beherrschende Martin Brandenburg läßt hingegen in seinem Gemälde „Verkündigung der frohen Botschaft“ die Engel von einem voranstürmenden Mob schier zu Boden zerren.
gibt den Anlaß für die neue Ausstellung.
Foto: Wecker
Martin Brandenburg ist gegenüber Hans Baluschek der wesentlich weniger bekannte Künstler. Baluscheks Werk hat in Berlin in mehreren musealen Sammlungen eine Heimstatt gefunden. Brandenburgs Arbeiten dagegen sind weit verstreut. Die meisten Arbeiten sollen sich in Posen befinden. So überrascht diese Ausstellung nicht nur mit verblüffenden Entdeckungen über Zusammenhänge zwischen Realismus und Symbolismus, sondern zeigt auch Neuheiten und bringt die Wiederbegegnung mit Werken, die lange Zeit nicht zu sehen waren. Die Gegenüberstellung der beiden großartigen Geschichtenerzähler regt den Betrachter an, seine eigenen Geschichten, zu dem, was er sieht, zu erzählen. Selbst der strenge Realist Baluschek gibt der Phantasie freien Raum.
Das Museum ist Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 8 Euro. Jeden ersten Mittwoch des Monats ist der Eintritt frei.
FW
FW - Gastautoren, Kunst und Kultur - 12. September 2016 - 00:24
Tags: ausstellung/malerei/museum
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