Kann der Kant-Garagenpalast nicht nur als Gebäude, sondern auch als Baudenkmal erhalten werden?
Einladung zur Podiumsdiskussion Zukunft der Kantgaragen am Do., 28. September um 19.30 im Bücherbogen am Savignyplatz – Stadtbahnbogen 593 (Teilnehmer u.a. Dirk Gädeke/Gädeke & Sons und René Hartmann)
Der Verfasser des folgenden Artikels promovierte an der Technischen Universität Berlin über das Thema „Architektur für Automobile – Hochgaragen und Parkhäuser in Deutschland. Eine Auto[mobil]-Vision im 20. Jahrhundert". Seit 2014 setzt er sich in der Initiative zur Rettung des Kant-Garagenpalasts für den denkmalgerechten Erhalt des Gebäudes ein.
Vor 100 Jahren wurde das staatliche bauhaus in Weimar gegründet. 2019 wird dieses Jubiläum weltweit mit Interesse verfolgt werden. Dabei werden vor allem die in Deutschland noch erhaltenen baulichen Zeugnisse der klassischen Moderne, also des Neuen Bauens, größte Aufmerksamkeit auf sich ziehen.
Der Kant-Garagenpalast in Berlin gehört zum Kanon der herausragenden Bauten der klassischen Moderne. Als bedeutendste und einzige authentisch erhaltene Hochgarage des Neuen Bauens ist der Kant-Garagenpalast von Zweigenthal, Paulick, Lohmüller, Korschelt und Renker ein Baudenkmal von nationaler Bedeutung. Die Hochgarage zählt zum Kanon der Ikonen des Neuen Bauens, ist also in einem Atemzug mit dem Bauhaus in Dessau (Gropius), dem Haus Schminke in Löbau (Scharoun), dem Doppelhaus der Weißenhofsiedlung (Le Corbusier) und der ADGB-Bundesschule in Bernau (Meyer) zu nennen. Wie diese Bauten, wird auch der Kant-Garagenpalast im Umfeld des bauhaus-Jubiläums wieder in vielen Publikationen besprochen und beschrieben werden.
Der Kant-Garagenpalast muss schon aus diesem Grund mit der gleichen Sorgfalt behandelt werden, die auch den anderen Ikonen der klassischen Moderne in Deutschland zuteilwird.
Ein weiterer Grund liegt in seiner Bedeutung für die Bauaufgabe Hochgarage. Von 1907 bis 1951 wurden in Deutschland nur 24 Hochgaragen gebaut. Hiervon sind bis heute lediglich 14 erhalten geblieben. 10 davon wurden bereits umgenutzt. Nur 4 werden noch zum Einstellen von Autos verwendet. Der Kant-Garagenpalast ist die einzige Hochgarage Deutschlands, die baulich nahezu unverändert erhalten blieb. Sie ist die einzige Hochgarage des Neuen Bauens in Berlin und Brandenburg und sie ist die älteste und einzige Hochgarage mit Wendelrampe und Vorhangfassade in ganz Europa. Der Kant-Garagenpalast ist ein Baudenkmal von internationalem Rang.
Die institutionalisierte Denkmalpflege in Berlin bewertet den Kant-Garagenpalast anders. Für sie ist es ein Baudenkmal unter Hunderten und nichts, wofür es sich zu kämpfen lohnt. Die Berliner Denkmalbehörde ist im Begriff das einmalige Baudenkmal in seinem Denkmalwert vollständig aufzugeben. Sie möchte dem neuen Eigentümer Gädeke & Sons Group erlauben eine von den Architekten Nahlbach & Nahlbach entwickelte Umnutzung zum Galerie- und Bürogebäude durchzuführen. Deren massive Umbaupläne sehen vor, das Baudenkmal im Inneren vollständig zu entkernen und zu überformen. Fast alle originalen, denkmalgeschützten Garagentore der Firma Heinrichs sollen entsorgt werden. Die authentisch erhaltene Vorhangfassade soll durch ein modernes Fenstersystem ersetzt werden. Die Wendelrampe soll stillgelegt und umgebaut werden. Damit würde die Hochgarage dann tatsächlich als Denkmal bedeutungslos.
Die Podiumsdiskussion hat nun das Ziel, gemeinsam zu überlegen, was mit dem Kant-Garagenpalast geschehen soll. Wie könnte ein Kompromiss zwischen Denkmalwert und immobilienwirtschaftlichen Interessen aussehen? Die internationale Bedeutung des Baudenkmals sowie die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit, die das bauhaus-Jubiläum 2019 generiert, und die dadurch entstehenden Marketingmöglichkeiten sind Chance und Verpflichtung zugleich. Diesen besonderen Moment in der Geschichte darf die Gädeke & Sons Group nicht ungenutzt verstreichen lassen. Der Kant-Garagenpalast ist das bedeutendste Zeugnis des Automobilismus, das die Denkmallandschaft in Berlin und Deutschland aufzuweisen hat. Der Kant-Garagenpalast verdient eine denkmalgerechte Instandsetzung und eine denkmalverträgliche Nutzung.
Dr. René Hartmann
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Tags: garagen/stadtgeschichte/verkehr
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