Ein Niederländer in Berlin
Bröhan-Museum zeigt Werkschau von Jan TooropWährend fast jede niederländische Familie stolz einen Nachdruck von Jan Toorop vorweisen kann, ist dieser Künstler in Deutschland fast unbekannt. Das kann sich ändern, denn mit der Ausstellung „Jan Toorop. Gesang der Zeiten“ erhält er in Deutschland seine erste umfangreiche Werkschau. Nachdem die vom Gemeentemuseum Den Haag besorgte Ausstellung in der Villa Stuck in München gezeigt wurde, ist sie nunmehr auch im Bröhan-Museum zu sehen.
Foto: Wecker
Überraschend ist die Vielseitigkeit des Künstlers, der von 1858 bis 1928 gelebt hat. Er schuf Gemälde, Strichzeichnungen, Kaltnadelradierungen und Fliesentableaus. Er entwarf Bucheinbände und Plakate, illustrierte Bücher, bearbeitete Kupfer und gestaltete Spiegel. Auf allen diesen Gebieten war er, wie sich der Besucher überzeugen kann, genial. Er wirkte als Kunsttheoretiker und entwickelte Rahmungskonzepte für die Kunstpräsentation. Vielseitig war er auch in der Stilistik. Von der naturalistischen Gestaltung, über den Realismus, den Pointilismus und Symbolismus bis zum Jugendstil gehört er unumstritten zu den führenden Repräsentanten des jeweiligen Stils. Daraus ragen seine Beiträge zum Symbolismus und zum Jugendstil heraus.
erläutert das Bild „Die junge Generation“. Foto: Wecker
Aufgrund seines Werbeplakates für einen Salatölhersteller wurde der Jugendstil in den Niederlanden zunächst als „Salatöl-Stil“ bekannt. Jan Toorops Entwurf stammt von 1894. Bereits zwei Jahre später machte das Plakat in Paris auf der „d’Affiches artistiques“ Furore. Das war im gleichen Jahr, als in Paris die „l’Art Nouveau“ deklariert wurde, und ein Jahr bevor in Deutschland der Begriff „Jugendstil“ aufkam. Jan Toorop ist nicht nur einer der führenden Repräsentanten der neuen Kunstrichtung, sondern auch einer ihrer Pioniere. Die Ausstellung zeigt das Plakat in unterschiedlichen Farbgestaltungen. Grafische Grundidee ist, daß das wogende Frauenhaar die gesamte Bildkomposition durchzieht und alle Elemente einfaßt. Einzig der Produktname ist davon ausgenommen, nicht so jedoch bei den rein künstlerischen Porträts junger Frauen auf zur gleichen Zeit geschaffenen Lithografien. Selbst bei einer eher realistisch gehaltenen Bleistiftzeichnung ordnen sich die Linien dem Rhythmus des wallenden Haares unter. Damit hatte Jan Toorop seine eigene Bildsprache gefunden und ausgeprägt, die sich auch in Arbeiten anderen Stils zeigt.
die Bilder Bartolomeus (1912) und "Gottvertrauen (1907). Foto: Wecker
Kein Jahr bevor er das revolutionäre Werbeplakat kreierte, schuf er mit dem Werk „Gesang der Zeiten“, das der Ausstellung den Titel gibt, eines seiner Hauptwerke des Symbolismus. Hier wurzelt das sich ebenfalls durch das Bild und in den Rahmen schlingende Haar im Reich der Toten und wächst über den Rahmen hinaus in den Himmel hinein. Dieses Bild nimmt Elemente der javanischen Kunst auf, die Jan Toorop als Kind in der holländischen Kolonie kennengelernt hatte. In diesem Werk taucht eine vielbrüstige Sphinx auf, auf die sich die zentrale Frauenfigur zwischen Himmel und Erde stützt. Jahre später sollte die Sphinx von der Zeichnung zum Gemälde ausgeformt eines seiner Hauptwerke werden.
erläutert das Bild „Ernte. Die Apfelpflücker“. Foto: Wecker
Scheint Jan Toorop von Stil zu Stil zu springen, so weist das Sujet seiner Arbeiten Kontinuität auf. Fröhlichkeit oder gar Lachen ist in seinen Werken kaum zu entdecken. Überwiegend zeigen seine Bilder Demut, das Leiden oder die Härte des Lebens in Krankheit, Zweifel, der Versuchung und im Glauben. Eine neue Stimmung kommt in seinen Bildern auf, als er nach einer fünfjährigen Pause am Meer in Katwijk wieder zu malen begann. Da entstehen farbenfrohe Landschaften und Porträts im Stile des Pointilismus.
Aufgrund der Vielseitigkeit der Künstlers erweckt die Ausstellung den Eindruck, als würde der Betrachter durch ein ganzes Zeitalter der Malerei um die vorvorige Jahrhundertwende schreiten. Kurator Hans Janssen vom Gemeentemuseum in Den Haag nutzt diesen Eindruck, um den Zusammenhang einer Epoche der Kunstgeschichte zu zeigen. Es läßt sich der Entstehungsprozeß nachvollziehen, die Vorbilder und Lehrer von Jan Toorop werden deutlich, und sein Einfluß auf die jüngeren Künstler ist ablesbar.
Die Ausstellung wird bis zum 21. Mai in der Schloßstraße 1a gezeigt. Das Bröhan-Museum ist Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr und an allen Feiertagen geöffnet. Der Eintritt beträgt 8 Euro. An jedem 1. Mittwoch des Monats ist der Eintritt frei. Das betrifft auch die kostenlosen Kuratorführungen, die an diesen Tagen jeweils um 17 Uhr beginnen. Führungen werden ebenfalls sonntags um 15 Uhr angeboten.
Für Kinder gibt es am 12. März, am 7. und am 14. Mai, ein Kinder und Jugendatelier zum Thema: „Jan Toorop – Expressive Selbstporträts“. Beginn ist jeweils um 14.30 Uhr. Der anderthalbstündige Workshop ist für Kinder ab acht Jahren geeignet. Die Teilnahme kostet 5 Euro.
Für Schulklassen wird ein Rundgang mit anschließendem praktischen Teil zum Thema: „Geister, Nixen und andere Fabelwesen. Jan Toorop – fantastische Zauberbilder“ angeboten. Je Klasse kostet die Teilnahme 80 Euro.
Anmeldungen werden für beide Veranstaltungen per E-Mail unter: n.mueller@broehan-museum.de und telefonisch unter 326 906 25 entgegengenommen. Weitere Informationen gibt es im Internet unter: www.broehan-museum.de.
Frank Wecker
FW - Gastautoren, Kunst und Kultur - 25. Februar 2017 - 22:14
Tags: ausstellung/jugendstil/museum/werkschau
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