Neustart nach 90 Jahren
Das „Wunder der Heliane“ kehrt zurückErich Wolfgang Korngold gehört in Deutschland und Österreich zu den meistgespielten Opernkomponisten des 20. Jahrhunderts. Noch größere Berühmtheit erlangte er in den USA, wo seine Filmmusiken zweimal mit dem Oscar prämiert wurden. Zu seinen bekanntesten Werken gehört die Oper „Die tote Stadt“, die 1920 in Köln und Hamburg uraufgeführt worden war.
Mittlerweile ist er weitgehend dem Vergessen anheimgefallen. Nicht so an der Deutschen Oper. Bereits 1928 hatte dieses Haus sein Werk „Das Wunder der Heliane“ schon einmal auf die Bühne gebracht. Der Komponist selbst sah es als sein Meisterwerk an, ein Urteil, das von der Kritik und dem Publikum nicht ganz geteilt wurde. Daran hat sich bis heute wenig geändert. Ein Übriges tat die Rassenidiotie der Nazis, die den Österreicher schon während des Austrofaschismus zur Emigration in die USA zwang und dafür sorgte, daß seine Musik in seinem deutschsprachigen Wirkungsraum nicht mehr gespielt wurde.
(Josef Wagner, Sara Jakubiak) rankt sich die Handlung der Oper „Das Wunder der Heliane“.
Foto: Wecker
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Auch „Das Wunder der Heliane“ verfügt über ein großes Potential, das vielleicht nur noch nicht ausgeschöpft wurde. Es werden rauschhafte Chorwerke vom Orchester wuchtig intoniert. Die solistischen Partien sind faszinierend und stellen an die Interpreten höchste Anforderungen, was unter der musikalischen Leitung von Marc Albrecht jetzt glänzend umgesetzt wird. Einen Hochgenuß bietet wiederum der Chor, der ein Markenzeichen der Deutschen Oper ist. Für die Titelpartie wurde die US-amerikanische Sopranistin Sara Jakubiak gewonnen, die heute aber an führenden europäischen Opernhäusern zu Hause ist. In Hamburg war sie als Marietta in Korngolds Erfolgsoper „Die tote Stadt“ zu erleben. Die Handlung ist geheimnisvoll, mystisch und voller Erotik. Das Libretto geht auf das Mysterienspiel „Die Heilige“ des Expressionisten Hans Kaltneker zurück. In einer Dreiecksbeziehung bewegt sich das Bühnengeschehen um Tod und Auferstehung, um einen Konflikt zwischen Körper und Seele, Geist und Sexualität.
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Ein Despot (Josef Wagner) vermag nicht die Liebe seiner Frau Heliane (Sara Jakubiak) zu gewinnen. Wenn er unglücklich ist, dann soll sein Volk auch keine Freude haben. Da trifft ein junger fröhlicher Fremder (Brian Jagde) im Land ein. Wegen seines Frohsinns wird er zum Tode verurteilt. Am Abend vor der Hinrichtung besucht der Herrscher den Gefangenen. Er erfüllt dessen Wunsch, die letzte Nacht ungefesselt verbringen zu dürfen. Auch seine Gattin Heliane besucht den Fremden im Kerker, um ihn zu trösten. Sie verliebt sich in ihn, und sie gewährt ihm auch den Blick auf ihren nackten Körper, gibt sich dem Fremden aber nicht hin. Stattdessen geht sie beten, währenddessen der Herrscher erneut den Gefangenen besucht. Der ist entsetzt, als er seine Frau erblickt, die nackt vom Gebet zurückkehrt. Der Despot fordert darob den Tod des Fremden und eine Anklage seiner vermeintlich untreuen Frau. Der Fremde verweigert vor Gericht die Aussage und tötet sich selbst. Der Herrscher verlangt nunmehr von seiner Frau, sie solle als göttlichen Beweis ihrer Unschuld, den Toten wieder zum Leben erwecken. Das aufgehetzte Volk will die Frau lynchen. Da erwacht der Fremde aus der Totenstarre. Heliane befreit sich von dem Mob und wirft sich in die Arme des Fremden, worauf der Herrscher seine Frau ersticht. Damit ist jedoch dessen Macht gebrochen. Vereint mit Heliane gelangt der Fremde in den Himmel.
Foto: Wecker
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des blinden Schwertrichters über Sara Jakubiak als Heliane richten.
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Von dieser Sinnlichkeit bleibt unter der Regie von Christof Loy auf der Szene wenig übrig. Die ist durchweg bis zur Kostümierung in dunklen Tönen gehalten, was in dem Phantasieland eine bedrückende Lebenssphäre erzeugt. Einzig Heliane darf unschuldiges Weiß statt tatsächlicher Nacktheit tragen. Das Potential der Oper wird sich sicherlich erst dann entfalten, wenn ihre Sinnlichkeit nicht allein der Musik überlassen bleibt.
Die nächsten Vorstellungen sind am 22. und 30. März sowie am 1. und 6. April. Karten ab 22 Euro sowie weitere Informationen gibt es im Internet unter www.deutscheoperberlin.de.
Frank Wecker
FW - Gastautoren, Kunst und Kultur - 19. März 2018 - 00:02
Tags: gesang/konzert/oper
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