Fledermaus flattert außer Zeit und Raum
Opernhaus im WalzerrauschEs ist ein Fest der Melodien und der Stimmen, wenn sich in der Deutschen Oper in der Bismarckstraße der Vorhang zur Neuinszenierung „Der Fledermaus“ von Johann Strauß hebt.
Das Haus hat das Potential, die Krone der Wiener Operettenkultur mit Spitzenpersonal zu besetzten und hat es auch getan, wobei die Entscheidung bei der Möglichkeit, die Adele gleich vierfach besetzen zu können, schwer fiel und eine Auswahl getroffen werden mußte. So wurde entschieden, wenigstens Meechot Marrero und Nicole Haslett alternierend einzusetzen. Aus dem Hausensemble konnten mit Thomas Blondelle, der den Gabriel von Eisenstein gibt, mit Enea Scala die Rolle des „Alfred“ und Markus Brück die Figur des „Frank“ hervorragend besetzt werden. Für die „Rosalinde“ wurde der Berliner Opernstar Annette Dasch gewonnen, als Prinz Orlowsky wurde Angela Brower und als Frosch, einst legendär gespielt von Hans Moser, Florian Teichtmeister vom Theater in der Josefstadt an das Berliner Opernhaus geholt.
als Gabriel von Eisenstein in „Die Fledermaus“ an der Deutschen Oper.
Foto: Wecker
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als Roboter „Frosch“ in „Die Fledermaus“ an der Deutschen Oper.
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Die Deutsche Oper wäre nicht die Deutsche Oper unter der Leitung von Dietmar Schwarz, wenn sie hier nur ein vom Generalmusikdirektor des Hauses Donald Runnicles zelebriertes musikalisches Fest abgeliefert hätte. Erstmals versucht sich das Haus unter seiner Leitung an einer Operette, was zwar vom Testpublikum der Generalprobe noch mit Beifallsstürmen belohnt aber bei der Premiere nicht mehr von allen Operettenfreunden goutiert wurde. So hat die Deutsche Oper auch einen kleinen Skandal und Buh-Rufe.
Inszeniert hat der mexikanische Tausendsassa der Opernbühne Rolando Villazon. Er hat die Handlung belassen, aber die bürgerliche Intrigengeschichte in Zeit und Raum versetzt. Spielt der erste Akt noch in einem Wiener Salon, so geht es im zweiten Akt in die versunkene Welt des osteuropäischen Sozialismus, mit Fernsehbildern vom Weltraumflug Gagarins, Chruschtschow- und Stalinbildern an der Wand eines Partykellers und der Maskerade in Uniformen der DDR-Armee. Der dritte Akt spielt in einem Raumschiff, das in vollem Vertrauen darauf, daß unter der Herrschaft der künstlichen Intelligenz (Frosch) sowohl die Melodien von Johann Strauß ebenso fortbestehen werden, wie die Errungenschaften der Zivilisation vom Gefängnis bis zum Ehebruch als Gesellschaftsspiel. In höhere Sphären gleitet die Inszenierung, wenn sie Einsteins Theorem der Krümmung von Raum und Zeit durch die surrealistische Uhr Chagalls, die als Dekorationselement den Soufflierkasten bedeckt, versinnbildlicht. Selbst ein bißchen Sozialkritik klingt an, wenn der am linken Bühnenrand lümmelnde Bettler ab und an mit Fußtritten aus dem Gesichtsfeld der „besseren“ Gesellschaft befördert wird.
Im Vordergrund: Meechot Marrero als Adele.
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der Adele inkognito als „junge Künstlerin Olga“ auf dem Tisch.
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Die nächsten Vorstellungen sind am 5., 8. und 29. Mai sowie am 3. und 8. Juni. Karten ab 31 Euro können unter Telefon 343 84 343 bestellt werden.
Frank Wecker
FW - Gastautoren, Kunst und Kultur - 01. Mai 2018 - 22:04
Tags: gesang/konzert/oper
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