Vom Ende zum Anfang
„Der Fliegende Holländer“ in der Deutschen Oper
Es regnet. Die Matrosen stapfen durch Wasser an Land. Dieses düstere Grau eines regnerischen Tages beherrscht bis zum tragischen Ende die Bühne der Deutschen Oper in der Bismarckstraße, wo am 7. Mai Richard Wagners Oper „Der fliegende Holländer“ Premiere hat.
Diese Tristesse beschert Christian Spuck dem Haus. Dieser Regisseur hat sich weltweit als Choreograph einen herausragenden Ruf erworben. Erst seit 2005 inszenierte er gelegentlich auch Opern, darunter 2014 Berlioz‘ „Fausts Verdammnis“ an der Deutschen Oper. Während des Schlußapplauses hatte ihn Donald Runnicles damals gefragt, ob er mit ihm gemeinsam nicht auch den „Fliegenden Holländer“ machen wolle. Erst nach langem Zögern habe ihm der Generalmusikdirektor die Angst vor dem großen Wagner nehmen können. Bereits damals war Samuel Youn, dem jetzt die Titelrolle übertragen wurde, mit von der Partie. Damit erntet er seit 2012 bei den Bayreuther Festspielen Beifall. Der eigentliche Held in dieser Inszenierung ist jedoch Erik, der von Thomas Blondelle verkörpert wird. Dieser Erik kommt in der Ursprungserzählung von Heinrich Heine nicht vor. Richard Wagner fügte diese Figur in das Geschehen ein und stellt damit der sagenhaften Figur des „Fliegenden Holländers“ eine weltliche Figur gegenüber. Erst diese dramatische Konstellation macht die Konfliktsituation der weiblichen Hauptfigur Stella möglich: Sie muß sich zwischen der Liebe zu Erik aus ihrem realen Leben und dem aus der Sagenwelt entstiegenen „Fliegenden Holländer“ entscheiden. Senta opfert sich, um den „Fliegenden Holländer“ zu erlösen. Das Los von Senta und Erik wird zu einer Tat für die Menschheit, denn das Schiff des verwunschenen Holländers bringt allen, die ihm begegnen Unglück. Da der Teufel die Treue einer Frau für ausgeschlossen hält, darf der „Fliegende Holländer“ alle sieben Jahre an Land gehen, um eine Frau zu freien. Bleibt sie ihm treu, ist er von seinem Schicksal, stets auf See zu bleiben, erlöst. Bei Heine heißt es: „Die Moral des Stückes ist für die Frauen, daß sie sich in acht nehmen müssen, keinen Fliegenden Holländer zu heuraten; und wir Männer ersehen aus diesem Stücke, wie wir durch die Weiber, im günstigsten Falle, zugrunde gehn.“
an den „Fliegenden Holländer“ hinzugeben. Foto: Wecker
erzählt ihnen Senta (Ingela Brimberg) die Sage vom „Fliegenden Holländer“. Foto: Wecker
Holländer (Samuel Youn) zu erlösen. Foto: Wecker
die Treue halten wird. Foto: Wecker
während im Hintergrund der Holländer (Samuel Youn) gewahr wird, daß
seine Frau bereits von einem Mann geliebt wird. Foto: Wecker
„Fliegenden Holländers“ klammert, versucht Erik (Thomas Blondelle)
seine verwirrte Geliebte zurückzugewinnen. Foto: Wecker
Richard Wagner läßt Senta sich für die Erlösung des „Fliegenden Holländers“ entscheiden. Sie stürzt sich von den Klippen ins Meer, um in der Ehe nicht die Treue gebrochen zu haben.
In der Berliner Inszenierung ist bei Beginn der Oper dies alles bereits geschehen. Von den handelnden Personen ist nur noch Erik geblieben, der in das verlassene Haus zurückkehrt. Er vergegenwärtigt sich das Vorgeschehen, um zu begreifen, wieso seine Geliebte irrsinnig geworden ist und sich zur Erlösung einer Wahnfigur in die Fluten gestürzt hat. Für Regisseur Christian Spuck ist die Frage interessant, wie Erik mit diesem Verlust unter diesen Umständen zurechtkommt.
So wird die eigentliche Hauptfigur, die den Gewissenskonflikt zwischen der Erlösung des „Fliegenden Holländers“ und dem Bekenntnis zur ihrer Liebe zu Erik auszutragen hat, um ihre dramaturgische Bedeutung gebracht. Das heißt aber nicht, daß der schwedischen Sopranistin Ingela Brimberg die sehr schwierigen und langen Gesangspartien genommen werden. Sie steht länger im Bühnengeschehen als die dramaturgisch schwerer gewichteten Figuren. Das leistet sie mit Bravour. Was zählt, ist ohnehin die Musik, und da darf der Besucher auch die wunderbare Leistung des Chores genießen. Schließlich enthält diese Oper mit „Steuermann laß die Wacht…“ eine der schönsten Chormelodien.
die die Musikgeschichte hervorgebracht hat. Foto: Wecker
Die nächsten Vorstellungen sind am 11., 16. und 20. Mai sowie am 4. und 10. Juni. Die Vorstellungen beginnen um 19.30 Uhr. Karten gibt es ab 39 Euro. Sie können gegen Aufpreis im Internet unter deutscheoperberlin.eventim-inhouse.de erworben werden.
Frank Wecker
FW - Gastautoren, Kunst und Kultur - 08. Mai 2017 - 00:02
Tags: chor/oper
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