Plastische Akte
Camera Work zeigt Yoram RothWer Aktfotos sehen möchte, der braucht nur in einem Internetsuchprogramm entsprechende Schlagworte einzugeben, und schon kann er sich durch Millionen Aufnahmen unbekleideter Körper arbeiten. Wer von vornherein Wert auf Qualität legt, sucht nur bestimmte Seiten auf, und wer direkt www.yoramroth.com eingibt, der kann sich überlegen, ob er sich mit den Darstellungen auf dem Bildschirm begnügt oder sich doch besser der Mühe unterzieht, sich diese Bilder in der Auguststraße 11 – 13 in Berlin Mitte anzuschauen.
Die CWC Gallery ist eine Dependance der renommierten Galerie Camera Work in der Kantstraße, die sich vorrangig zeitgenössischen Fotografen widmet. In der CWC Gallery – auch Camera Work Contemporary – sind bis zum 9. Juni drei Serien des Berliner Künstlers Yoram Roth zu sehen. Der Weg in die Galerie bringt nicht nur den Vorteil, die Bilder in originaler Größe und einer Auflösung zu sehen, die das eigene Auge hergibt, sondern ist die einzige Möglichkeit, die Bilder authentisch auf sich wirken zu lassen. In der jüngsten Serie von Yoram Roth „Spatial Concepts“, die der Ausstellung auch den Namen gibt, handelt es sich faktisch um räumliche Arbeiten, deren Wiedergabe auch der beste Bildschirm nur vortäuschen kann.
Foto: © Metropol Studios
Fotografie ist bildnerische Arbeit auf der Basis von Licht und Schatten. Für Yoram Roth gilt dies in doppelter Hinsicht, denn er setzt einen Rahmen in das Bild, der in Schärfe einzelne Bildpartien - oder auch Körperpartien - gesondert heraushebt. Dieser Rahmen wirft Licht und Schatten in das Bild. Das hat er schon in früheren Serien angewandt und ist nur ein weiterer Schritt zu den „Spatial Concepts“. Nunmehr läßt er seine Modelle an eigens kunstvoll produzierten szenischen Versatzstücken posieren, die über das Bild hinaus in den Rahmen hineinwachsen, wo sie eine plastische Struktur annehmen. Mit dem Übergang in den Rahmen wird die zweidimensionale Abbildung plastisch, was ein erneutes Spiel von Licht und Schatten hervorruft. Bei dem Bild „Emilie at the Wall“ setzt er mit dieser Technik sogar den fotografierten Körper im Rahmen fort, so daß er wie bei einer Plastik figürlich erspürbar wird, wenn man das Bild berühren dürfte. Jene szenischen Objekte bilden nicht nur ein Vehikel für das Modell, sondern nehmen in der Regel die Bewegung auf und führen sie fort, so daß sie den Ausdruck und die Dynamik des Bildes verstärken.
Die Ausstellung zeigt nicht nur diese jüngste Serie, sondern präsentiert auch Arbeiten aus den älteren Serien „Personal Disclousure“ und „Brutalism“, die bereits international und in Berlin in der Galerie „Camera Work“ gezeigt wurden. Damit wird der künstlerische Weg sichtbar, den Yoram Roth bis „Spatial Concepts“ gegangen ist. Den Anfang seines Weges in die skulpturale Fertigung seiner Fotografien zeigt die Zusammenfassung mehrerer Serien in der Publikation „Nudes in steel“, wo in Stahl gerahmte Bildausschnitte den Blick des Betrachters lenken. Dieses Buch gibt es auch in einer neuen, limitierten und signierten Ausgabe von 250 Exemplaren in der Galerie zu kaufen.
Die Galerie ist Dienstag bis Freitag zwischen 10 und 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.
Frank Wecker
FW - Gastautoren, Kunst und Kultur - 05. Mai 2018 - 19:00
Tags: ausstellung/fotografie/museum
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