Wir sind das Kulturvolk
Ein neuer Abschnitt der Volksbühnenbewegungmit dem neuen Logo der Volksbühne. Foto: Veranstalter
In neue Abschnitte ist die 127 Jahre alte Volksbühnenbewegung schon häufig eingetreten. Letztmalig geschah dies 1993, nachdem der von der SPD gestellte Kultursenator Ulrich Roloff-Momin verkündet hatte: „Die ‚Freie Volksbühne‘ ist ein Sorgenkind des Berliner Theaters schon seit Langem. Hier beabsichtige ich, tiefgreifende Änderungen einzuführen. Das Ensemble wird nach dem Auslaufen der derzeitigen Verträge nicht verlängert.“ (Fehler im Original.) Damit war es um das letzte Theater des Kulturvereins der Arbeiterschaft geschehen.
Ihr erstes Haus wurde 1914 am damaligen Bülowplatz, heute Rosa-Luxemburg-Platz, eröffnet. 1933 lösten die Nazis den Verein auf und verleibten sich dessen Theater ein. Der nach dem II. Weltkrieg wiedergegründete Verein ging im Osten in der Gewerkschaft auf. Im Westen erlebte er eine neue Blüte, insbesondere nachdem in der Schaperstraße sein neues Haus eröffnet worden war. Wie in Zeiten ihres Ursprungs, als 1893 „Die Weber“ uraufgeführt wurden, ging unter der Leitung von Erwin Piscator hier erneut alles ein und aus, was im Theater Rang und Namen hatte. Nach dem Verdikt von Senator Roloff-Momin blieben von der Volksbühne nur ein fast in der Bedeutungslosigkeit versinkender Verein und der Name des Theatergebäudes am Rosa-Luxemburg-Platz übrig. Das gegenwärtig noch von Fank Castorf geprägte Theater trägt zwar den Markennamen „Volksbühne“, hat aber seit 1933 nichts mehr mit der Volksbühnenbewegung zu tun.
Der Träger dieser gesamten Tradition, der 1890 gegründete Verein „Freie Volksbühne Berlin“, ist dagegen gezwungen, sich einen neuen Markennamen überzustülpen, um die namentliche Verbindung zu seinem einstigen Theatergebäude zu kappen. Gefunden wurde der Begriff „Kulturvolk“. Das „Kulturvolk“ will sich auf seine Kernkompetenz, den preisgünstigen Vertrieb von Karten zu Kultur- und jetzt auch Sportveranstaltungen in Berlin und Brandenburg konzentrieren. Der gesamte öffentliche Auftritt wurde vom gedruckten monatlichen Magazin – Kulturvolk. Das Magazin - bis zum Internet modern gestaltet. Mit neuer äußerer Attraktivität und günstigen Angeboten sollen wieder Vereinsmitglieder gewonnen werden. Zu seinen Hochzeiten hatte die Bewegung 150 000 Mitglieder. Auch nach der Neugründung wurden nochmals 120 000 Mitglieder erreicht.
Bleibt, dem Neustart viel Erfolg zu wünschen, denn unter dem Begriff „Kulturvolk“ kommt die älteste deutsche Besucherorganisation, doch als ein Neuling unter den Platzhirschen daher. Im Internet ist Freie Volksbühne nunmehr unter www.kulturvolk.de zu finden.
Frank Wecker
FW - Gastautoren, Kunst und Kultur - 02. März 2017 - 22:23
Tags: kulturverein/theater/volksbühne
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