Ein fröhlicher Abschied
Otfried Laur veröffentlicht „Skurrile Theatergeschichten“Foto: Wecker
Über 50 Jahre stand Otfried Laur, stets begleitet von seiner Frau Reni Laur, dem Berliner Theaterclub vor.
Mit dem Verein ist er selbst in die Jahre gekommen und hat kürzlich das Ruder in jüngere Hände gelegt. Die Geschichte seines Wirkens hatte anläßlich der Jubiläen in großen Bildbänden und Dokumentationen Niederschlag gefunden. Von seinem Lebenswerk wollte er jedoch heiter Abschied nehmen, und so sammelte er gemeinsam mit seiner Frau Reni skurrile Geschichten von Künstlern, die ihren Weg begleiteten, ein. Als einer der großen Konzertveranstalter in Berlin hat er auch zahlreiche eigene heitere Erlebnisse beizutragen. Es sind Anekdoten über Künstler, deren Bedeutung weit über den Wirkungskreis des Theaterclubs hinaus reicht. In dieser Präsentation entfaltet die ehrwürdige Theateranekdote selbst in heutiger Zeit, wo Dilettantismus Alltag ist und man sogar als unterbelichteter Knattermime Präsident des mächtigsten Landes der Welt werden kann, ihre Wirkung.
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Aber letztlich hat der Lauf der Welt Otfried Laur einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wenige Wochen nach seiner Buchpräsentation werden zwei Bühnen den Spielbetrieb einstellen, die den Namen des Boulevards, an dem sie gelegen sind, tragen: Theater und Komödie am Kurfürstendamm. Otfried Laur hat um jede Bühne Berlins gerungen, die der Politik in dieser Stadt zum Opfer fiel, aber der Kampf um den Erhalt dieser Bühnen, die mit ganz großen Namen der deutschen Theatergeschichte verbunden sind, ging über zwei Jahrzehnte.
in der „Pension Schöller“ in der Komödie am Kurfürstendamm zu sehen sein.
Foto: Wecker
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Otfried Laur hat sich entschlossen, den heiteren Geschichten eine von Dieter Worbs verfaßte Chronologie jener Niederlage als Schlußkapitel anzufügen. Er bezeichnet sie als die „skurrilste aller in dem Buch vereinigten Geschichten“, dennoch ist sie keine Randepisode, sondern eine bittere Niederlage gegenüber der Bau- und Kulturpolitik Berlins. Diese Niederlage ist einem Zeitgeist zu verdanken, der sich brachial mit Oberflächlichkeit und Medienspaß gegen Geschichte und Tradition der Kunst durchsetzt und den wirtschaftlichen Profit zum einzigen Maßstab erhebt.
mit dem Berliner Theaterclub verbunden sind.
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In der Einladung zur Präsentation des Buches heißt es: „In die Geschichte Berlins und Deutschlands gehen als Förderer und Verantwortliche des Abrisses ein: …“. Es folgen die Namen Michael Müller, Dr. Klaus Lederer, Reinhard Naumann, Oliver Schruoffeneger und Martin Woelffer. Letzteren zeiht der scheidende Präsident des Theaterclubs erstmals öffentlich der Mitschuld an dem Theaterabriß. Ansonsten sind Persönlichkeiten genannt, die derzeit politische Verantwortung tragen. Das ist aber nur ein Teil der Wahrheit. Von der Mitschuld kann sich keine Partei, die in Berlin Verantwortung trug, freisprechen und auch die Berliner Bevölkerung nicht. Als 2011 mit einem Bürgerentscheid der Abriß verhindert werden sollte, gingen zu wenige Bürger an die Wahlurnen, so daß das Quorum verfehlt wurde. Daraufhin trat Otfried Laur vom Vorsitz des Vereins „Rettet die Ku’dammbühnen“ zurück. Aber das Übel lag noch tiefer. Es liegt in der Finanzpolitik dieses Landes, die bis heute anhält. Das Grundstück Kurfürstendamm 206-209 wurde 1990 unter der Regierungsverantwortung des SPD Politikers Walter Momper an den Immobilienunternehmer Rafael Roth verkauft. Damals galt aber noch eine Nutzungsbindung an den Bühnenbetrieb. Diese wurde später unter dem Senat von Eberhard Diepgen (CDU) für das Theater und 2005 unter dem Senat Klaus Wowereit (SPD) auch für die Komödie für 4 Millionen Euro verkauft. Dieser Fakt fehlt in der Chronologie von Dieter Worbs. Das Argument ist über den Verkauf der Wohnungsbaugesellschaften bis zur heutigen Schulprivatisierung immer gleich geblieben: „Berlin muß sparen“. Lediglich das mediale Begleitkonzert wandelte sich: „Der Ku’damm muß schöner werden“, hieß es damals „besserer Umweltschutz durch Haussanierung“ wurde zum Ausverkauf der Wohnungen gejubelt und heute heißt es zur Schulprivatisierung „Endlich wird in die Bildung investiert“.
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Das Buch „Skurrile Theatergeschichten erlebt und gesammelt von Reni und Otfried Laur“ ist in einer Auflage von 250 Exemplaren erschienen und lediglich über den Theaterclub in der Hardenbergstraße 6 zu beziehen. Tel.: 0162 4342774.
Frank Wecker
FW - Gastautoren, Kunst und Kultur - 12. März 2018 - 00:24
Tags: buch/schauspieler/theater/theaterclub
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